„Strange Way Of Life“: Gewitztes Western-Filmjuwel jetzt streamen

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"Strange Way of Life"-Poster
Foto: Studiocanal

Mit „Strange Way Of Life“ legt Kultregisseur Pedro Almodóvar eine kluge, humorvolle Western-Miniatur vor. Ab sofort kann man den Film in Deutschland streamen.

Almodóvar erzählt den Stoff, aus dem schon antike Tragödien gestrickt waren. Was wiegt mehr: die Gesetze der gesellschaftlichen Ordnung, des Staates oder die Gesetze der Lieben? Und welche Opfer können oder müssen erbracht werden, um die einen gegen die anderen auszuspielen oder sie zu relativieren? In den ersten Szenen von „Strange Way Of Life“ liegt trübselige Stimmung in der Luft. Ein Mensch ist gestorben, der Sarg vorbereitet. Ein junger Gitarrenspieler singt Melancholisches; von der Fado-Musik, den portugiesischen, schmerzerfüllten Schicksalsgesängen, soll der Film inspiriert sein.

Silva, ein alternder Cowboy, gespielt von „The Last of Us„-Star Pedro Pascal, kommt zu Pferd in das Wüstenkaff Bitter Creek, um seinen Jugendfreund Jake (Ethan Hawke) wiederzusehen. Einst waren die beiden Raufbolde und Schwerenöter untrennbare, schlitzohrige, lebenslustige Gauner, Revolverhelden und Liebhaber, ehe sich ihre Wege trennten. Inzwischen ist Jake zum Sheriff und spießigen Ordnungshüter geworden, der mit finsterer Miene Gerechtigkeit sucht.

Das Aufeinandertreffen der beiden Männer lässt die alte Erotik kurzzeitig aufflammen, um am nächsten Morgen direkt wieder zu erkalten, als der wahre Grund für Silvas Besuch offenbar wird. Wilde, glückliche Tage sind nur noch über nostalgische Erinnerungen zugänglich. Nach und nach tritt nun der alte Schmerz der vergangenen Jahre und der Lücke in den getrennten Biographien zu Tage, der sich in einem brisanten Dreieckskonflikt entlädt.

Ethan Hawke und Pedro Pascal in "Strange Way of Life"
Konfrontation nach 25 Jahren Foto: Studiocanal/ El Deseo D.A. S.L.U. / Iglesias Mas

„Strange Way Of Life“ bürstet das Western-Genre gegen den Strich

In nur einer halben Stunde Laufzeit entwirft Pedro Almodóvar ein komplexes, stilistisch brillant umgesetztes Beziehungsgefüge, das nicht nur auf ergreifende Weise das Auseinanderleben und Verändern einer Liebe über die Jahre an einem Siedepunkt einfängt. „Strange Way of Life“ kreiert eine ebenso zärtliche, sinnliche, erotisch aufgeladene wie gewitzte und pointierte Abrechnung mit einem männlichen System, das das eigene ideologische Weltbild verbissen mit Gewalt durchzusetzen versucht. Es verfängt sich in einem Geflecht aus Ehrerbietung und Disziplin und wird in einem moralischen Dilemma plötzlich mit den blinden Flecken jenes Systems konfrontiert.

Almodóvar, einer der prägendsten europäischen Filmemacher der Gegenwart, hat in seinem vielschichtigen, langjährigen Schaffen immer wieder mit den Gesten des Genrekinos gespielt, sie gefeiert und verkehrt. Kitsch und Melodram hat er liebend gern als oft verpönte Zuschreibungen auf den Kopf gestellt. In seinem neuen Film wendet er sie nun gegen das hypermaskuline Westernkino.

Szene aus "Strange Way Of Life"
Zwei Westernhelden zwischen Liebe und Rivalität Foto: Studiocanal/ El Deseo D.A. S.L.U. / Iglesias Mas

Eine Männer-Utopie im Wilden Westen

Antiquiertes trifft hier auf neu Geformtes. Gerade die ersten Dialoge zwischen den beiden Hauptfiguren inszeniert Almodóvar in dichten Bildern von hoher Tiefenschärfe. Sie erscheinen in ihrer Flächigkeit und evozierten Zweidimensionalität nicht nur wie Postkarten oder Gemälde einer entrückten Zeit, sondern setzen die Figuren eindringlich und bewusst künstlich überspitzt mit dem ganzen alten Inventar und Mobiliar, den Welten, Kulissen und Requisiten des Genres in Beziehung.

„Strange Way Of Life“ beherrscht schließlich beides: die Zutaten des Western mitreißend feiern; Lagerfeuer- und Pferderomantik und blutiger Schusswechsel inklusive. Und sie zugleich einreißen, verbannen, den Weg für Modernes, Subversives ebnen. Wenn Almodóvar die Jungen ziehen lässt und die Alten mit ihren inneren Dämonen grübelnd einpfercht und sich plötzlich eine ganz naheliegende, simple Moral und Utopie auftut, wie diese Macho-Welt mit einem queeren Blick entlarvt wird, das gehört zu den lustigsten und schlichtweg schönsten Momenten im jüngeren Schaffen des Regisseurs.

Pedro Almodóvar am Set von "Strange Way of Life"
Regisseur Pedro Almodóvar am Set Foto: Studiocanal/ El Deseo D.A. S.L.U. / Iglesias Mas

Hier kann man den Film ab sofort streamen

Nachdem „Strange Way of Life“ bereits 2023 seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Cannes feierte, erhielt der Kurzfilm in diesem Jahr einen Kinostart im Doppel mit Almodóvars „The Human Voice“ mit Tilda Swinton in der Hauptrolle. Im Ausland erschien das Doppel auch auf Blu-ray, allerdings nur im englischen Originalton. Ab dem 23. Mai 2024 kann man den Western hierzulande nun exklusiv bei Arthaus+ sehen. Das hauseigene Streaming-Angebot von Studiocanal umfasst Filme und Serien verschiedenster Genres und insgesamt über 400 Titel. Nutzen kann man das Angebot als eigenständige App sowie als Streaming-Channel bei Amazon Prime Video und über die Apple TV App.

Neben „Strange Way of Life“ vereint Arthaus+ auch andere Filme des Regisseurs, welcher in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert. Darunter befinden sich der genannte „The Human Voice“ sowie die Klassiker „Volver – Zurückkehren“ und „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ oder auch jüngere Titel von Almodóvar, etwa „Leid und Herrlichkeit“ und „Parallele Mütter“. Vor kurzem erschien außerdem ein literarischer Erzählungsband des Filmemachers, der sich mit seinen erstaunlichen Mixturen aus Sexualität, Religion, Familie und kruden Räuberpistolen nahtlos in die bekannte künstlerische Welt des Regisseurs einfügt.

Den deutschen Trailer zu „Strange Way Of Life“ kann man hier sehen:

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