Nach einem vielversprechenden Staffelauftakt zieht es den Kopfgeldjäger und Teilzeitkindergärtner in eisige Tiefen hinab – nicht nur im Rahmen der Handlung: Die zweite neue Folge von „The Mandalorian“ bei Disney+ vermag die Qualität der Ersten nicht ansatzweise zu halten.
Nachdem die Wiederauftaktfolge der Prestige-Produktion bei Disney+ hohe Erwartungen an den zweiten Durchgang mit dem in Stahl gewickelten Shootingstar Pedro Pascal („Game of Thrones“, „Narcos“) schüren konnte, gibt es leider schon in der Anschlussepisode ernüchternde Gewissheit: Auch wenn die Macher des „Star Wars“-Serienspinoffs gerne zu Italowestern-Elementen greifen und gelegentlich Spannung aufbauen, bleibt die Produktion über weiteste Strecken ein mit hoher Präzision abgeschmeckter Kompromiss – und diese sind im Abgang halt manchmal etwas fad. Vor allem, wenn dafür dann doch eine wichtige Zutat fehlt und somit die Dramaturgie langsam den Bach runter geht.
Dem „Mandalorian“ fehlt es an Mimik
So wurde in der vergangenen Episode Jagd auf ein gewaltiges Ungetüm auf dem Planeten Tatooine gemacht – das war nicht nur spannend, sondern auch meistens schön anzusehen. Nun wäre in der zweiten Folge ein Anknüpfen an die Rahmenhandlung der Geschichte wünschenswert gewesen – schließlich fragen sich genügend Fans schon seit dem Frühling, was eigentlich aus dem Erzschurken Moff Gideon geworden ist. Dieser von „Breaking Bad“-Star Giancarlo Esposito dargestellte Finsterling schnitt sich in einer der letzten Einstellungen von Staffel Eins noch mit einem gefährlich frisiert wirkenden Lichtschwert aus seinem abgestürzten Tie-Fighter frei.
Aber von menschlichen Gegenspielern für den an Mimik ohnehin durch seine Beskar-Vermummung enorm armen Mandalorianer weiterhin kaum eine Spur. Stattdessen ein weiteres Stelldichein mit computeranimierten Ekel-Biestern und Sackgassen-Dialoge mit Nebenfiguren in knuffigen Quatschkostümen. Letztere sind natürlich ein elementarer Teil von „Star Wars“ – und bleiben nicht zuletzt für den Wiedererkennungswert des Franchises wichtig. Aber bereits Ende der Siebziger wusste dessen visionärer Schöpfer George Lucas, dass nur mit bis zur Unkenntlichkeit verkleideten Jawas, Sandleuten und der Maskenparade der Mos Eisley-Bar keine Publikumsidentifikation stattfindet. So holte Lucas damals Schauspiel-Schwergewichte wie Alec Guiness (Obi-Wan Kenobi) und Peter Cushing (Moff Tarkin), sowie den charismatischen jungen Harrison Ford (Han Solo) an Bord und schuf somit einen perfekt ausgewogenen Kino-Klassiker zwischen phantastisch-erstarrten Gesichtsprothesen und tragenden schauspielerischen Darbietungen. An einem Mangel an letzteren krankt „The Mandalorian“ nun langsam eindeutig.
Zu viel Baby-Yoda ist auch nicht gut
Denn auch wenn kauzige anthropomorphe Froschwesen für Kinder nett anzusehen sind und Niedlichkeits-Endgegner Baby-Yoda in der zweiten Episode von „The Mandalorian“ mehr tollpatschige Schmunzeleinlagen bekommt – ein Wiederauftreten von Giancarlo Esposito wäre der bessere Schachzug gewesen, eigentlich ein dringend notwendiger. Schließlich durfte der ehemalige imperiale Würdenträger erst gegen Ende der ersten Staffel den eher altehrwürdigen Werner Herzog als Hauptantagonisten beerben. Die deutsche Regie-Legende konnte bis dahin zwar seinen kurios-intensiven Teutonen-Akzent gelegentlich zum Besten geben, allerdings wurde dann mit Esposito schlussendlich ein Schurkendarsteller von Format ins Spiel gebracht. Und das Publikum fragt sich zu Recht: Warum taucht dieser nun nicht mehr auf? Über mehrere Episoden auf die CGI-Effekthascherei mit den Monstrositäten des „Outer Rim“ zu setzen, droht „The Mandalorian“ zur blutleeren Kinder-Actionserie verkommen zu lassen.
Einzige Lösung: Gesicht zeigen!
Dabei wäre es eigentlich so einfach: Hauptdarsteller Pedro Pascal hat seine schauspielerischen Fähigkeiten bereits als bisexueller Wüstenprinz in „Game of Thrones“ und harter Drogenermittler in „Narcos“ bewiesen – nur sieht man das sympathische Gesicht des Charakterdarstellers in „The Mandalorian“ leider nie. Damit verschenkt die Serie ungeheures Potential: Die eiskalte Süffisanz von Giancarlo Espositos Moff Gideon und Pascals in anderen Rollen zur genüge bewiesener Schelmen-Charme wären ein wunderbares schauspielerisches Spannungsfeld und würden mit ein paar würzigen Dialogen das Gesamtprodukt deutlich ausgewogener erscheinen lassen.
Noch ist es dafür nicht zu spät – allerdings muss „The Mandalorian“ nun langsam wirklich zusehen, dass die Serie nicht vollends zur Hochglanzauflage der Augsburger Puppenkiste wird.
Bildquelle:
- Mandalorian-moff-gideon: Disney
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- „The Mandalorian“ bei Disney+: Disney+