George Clooney und Brad Pitt spielen im Apple-TV-Film „Wolfs“ zwei Männer bei der Leichenentsorgung. Die Komödie enttäuscht auf ganzer Linie.
Der Tod ist zunächst nur akustisch zu vernehmen. Am Beginn von „Wolfs“ sind nur Aufnahmen aus dem Großstadtdschungel, Häuserfassaden bei Nacht zu sehen. Dazu scheppert und kracht es auf der Tonspur. Eine Frauenstimme flucht. Irgendwo in einem dieser Häuser, hinter einem dieser Fenster scheint Übles passiert zu sein. Und tatsächlich: Ein junger Mann liegt in einer Blutlache in einem Hotelzimmer. Glasscherben überall. War es Mord oder ein Unfall? Margaret (Amy Ryan) steht jedenfalls unter Schock. Eben versucht sie noch, ihre Handtasche unter dem toten Körper herauszuziehen, da ist sie auch schon von oben bis unten selbst mit Blut besudelt. Panisch wählt sie eine Telefonnummer, um einen sogenannten Fixer zu ordern, der das ganze Missgeschick beseitigen soll. Auftritt: George Clooney.
Jack, so heißt seine Figur in „Wolfs“, blickt auf eine langjährige Berufserfahrung zurück, derartige Spuren zu verwischen. Nur, gerade macht er sich an die Arbeit, da klopft es schon an der Zimmertür und Brad Pitt betritt die Szenerie. Ein Irrtum. Auch er wurde geschickt, um die Leiche zu entsorgen. Fortan müssen die beiden alternden Herren – die Knochen und Gelenke knacken bereits – zusammenarbeiten. Das böse Erwachen folgt spätestens, als sie entdecken, dass sich bei ihnen im Hotelzimmer noch eine Tasche voller Drogen befindet. Und wenig später schlägt der Tote plötzlich die Augen auf.
„Wolfs“ weiß mit seinen Superstars wenig anzufangen
Das Szenario, das Autor und Regisseur Jon Watts („Spider-Man: No Way Home„) entwirft, hat eigentlich das Zeug zur höchst amüsanten Räuberpistole. Und es muss schon viel scheitern, um zwei so charismatische A-Liga-Superstars wie Brad Pitt und George Clooney dermaßen unbeholfen zu inszenieren, dass sie wie zwei farblose Abziehbilder und blasse Typen erscheinen und man bei ihrem Schauspiel bezweifeln kann, ob sie sich bewusst waren, wohin dieser Film überhaupt mit ihnen gehen will. Leider drängt sich genau dieser Eindruck auf, sobald „Wolfs“ von seinem anfänglichen Schauplatz ausgebrochen ist, um sich mit den beiden Lederjackenträgern auf eine Odyssee durch ein weihnachtliches, wie leergefegtes Manhattan zu begeben. Das enttäuscht umso mehr, wenn man sich besonders die Comedy-Fähigkeiten und Selbstironie von Brad Pitt in Erinnerung ruft, die der Schauspieler etwa in den vergangenen Jahren in Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“ an den Tag gelegt hat.
„Wolfs“ ist jedoch ein Film, der im Grunde keine Ideen im Umgang mit seinen Charakteren hat, außer sie hin und wieder ein wenig über ihre Gebrechlichkeit und Altersmüdigkeit witzeln zu lassen. Man gibt sich bockig, begreift andere Generationen nicht mehr. Ohne Lesebrille wird es schwierig. Das Bücken geht nicht mehr so leicht wie früher. Mit den Fähigkeiten, die man noch besitzt, versucht man sich gegenseitig zu überbieten. In einem Drehbuch mit einem derartigen Stoff müssten sich die beiden Figuren die verbalen Bälle im Sekundentakt und blitzschnell hin- und herspielen. Doch eine humoristische Dynamik, ein echter Witz gelingt diesem komödiantischen Gangster-Thriller nur in den wenigsten Momenten. Er begibt sich höchstens in Richtung des oberflächlichen Klamauks, wenn die beiden griesgrämigen Herren auf einer Hochzeit zum Gruppentanz genötigt werden oder im Stundenhotel in einem von Ungeziefer heimgesuchten Safarizimmer einchecken müssen.
Krepierende Pointen, schleppende Action
Schlussendlich ist nicht ein gescheiter Gag, nicht eine interessante Pointe dabei, die irgendeine diskussionswürdige Haltung zur Welt entwickeln würde. Weder bezüglich eines Generationenkonflikts noch einer beruflichen Konkurrenz noch gegenüber der Käuflichkeit der eigenen Reinwaschung, die der Film als thematische Anhaltspunkte ausbreitet. „Wolfs“ schleppt sich mit einer ernüchternden Behäbigkeit durch eine Reihe an Verfolgungsjagden und erzählerischen Leerlauf. Dann und wann fällt ein Schuss. Am Ende, wenn gerade etwas zwischen den beiden Protagonisten zu entstehen scheint, wird man auf eine bereits geplante Fortsetzung vertröstet.
Für Apple war es vermutlich ein konsequenter Marketing-Schachzug, ein solches Star-Vehikel exklusiv ins Streaming zu verschieben, um Nutzer zu gewinnen, und den Kinostart weitgehend abzusagen (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Die große Leinwand, den besonderen Erfahrungsraum des Kinos braucht „Wolfs“ allerdings ohnehin nur bedingt. Viel zum Lachen gibt es nicht, zum Mitfiebern oder Nachdenken schon gar nicht. Dafür: schnell vergessenes TV-Fast-Food.
„Wolfs“ feierte seine Weltpremiere bei den 81. Filmfestspielen von Venedig außer Konkurrenz. Am 27. September 2024 erscheint der Film bei Apple TV+.
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