
Um mit „Obi-Wan Kenobi“ in die Erfolgsspur zurückzukehren, verbrät Disney ein altes Erfolgsrezept erneut, das bereits bei „The Mandalorian“ wunderbar funktioniert hat. Und trotzdem hat das Serien-Spinoff enorme Probleme.
Mit „Obi-Wan Kenobi“ ist bei Disney+ die nächste Live-Action-Serie aus dem „Star Wars“-Kosmos gestartet – und die muss jetzt die gemischten Gefühle nach „Das Buch von Boba Fett“ wieder ausbügeln. Mit einem der größten Helden des Franchise in Originalbesetzung sollte das ja eigentlich gehen, denkt man.
Allerdings waren nach dem großen Erfolg von „The Mandalorian“ die Reaktionen auf die eigene Serie des großen Anti-Helden Boba Fett eher mau – obwohl auch „Das Buch von Boba Fett“ mit dem Original-Schauspieler aus den „Star Wars“-Filmen auftrumpfte.
Diese Disney-Zutat fehlte in „Das Buch von Boba Fett“
Doch warum war „The Book of Boba Fett“ eigentlich so viel weniger beliebt beim Publikum als „The Mandalorian“ – und was muss „Obi-Wan Kenobi“ wieder besser machen? Die Antwort darauf ist eigentlich simpel:
Während in „The Mandalorian“ das klassische Leitmotiv einer ungleichen Freundschaft den Spagat zwischen rührselig-niedlich und dystopisch-grausam vollbrachte, da sich plötzlich ein eiskalter Kopfgeldjäger um ein hochbegabtes Alien-Baby kümmern muss, hatte Boba Fett keinen knuffigen Gegenpart für eine vergleichbare Chemie. Hätte wahrscheinlich nicht gepasst – fehlte aber trotzdem.
Prinzessin Leia ist der neue Grogu
Für Obi-Wan Kenobi haben sich die Serienmacher bei Disney+ deshalb einen cleveren Schachzug ausgedacht: Um auch Ewan McGregor einen kindlichen Gegenpart zu verpassen, wird die junge Prinzessin Leia schlichtweg entführt und Obi-Wan Kenobi muss sie zurück zu ihren Adoptiveltern nach Alderaan bringen.
Zwar wehrt sich der Jedi-Meister im Ruhestand zunächst gegen seine neue Aufgabe, da er bereits seit zehn Jahren auf Tatooine in einer merkwürdigen Wüsten-Metzgerei arbeitet und per Fernglas dem jungen Luke Skywalker beim Aufwachsen zusieht, gibt sich dann aber doch aber einen Ruck.
Ein hochbegabter Sidekick für Obi-Wan Kenobi
So wird das erfolgreiche Rezept aus Disney- und Pixar-Filmen ein weiteres mal aufbereitet. Der Clou dabei: Prinzessin Leia ist nicht etwa irgendeine Viertklässlerin, sondern mit dem Intellekt und rhetorischen Schmiss einer vollerwachsenen Nobelpreisträgerin ausgestattet. Das ist zwar nicht wirklich glaubwürdig, aber irgendwie schon ganz lustig.

Im Grunde ist auch die weitere Plot-Idee von einer Sith-Inquisition gegen die letzten Jedi-Ritter gar nicht so schlecht – würde man nicht den wieder von Hayden Christensen dargestellten, legendären, großen, bösen Darth Vader so furchtbar verramschen und darüber hinaus die im ersten „Star Wars“-Film eingeführte Figur Obi-Wan Kenobi und ihre Geschichte so dreist umdeuten.

So deutet „Obi-Wan Kenobi“ den ersten „Star Wars“-Film um
Aber gerne von vorne: Als sich Obi-Wan Kenobi (Sir Alec Guinness) dem jungen Luke Skywalker 1978 gegenüber als ehemaliger Jedi-Ritter zu erkennen gab, hatte niemand so recht das Gefühl, der alte Ben habe ein paar Jahrzehnte im Zeugenschutzprogramm verbracht: Die rückgezogene Eremiten-Existenz des greisen Ex-Jedi war in „Krieg der Sterne“ war offensichtlich als selbst gewähltes Exil zu verstehen. Eine Umdeutung von Obi-Wan Kenobis Klausner-Dasein auf Tatooine begann dann bereits 2005 in den finalen Szenen von „Die Rache der Sith“. Dort nimmt Meister Kenobi den Sohn seines totgeglaubten Schülers Anakin in Obhut – und verspricht über ihn zu wachen.
Dass Obi-Wan Kenobi allerdings von einer imperialen Säuberungskampagne zum Staatsfeind Nummer 1 erklärt und gesucht wird, ist eine Erfindung der Serienmacher bei Disney+. Im „Star Wars“-Filmuniversum galten die Jedi nach der verhängnisvollen Order 66 eigentlich als ausgelöscht. Darüber hinaus wirkt es fahrlässig faul, nicht einmal seinen Nachnamen zu ändern, wenn man sich vor dem mächtigsten Bösewicht der Galaxis versteckt.

Wie lässt sich für Disney also das Problem lösen, weiter mit dem hochpopulären Franchise „Star Wars“ zu arbeiten, ohne legendäre Charaktere des Kanon beschädigend zu verhackstücken? Eigentlich ganz einfach: „Rogue One“ hat als bester „Star Wars“-Film seit der Original-Trilogie vorgemacht, dass „Star Wars“ viel mehr neue Ideen und Figuren braucht als das Schaulaufen alter Darsteller. Die gute Nachricht ist nun: Mit „Andor“ wird bei Disney+ bald die Vorgeschichte des Film-Rebellen Cassian erzählt – hoffentlich ohne peinliche Werbeauftritte von Lord Vader.
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