Nicht nur Senioren haben bei der Terminfindung auf Corona-Impfportalen Probleme. Insbesondere die sächsische Seite ist ein einziger Albtraum für Impfwillige: Ständig überlastet, umständlich in der Bedienung - und Impftermine gibt es dort auch eher nicht.
Deutsche Web-Portale mit amtlichem Charakter erkennt man meist unschwer an drei Dingen: Himmelschreiend veraltetem Webdesign, unfassbar unübersichtlichem Aufbau und grenzwertiger Benutzerfeindlichkeit bei Terminbuchungen.
Wer das Elster-Portal für Steuererklärungen hasst und Terminbuchungen auf dem Bürgeramt mit Windows95-Charme kennt, schnalle sich nun an für den nächsten digitalen Horrortrip made in Behördendeutschland: Das Online-Portal für Corona-Impftermine in den 15 Impfzentren im Freistaat Sachsen.
Eine grausig grüne Unverschämtheit
Diese in grausigem grün gehaltene Unverschämtheit treibt bereits seit Wochen die Impfwilligen im ganzen Bundesland zur Weißglut: Hat man sich als Zugehöriger einer relevanten Prioritätsgruppe erstmal eine Kennung erstellt, zerschlägt sich die Hoffnung auf eine schnelle Terminfindung eigentlich augenblicklich. Schließlich ist der Login meist erst nach minutenlanger Wartezeit möglich - harrt man der Dinge jedoch ein wenig zu lang, ist man wieder draußen.
Ist die Anmeldung einmal gelungen, muss jedes Mal aufs neue der Zweck des Besuchs angegeben werden – das System bietet stur auch die Stornierung eines Impftermins an, obwohl man noch immer keinen hat. Eine Speicherung des jeweiligen Fortschritts? Wäre viel zu einfach, keine Chance. Schreitet man so zum hundertsiebzigsten Mal zur Auswahl des gewünschten Impfzentrums fort, erfährt man erst nach der Wahl der entsprechenden Option im Dropdown-Menü, dass es dort keine Impftermine gibt. Ist man hinsichtlich der Impf-Örtlichkeit flexibel und sucht dringend einen Termin, klickt man sich mühselig einzeln durch sämtliche 15 Adressen – warum zum Henker ist das nötig? Eine einfache Benachrichtigung für Impfwillige für den jeweiligen Standort oder gleich mehrere per Push oder E-Mail? Fehlanzeige.
Impf-Hotline: Das Rufen ins Nichts
Glaubt man nun aufgrund der nervtötenden Gestaltung des Web-Portals, man könne bei der Impf-Hotline mehr erreichen, stellt man schnell fest: Von Montag bis Sonntag zwischen 8 und 20 Uhr muss man sich dort auch erst durch ein Menü wählen, um dann zu erfahren, dass die Hotline ohnehin überlastet ist. Mit mehr als einer Million Anrufern im Monat wohl ungefähr um 300 Prozent. Ergo: Weder telefonisch noch im Web erreicht man etwas. Das Nervigste daran ist jedoch, dass man sich ständig ergebnislos durch Menüs klicken und Wählen muss.
Ist man also nicht mit einem Hausarzt verschwägert oder seit Langem per Du, ist die Jagd nach einem Impftermin ein frustrierender Spießrutenlauf – und auch der auf der Impfseite empfohlene Zähler für angeblich vorhandene Impftermine schickt Nutzer des Portals gnadenlos in die Wüste: Auch wenn hunderte Termine für einzelne Standorte dort angezeigt werden, bekommt man nach dem Login im Terminbuchungs-Tool wieder nichts. Will man sich über Countee auf eine Ersatzliste für kurzfristige Nachrücker setzen lassen, muss man sich dort auch erstmal anmelden. Das sächsische Portal für Terminbuchungen bietet es schlichtweg gar nicht an. Ein Desaster, wenn man daran denkt, dass der Erfolg einer Impfkampagne durch diese fahrlässig-mangelhafte IT-Logistik ausgebremst wird. Eben nicht nur aufgrund von Impfstoffmangel knirscht es gewaltig im Prozess – sondern auch, weil viele Impfwillige in einem Retro-Weblabyrinth sinnlos frustriert werden.
Wie schwer kann es eigentlich sein?
Wäre es tatsächlich so schwer gewesen, eine Buchungsseite für Impftermine einzurichten, die den Gaul nicht von hinten aufzäumt? Eigentlich kaum zu glauben. Eines lässt sich jedoch mit Sicherheit sagen: Auf dem freien Markt, wo die Nutzerfreundlichkeit von Web-Angeboten über deren Erfolg wesentlich mitentscheidet, wäre das sächsische Impfportal eine Totgeburt, die aufgrund ihrer umständlichen Handhabung von niemandem genutzt würde. Leider gibt es für die Anmeldung bei Impfzentren jedoch keine Alternative – und wer dort einen Termin haben will, hat eigentlich keine andere Möglichkeit, als sich den Wahnsinn anzutun.
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