So viele Inkarnationen wie der zu seiner Zeit nie fertiggestellte „Doctor Who“-Sechsteiler „Shada“ besitzt, ist er ein Sinnbild für die speziellen Eigenschaften eines gewissen Timelords: der Reinkarnation und der Zeitreise.
Die Entstehungsgeschichte des nun doch vollendeten Werkes klingt wie ein echtes „Doctor Who“-Abenteuer: 1979 sollte die letzte „Doctor Who“-Handlungsarche von Produzent Graham Williams und Drehbuch-Autor Douglas Adams etwas ganz besonderes werden. Nachdem die Außenszenen der Folgen in Cambridge (Adams früherer Universität) abgedreht und der Innendreh in den BBC-Studios bereits begonnen hatte, führte ein Streik der Studio-Mitarbeiter zur Pausierung und schließlich zum Abbruch der Produktion. Williams Nachfolger, John Nathan-Turner, bewirkte, dass das bereits gedrehte Material zumindest ordentlich archiviert wurde.
1992 bekam die Welt ebendieses zum allerersten Mal zu Gesicht, in Form einer VHS-Version, deren Handlungslücken von Tom Baker (Darsteller vierter Doktor) charmant nacherzählt wurden. Zum 40. „Doctor Who“-Jubiläum wurde Douglas Adams Drehbuch zu „Shada“ in einer neu erstellen Webanimation mit dem 2003 noch amtierenden achten Doktor Paul McGann auf der BBC-Hompeage veröffentlicht.
Nach einer inoffiziellen weiteren Animations-Bemühung 2011, bei der auch einige Originaldarsteller ihre Stimmen liehen, wurde 2017 endlich eine offizielle Spielfilmfassung mit neuen Animationen für die Handlungslücken unter der Regie von Charles Norton realisiert. In diesem Zuge wurden auch neue Modellaufnahmen der Raumschiffe erstellt, eine sehr schöne Epilog-Szene mit dem gealterten Tom Baker nachgedreht (quasi als echte Zeitreise) und mit Daniel Hill eine Referenzszene für die entsprechende Animation angefertigt. Lalla Ward, James Coombes und Christopher Neame synchronisierten die entsprechenden Rollen ihrer animierten Charaktere. Daraus entstand 2021 die sogenannte „Definitive Fassung“ in Episodenform, die zwar bis auf wenige zusätzliche Szenen den gleichen Inhalt präsentiert, allerdings auch verbesserte Animationen und Musik bietet.
Zaphod: My Story
Letztere wird auf Blu-ray des hier vorgestellten auf 2000 Stück limitierten Mediabooks angeboten. Die restlichen vier Discs daraus sind allesamt DVDs mit den offiziellen Varianten (VHS-Version 1992, Webcast 2003, Spielfilm 2017) sowie massig Bonusmaterial, darunter die ungeschnittenen Originalaufnahmen von 1979, die sehr gut den Kontext des Drehs und sogar alternative Ideen präsentieren, da hier auch z. B. misslungene Takes enthalten sind. Das fertige Produkt ist also aus zahlreichen Versatzstücken entstanden und genießt aufgrund seiner Entstehung sowie der Mitwirkung von Douglas Adams einen immensen Kultfaktor bei den Fans.
Die Handlung ist dabei so simpel wie genial: Der vierte Doktor und seine Begleiterin, des weiblichen Timelords Romana, werden von dem gealterten Timelord Professor Chronotis (Denis Carey) wegen eines Notfalls kontaktiert. Als sie in dessen Büro an der Cambridge Universität eintreffen, weiß der Dozent allerdings von nichts. Was ihm einfällt ist allerdings, dass er sich aus den Gallifrey-Archiven ein paar Bücher „ausgeliehen“ hat bevor er mit einer entwendeten Tardis in den Ruhestand auf die Erde floh. Wie er nun einsieht sind die Bücher vielleicht doch etwas zu gefährlich für irdische Verhältnisse, weshalb der alte Schlawiner nun möchte, dass der Doktor diese wieder heimlich an deren angestammten Platz bringt. Blöderweise findet er eines der wichtigsten von ihnen nicht mehr.
Derweil beobachtet das TV-Publikum, wie Chris Parsons (Daniel Hill), einer von Chronotis begabteren Studenten, zuhause ein geliehenes Buch betrachtet, während die Wanduhr im Hintergrund vor und zurück springt, je nachdem, in welche Richtung Parsons blättert … Und da wäre noch der ominöse Skagra (Christopher Neame), der mit einer noch ominöseren Kugel in seiner Tasche Cambridge unsicher macht. Wurde eigentlich schon Skagras unsichtbares Raumschiff erwähnt? Da steckt also eine Menge Douglas Adams in der Geschichte, obwohl der Kultautor angeblich nicht so ganz zufrieden mit seinem Werk war, das seiner Meinung nach zu wenig Handlung für sechs Episoden bot. Doch das ist Ansichtssache.
Wer sich mit dem äußerst informativen und für filmhistorisch interessierte Whovianer unbezahlbaren Mediabook mit über 590 Minuten Bonusmaterial un deiner 2000er-Limitierung nicht zufrieden gibt, kann übrigens auch eine der 333 limitierten Sondereditionen erstehen, die neben dem Mediabook noch zusätzlich ein „Siegel des Rassilon“, eine Postkarte an Professor Chronotis, einen Retro-Comic, einen Aufsteller, eine von Lalla Ward handsignierte Autogrammkarte sowie eine dreidimensionale Lenticular-Karte enthält. Ein echtes Sammlerstück also, was dem Kultfaktor dieser raren, bislang unveröffentlichten Geschichte absolut gerecht wird.
Text: Falko Theuner, Redaktion: Richard W. Schaber
Die vollständige Fassung dieses Artikels mit allen Testnoten zur Blu-ray finden Sie im BLU-RAY MAGAZIN 4/22