Vorgestellt: Joel Silver, Seite 2
Im Gespräch mit dem Bild-Guru
Sollte eine Kalibrierung kostenlos angeboten werden, oder ist diese Dienstleistung zu kostenaufwändig?
Wenn ein geschulter Fachhändler ein Messgerät, einen Testgenerator etc. mitbringt und tatsächlich eine umfangreiche Kalibrierung vornimmt, dann kann dieser Dienst unmöglich kostenlos angeboten werden. Hier in den USA gehört Best Buy zu den größten Anbietern von Elektronik und mittlerweile haben mehr als 800 Kalibrierer die notwendige Technik erstanden, um diesen Dienst anbieten zu können – diese Investition muss sich am Ende für den Fachhandel auszahlen. Außerdem müssen diese 800 Leute einen fünftägigen Kurs belegen, um sich das notwendige Fachwissen anzueignen. In den USA sind die Endkonsumenten bereit, zwischen 200 bis 300 Dollar für eine umfangreiche Kalibrierung zu zahlen. Wenn jemand eine Kalibrierung kostenlos anbietet, wäre ich schon wieder misstrauisch, denn dann wird häufig nur eine vorhandene Voreinstellung genutzt oder das Bild wird ohne Fachwissen und Messinstrument abgeglichen.
Bestimmte Geräte werden mit einem THX-Logo verkauft. Ist das Bild dann optimal abgeglichen?
Ich bin ein Fan von THX und ich mag, dass THX in den Videobereich eingestiegen ist, um zu helfen, denn jeder, der sich um das Thema Bildqualität mit geschultem Personal kümmert, hilft der gesamten Branche, die Qualität zu verbessern. Wir wissen aber alle, dass Voreinstellungen niemals perfekt sein können, deshalb erübrigt sich auch die Diskussion darüber, ob ein THX-Modus das optimale Bild zeigt oder nicht. Die einzige Sache, mit der ich nicht übereinstimme, ist, dass „Wir können nicht über die Güte der Technik bestimmen, die die Hersteller verbauen, aber wir wollen Sorge tragen, dass das Bild beim Kunden im Wohnzimmer überzeugt.“ dem Nutzer sämtliche Möglichkeiten genommen werden, überhaupt Einstellungen vorzunehmen, denn wichtige Parameter sind im THX-Modus gesperrt. Wir versuchen im Dialog mit THX die Dinge voranzutreiben, so bietet die THX-Voreinstellung neuerdings getrennte Vorgaben für Tag und Nacht an.
Schaut man sich Filme oder Fotos an, so erscheinen diese häufig unrealistisch, da sie stark nachbearbeitet wurden. Warum ist es dennoch wichtig, den Fernseher möglichst natürlich abzustimmen?
Ich fotografiere selbst gern und versuche mein Bestes, gute Fotos zu machen. Wenn ich Fotos bearbeite, dann mache ich das an kalibrierten Monitoren und wenn ich meine Fotos zeige, dann über kalibrierte Fernseher oder Projektoren. Die Antwort auf die Frage lautet: Ich möchte, dass meine Inhalte so wahrgenommen werden, wie ich sie geschaffen habe. Das gilt natürlich nicht nur für meine eigenen Werke: Egal ob es sich um einen Animationsfilm von Pixar oder einen Batman-Streifen handelt, ein Film ist immer ein Werk von Künstlern, die hart daran gearbeitet haben, einen bestimmten Look zu kreieren. Viele denken, dass künstlerische Belange ein Cliché sind, aber sie sind mehr als das.
Wenn jemand einen Film kauft, hat er großes Interesse daran, den Film so zu sehen, wie er produziert wurde. Dieser Gedanke war auch die Grundidee der ITU: Heutzutage kann ein Bollywoodfilm in Indien produziert werden und Zuschauer können zuhause nacherleben, wie dieser Film erstellt wurde. Wir produzieren häufig noch national aber die Verbreitung der Filme kennt fast keine Grenzen mehr, sodass es wichtig ist, dass man überall auf der Welt gewisse Standards einhält, um dem ursprünglichen Original Rechnung zu tragen.
Nehmen wir z. B. James Camerons „Avatar“, ein Film, der überall auf der Welt erfolgreich war. Man könnte doch sagen, dieser Film erscheint mir viel zu blau, also drehe ich den Blauregler zurück. Diese Meinung kann man zwar äußern, aber sie ergibt keinen Sinn, denn der Film soll blau wirken und James Cameron hat genau auf diese Weise diese Fantasy-Welt kreiert. Also geht es nicht um Meinungen oder äußere Umstände im Wohnzimmer, sondern wir sprechen über die Inhalte selbst und deren Macher. Und deshalb kalibrieren wir nicht nur bei den Produzenten vor Ort, sondern auch in den Wohnzimmern. Nur so können wir garantieren, dass „Avatar“ am Ende nicht grün oder violett wirkt, sondern so, wie es sich James Cameron vorgestellt hat. Die Leute, die die Inhalte erstellen, sind echte Genies, diejenigen, die Bildschirme kalibrieren, müssen nur Techniker sein, die sich mit der Materie auskennen.
Nun gibt es aber Technologien, die mehr Farben bieten, als es der Standard vorsieht. Sind größere Farbräume überhaupt sinnvoll?
Wenn Kinofilme für Blu-rays bearbeitet werden, dann wird hierfür immer an Monitoren gearbeitet, die den Rec.709-Standard wiedergeben, also jenen Farbraum, der auch vom Fernseher zuhause unterstützt wird. Konvertiert man Filme auf Blu-ray nachträglich in einen größeren Farbraum, läuft man Gefahr, dass das Ergebnis unnatürlich aussieht. In der Theorie ist es somit ein Gesetz, dass der Farbraum der Quelle mit dem Farbraum des Wiedergabegeräts übereinstimmen muss, damit das Ergebnis richtig und natürlich aussieht. Ich habe bei mir zuhause die Möglichkeit, zwischen dem normalen Farbraum und dem weitaus größeren Adobe-Farbraum hin- und herzuschalten und wenn ich Quellen abspiele, die dem Rec.709-Standard entsprechen, dann sieht das Bild mit dem Adobe-Farbraum schrecklich aus.
In der Praxis gibt es aber genügend Beispiele, die der Theorie widersprechen. So war Runco mit dem Verkauf des LED-Projektors QD750 immens erfolgreich, obwohl der native Farbraum des Beamers viel zu groß ist. Fernseher auf Elektronikshows, ganz gleich ob von Panasonic, Samsung oder Sony werden häufig mit übertriebenen Farbräumen präsentiert, doch die Leute lieben es. Sobald der Fernseher aber im Wohnzimmer läuft und ein Fußballspiel angeschaut wird, erkennt auch ein Laie, wenn z.B. der Rasen unnatürlich neongrün erscheint. Bei einem Animationsfilm werden überzuckerte Farben dagegen häufig als angenehm empfunden.
Das ganze Thema der erweiterten Farbräume ist also eher ein Marketingthema, da die Inhalte immer noch in Rec.709 produziert werden. Für uns als Techniker ist es dennoch ein großer Vorteil, wenn neue Fernseher und Projektoren im Ausgangszustand einen zu großen Farbraum aufweisen, denn diesen können wir auf den Rec.709-Standard reduzieren. In der Vergangenheit war es oft der Fall, dass die Farbräume der Geräte zu klein waren, sodass keine Chance bestand, die „richtigen“ Farben zu treffen.