Wie funktioniert Pay-TV?

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Andreas Weinek über die Fehler und Chancen

Seit ungefähr fünf Jahren lenkt Andreas Weinek die Geschicke des History Channel in Deutschland. In dieser Zeit hat er so manchen Pay-TV-Sender kommen und wieder gehen sehen. Im Interview mit DIGITAL-INSIDER-Chefredakteur Marc Hankmann erklärt der Managing Director der The History Channel Germany GmbH & Co. KG, ob, und wenn ja, wie man erfolgreich Bezahlfernsehen in Deutschland veranstalten kann und wann sich Helmut Thoma noch einmal über digitalen Rinderwahnsinn äußern sollte.

Herr Weinek, gleich am Anfang eine kurze, wenngleich auch nicht ganz einfache Frage: Kann man in Deutschland mit Pay-TV Geld verdienen?
Das kann man. Man muss aber den Groschen dreimal umdrehen und vor allem im Bereich PR und Marketing extrem viel Kreativität aufbringen.

Das machen nicht allzu viele Sender und so sind wir mit Aktivitäten wie dem History-Award fast allein auf weiter Flur. Ist der Marktanteil eines Pay-Programms ausschlaggebend für dessen Rentabilität oder wie lässt sich abseits der Reichweite erfolgreich Pay-TV veranstalten?
Erst einmal ist der Marktanteil, also in unserem Fall die Anzahl der Abonnenten, nur indirekt beeinflussbar. Zum anderen funktioniert Pay-TV nicht nach dem klassischen Marktanteilsschema. Ich wehre mich dagegen, dass dieselben Maßstäbe wie im Free-TV angelegt werden. Vor allem im Bereich Werbezeitenvermarktung wird so gut wie nie zwischen reiner Masse gegenüber qualitativer, streuverlustarmer Zielgruppe unterschieden.

Muss man sich als Pay-TV-Veranstalter auf mehreren Märkten bewegen, um erfolgreich zu sein?
Um hochwertiges Programm produzieren zu können, bedarf es eines wirtschaftlich gesunden Mutterhauses. Wir selbst wären dazu aus  ökonomischen Gründen nicht in der Lage, aber AETN gibt sehr viel Geld aus, um in diesem Markt ganz vorne mitzuspielen – und das mit Erfolg. Aber auch hier ist zu sagen, dass im deutschen Pay-TV in vielen Bereichen das Mittelmaß das Maß aller Dinge ist und verschiedene Sender dem Kunden einiges an Nachsicht abverlangen. Viele Pay-TV-Sender sind gekommen und schnell wieder gegangen.

Gibt es einen Kardinalfehler, den diese Sender gemacht haben?
Das hängt mit Sicherheit auch mit der erwähnten Mittelmäßigkeit des Programms und der Veranstalter zusammen. Pay-TV wurde oftmals als Medium betrachtet, bei dem man mit geringem Einsatz schnelles Geld machen kann. Das läuft so aber nicht bzw. nicht mehr und so bedarf es schon eines profunden und frischen Programmarchivs, um mittelfristig überleben zu können.

Trotz des Verschwindens einiger Sender kommen immer neue Programme für neue Zielgruppen auf den Markt. Wie viel Vielfalt verträgt der Zuschauer?
Gehen Sie in einen Zeitschriftenladen und schauen Sie, was es da an Publikationen gibt. Genauso viel Vielfalt verträgt der Zuschauer. Und wenn er sie nicht mehr verträgt, wird er es uns wissen lassen.

Bei steigender Programmzahl steigt auch die Nachfrage nach Inhalten. Welche Auswirkungen hat das auf die Lizenzkosten für einen Pay-TV-Sender wie History?
Unsere Mutter AETN investiert enorm ins Programm, da man rechtzeitig erkannt hat, wie wichtig gute Inhalte für ein Überleben der Sender sind. Wie für einige andere Sender auch, ist es unser Ziel, in Deutschland selbst Inhalte kreieren zu können, sobald die ökonomischen Voraussetzungen dazu gegeben sind. Wir sind also durchaus bereit, zu reinvestieren, um dadurch das Programm noch attraktiver und für den Zuseher noch relevanter zu machen. Das tun wir zum einen durch unsere langjährige Kooperation mit dem ZDF und zum anderen dem expliziten Auftrag unserer Mutter folgend, uns langfristig um eigene Inhalte zu kümmern.

Inwiefern erschwert die Vielzahl öffentlich-rechtlicher Programme die Positionierung privater TV-Sender, insbesondere solcher, die sich über Gebühren finanzieren?
Wenn man Spartenkanäle mit öffentlich-rechtlichen Programmen vergleicht, also Äpfel mit Birnen, geht das immer zulasten der Spartenprogramme aus. Wir sehen gut funktionierende Doku-Schienen im öffentlich-rechtlichen TV eher als Promotor für unser Programm. Wer nicht fiktionales Programm mag, und das sind zum Glück ziemlich viele Menschen, wird bei den qualitativ hochstehenden Programmen im Pay-TV-Bereich bestens bedient. Die Diskussion öffentlich-rechtliches versus Privat-TV ist natürlich wieder eine ganz andere Geschichte. Ich kann aber seitens der Privaten derzeit auch nicht die große Doku-Offensive insbesondere im Bereich Geschichte oder Biografien erkennen. Und wenn, dann erleben wir, dass man sich gern Anleihen bei unserem Ideenfundus holt.

Sky, Eurosport und Pro Sieben Sat 1 haben bereits Angebote auf dem iPad. Wann und in welchem Format wird History dazustoßen?
Das ist eine Frage der Rechteklärung, die derzeit in New York von unseren Anwälten vorgenommen wird. Ansonsten gilt: Wir werden auch weiterhin alle technischen Möglichkeiten nutzen, um unsere Inhalte zu verbreiten. Programmteile von History können über VoD-Portale wie zum Beispiel Maxdome gebucht werden. Darüber hinaus bieten Sie ein eigenes VoD-Angebot im Internet an.
 
Sind Sie mit der VoD-Nutzung Ihrer Inhalte zufrieden?
VoD ist in Deutschland nach wie vor ein Learning-by-doing-Projekt und steckt noch in den Kinderschuhen. Einige Anbieter, die schon länger auf dem Markt sind, wie etwa Maxdome, entwickeln sich aus unserer Sicht sehr erfreulich und es wäre wünschenswert, wenn viele Verbreitungsplattformen ihren Worten Taten folgen lassen würden.
 

Sicherlich gibt es aber auch hier Verbesserungen. Welche wären das aus Ihrer Sicht?
„Klasse statt Masse“ ist eine der Erfahrungen, die wir bisher sammeln konnten. Nicht die Vielzahl der Programme ist ausschlaggebend, sondern die Qualität und die begleitenden Promotion-Maßnahmen. Unser bislang erfolgreichstes Programm war eine Biografie von Barack Obama zum Zeitpunkt seiner Wahl. Besser geht’s nicht. Das hat sich auch in den Erlösen niedergeschlagen.
 

Macht HD eigentlich für ein Programm Sinn, dessen Anteil an historischem Bildmaterial, das logischerweise keine HD-Auflösung besitzt, recht hoch ist?
Das tut es sehr wohl, da wir bei den HD-Programmen wenig historisches Bildmaterial verwenden und uns hauptsächlich der Computeranimation bedienen. Bei Programmen wie „Jurassic Fight Club“ oder „Zukunft ohne Menschen“ funktioniert dies hervorragend. Darüber hinaus setzen wir in anderen Produktionen mit Drehs an Originalschauplätzen sowie Reenactments auf weitere etablierte Elemente der modernen Dokumentation.

Angenommen, Sie zeigen in zehn Jahren eine historische Dokumentation über die Geschichte des Pay-TV in Deutschland. Welchen Titel hätte diese Doku und welche Personen sollten mit welchen Statements zu Wort kommen oder sich gar rechtfertigen müssen?
„Und es funktionierte doch“ (frei nach Galileo Galilei). Auf jeden Fall aber sollte Herr Thoma sich noch einmal zum digitalen Rinderwahnsinn äußern.

Vielen Dank für das Gespräch.

(Marc Hankmann)

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