Der ursprüngliche Abschalttermin 12. Januar 2021 ist endgültig vom Tisch. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten finanzieren quer, die KEF bewilligt hierfür keine neuen Gebührengelder.
Eigentlich sollte längt die Informationskampagne bei ARD und ZDF laufen und die Zuschauer darüber informieren, dass die öffentlich-rechtlichen Programme ab 12. Januar 2021 via Satellit nur noch in HD-Qualität empfangen werden können. Doch zögernde Intendanten, die Corona-Pandemie, während dieser eine Informationskampagne kaum möglich ist, sowie ein Satellitenbetreiber, bei dem immer mehr Transponder leer bleiben, haben die SD-Abschaltung in Deutschland zu Fall gebracht. Nach Informationen von DIGITAL FERNSEHEN hat SES Astra ARD und ZDF äußerst attraktive Sonderkonditionen eingeräumt, wenn ARD+ZDF ihre SD-Signale via Satellit weitersenden. Im Gespräch ist eine Verlängerung bis 2024, die von einigen Anstalten bereits unterzeichnet sein soll.
Millionenteure SD-Verlängerung wird querfinanziert
Normalerweise kostet ein Satellitentransponder auf der Orbitalposition 19,2 Grad Ost pro Jahr zirka fünf bis sechs Millionen Euro. Für die SD-Abstrahlung benötigt die ARD für ihre TV-Programme dreieinhalb, das ZDF einen Transponder. Neben den somit bis zu 27 Millionen Euro Satellitenkosten pro Jahr kämen für die Sender noch weitere Kosten in ähnlicher Höhe für die zusätzliche Sendeabwicklung (Signalbereitstellung) und Kabeleinspeisegebühren. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte sich schon vor Jahren für eine baldige SD-Abschaltung ausgesprochen und bewilligt bereits seit Sommer diesen Jahres hierfür auch keine Gebührengelder mehr. Das ZDF meldete beispielsweise laut 22. KEF-Bericht für die komplette Sat-Ausstrahlung 42,298 Millionen Euro für den Zeitraum von 2021-2024 an, während es 59,946 Millionen Euro im Zeitraum 2017-2020 waren. Bei der ARD waren es lt. Bericht 210,945 Millionen Euro für 2017-2020 und nur noch 173,508 Millionen Euro für 2021-2024. ARD und ZDF müssen die SD-Verlängerung deshalb querfinanzieren, d. h. aus den immer weniger werdenden Rücklagen, durch Einsparungen bei Inhalten (Filme, Sportrechte) oder mit weniger Technikinvestitionen. Es steht zu befürchten, dass sich dadurch die Einführung von Ultra-HD, das quasi viermal schärfere HD, ebenso weiter verzögert.
SD-Abschaltung bei Privaten schon lange abgesagt
Die beiden großen Privatsenderketten hatten schon länger verkündet, dass sie an der unverschlüsselten SD-Ausstrahlung festhalten um weiterhin die ganze Bevölkerung zu erreichen und werberelevat zu bleiben. Deren HD-Signale sind seit 2009 grundverschlüsselt und werden als Bezahlfernsehen vermarktet. Beim Sat-Empfang stockt die Akzeptanz der privaten HD-Signale bei den Zuschauern seit Jahren. Diveo und Freenet haben die Sat-Vermarktung wieder aufgegeben, HD plus veröffentlicht keine Abozahlen mehr. Das Erlösmodell funktioniert nur einigermaßen auf den Empfangswegen, bei denen der Zuschauer keine Wahl hat (DVB-T2) oder die Privatsender-Gebühren in den Anschlusskosten versteckt werden (Kabel, IPTV).
Ziehen kleine Privatsender mit?
Die kleineren Privatsender, die ihre HD-Kanäle nicht verschlüsseln und im kommenden Jahr SD ebenfalls abschalten wollten, sind nun unter Zugzwang. Ebenfalls verlängern oder trotzdem abschalten? Wird ihnen der Satellitenbetreiber SES ähnlich gute Sonderkonditionen wie für ARD und ZDF einräumen? SES Astra sei den öffentlich-rechtlichen bei den Transpondergebühren weitreichend entgegengekommen sein, so Brancheninsider gegenüber DIGITAL FERNSEHEN. Nach der Absage der Sportgroßveranstaltungen dieses Jahr bedeutet die mehrjährige Verschiebung der SD-Abschaltung für die Hardwarehersteller einen mittelgroßen Umsatzverlust. Denn ohne Umrüstzwang werden viele Kopfstellen erst einmal in SD weiterlaufen.
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„Weitere SD-Ausstrahlung wirft Ultra-HD um Jahre zurück“
„Verlängerung der SD-Ausstrahlung im Sinne der Zuschauer“
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