Viermal so scharf wie Full HD
Die Geschichte des hochauflösenden Fernsehens ist beinahe so alt wie das Fernsehen selbst. Als im Herbst 1937 das deutsche, nur in Berlin ausgestrahlte Vorkriegsfernsehen von 180 auf 441 Zeilen umgestellt wurde, sprach man bereits von hochauflösendem TV.
Seit damals ist der Qualitätsanspruch gestiegen. Heute versteht man unter HDTV die beiden Standards 720p mit einer Auflösung von 1 280 × 720 Bildpunkten und das doppelt so scharfe 1 080i mit 1 920 × 1 080 Pixeln. Ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht? Nein! Denn Ultra HD steht schon vor der Tür!
Unterschiedliche Verfahren
Mit Ultra HD soll alles besser und schöner werden. Auch dieses neue Verfahren gibt es in zwei Auflösungen. Die kleinere, die für das neue Ultra HD für den Rundfunkbereich ins Auge gefasst wurde, setzt das Fernsehbild aus 3 840 × 2 160 Pixeln zusammen. Mit einer Auflösung von 8,3 Millionen Bildpunkten ist es viermal so scharf wie herkömmliches HD. In seiner Vollendung sind für das hyperscharfe Fernsehen 7 680 × 4 320 Bildpunkte vorgesehen. Damit wäre dieses Bild noch einmal viermal so scharf wie das „kleine“ Ultra HD. Mit einer Detailtreue von über 33 Millionen Pixel entspricht es etwa dem, was man heute bestenfalls in der Profifotografie geboten bekommt.
Braucht es Ultra HD?
Ultra HD braucht es umso mehr, je größer unsere Fernseher werden. Gaben sich unsere Eltern noch mit Bildschirmdiagonalen von 72 cm zufrieden, sind heute 100 bis 140 cm nichts Außergewöhnliches mehr. Tendenz steigend. Besonders große Screens werden vom noch schärferen TV-Signal profitieren. Wer schon Ultra HD live erleben durfte, wird bestätigen, dass mit der vierfachen Full-HD-Auflösung nicht nur wesentlich schärfere Bilder erreicht werden. Auch die Tiefenschärfe gewinnt enorm dazu. Damit bekommt das TV-Bild selbst ohne 3D eine räumliche Komponente, die den Vergleich mit brillenlosem 3D-Fernsehen schon sehr nahe kommt. Auch echtes 3DTV profitiert von schärfer auflösenden Screens. Schließlich gilt es für das linke und rechte Auge ein Full-HD-Bild bereitzustellen. Dazu sind die heutigen Verfahren noch nicht in der Lage.
Neue Komprimierungsnorm
Noch gibt es keinen verbindlichen Standard, in dem Ultra HD in einem künftigen Regelbetrieb ausgestrahlt werden wird. Es ist aber davon auszugehen, dass dazu die neue H.265-Komprimierung zum Einsatz kommen wird. Sie ist auch als HEVC oder High Efficiency Video Coding bekannt. Das neue System verspricht eine Halbierung des Datenaufkommens bei Videosignalen im Vergleich zum heute für HD genutzten H.264. HEVC kann Bilder mit einer Auflösung von bis zu 8 192 × 4 320 Pixel verarbeiten und eignet sich damit bestens für Ultra HD.
Erste Tests über Satellit
Erste Ultra-HD-Testausstrahlungen über Satellit wurden bereits 2012 beobachtet. Gegenwärtig sind drei Ultra-HD-Versuche auf Sendung. Genutzt werden dazu drei unterschiedliche Standards, die zumindest teilweise mit heute erhältlichem Equipment empfangbar sind. Der für uns am leichtesten zugängliche Ultra-HD-Test wird über Eutelsat 10A übertragen. Sein Vorteil: Er nutzt die für HD üblichen Übertragungsparameter. Sein Nachteil: Das Ultra-HD-Bild wird geviertelt ausgestrahlt.
Der Receiver liest auf dem genutzten Transponder auch vier HD-Programme ein. Um das vollständige Ultra-HD-Bild zu sehen, bräuchte es „nur“ vier HD-Receiver und vier Monitore, was zugegeben wenig praxistauglich ist. Auf Hispasat 30 Grad West wird der derzeit interessanteste Ultra-HD-Test ausgestrahlt. Auch er nutzt die für HD üblichen übertragungsparameter, womit auch hier ein ganzer Transponder für ein Ultra-HD-Signal benötigt wird. Anders als auf 10 Grad Ost wird hier jedoch das gesamte Bild in einem Datenstrom übertragen. Unsere HD-Receiver erkennen dieses Programm zwar, können es aber nicht wiedergeben. Für Abhilfe sorgen PC-Sat-Receiver. Mit den Softwares Easy Blindscan und TS-Analyzer kann der Datenstrom vollständig ausgewertet werden.
In Verbindung mit dem VLC-Player gelingt auch die Bildwiedergabe. Und die hat es in sich! Aktuelle PC-Monitore haben eine Auflösung von bis zu 2 560 × 1 600 Bildpunkte, womit sie doppelt so scharf wie Full HD sind. Freilich vermögen auch sie nur die halbe Ultra-HD-Auflösung wiederzugeben. Das genügt aber bereits, um einen Eindruck zu gewinnen, wie phantastisch diese Bilder sind. Neben der hervorragenden Tiefenwirkung fallen besonders die fein gezeichneten Linien und kleinste Details auf, die man in dieser Wiedergabetreue bislang nicht vom Fernsehen kennt.
Auf Astra 19,2 Grad Ost findet sich gegenwärtig der zukunftsweisendste Ultra-HD-Versuch. Er nutzt bereits den neuen Komprimierungsstandard H.265. Da dieser noch nicht von den bekannten Softwares für PC-Sat-Receiver unterstützt wird, müssen wir uns darauf beschränken, das Signal zumindest teilweise korrekt analysieren zu können. Immerhin bekommen wir mit Easy Blindscan und dem TS Analyzer eindeutig angezeigt, dass wir es hier mit einer Ausstrahlung mit H.265-Komprimierung zu tun haben.
Diese Ultra-HD-Ausstrahlungen lassen sich übrigens auch am PC aufzeichnen, wozu beispielsweise der TS Grabber dient. Er zeichnet den gesamten Transponderdatenstrom auf. Also etwa alle vier Teilbilder des Ultra-HD-Tests auf 10 Grad Ost und natürlich auch die Ultra-HD-Ausstrahlung auf 30 Grad West. Da für Ultra HD sehr hohe Datenraten jenseits von 50 Mbit/s zum Einssatz kommen, wird viel an freier Festplatten-Speicherkapazität benötigt. Zur Wiedergabe eigener Ultra- HD-Mitschnitte bietet sich der VLC-Player an.
Was gibt es zu sehen?
Über die heute bereits ausgestrahlten Ultra-HD-Kanäle werden ausnahmslos Testsequenzen in Endlosschleife gezeigt. Sie sind kurze Filme von bis zu 5 Minuten Länge, die mit eindrucksvollen Aufnahmen von Landschaften, Stadtmotiven und Detailstudien, etwa von Pflanzen zeigen, was alles im künftigen extra hochauflösenden Fernsehen steckt. Ohne Übertreibung machen diese Bilder Lust auf mehr.
Alles neu
So faszinierend Ultra HD ist, mit unseren vorhandenen Full-HD-Fernsehern können wir es nicht wiedergeben. Ultra-HD-taugliche Fernseher kommen jetzt allmählich auf dem Markt. Für Schnäppchenjäger sind die ersten erhältlichen Modelle jedoch noch nicht gedacht. Wir können aber davon ausgehen, dass Ultra-HD-TVs in rund fünf Jahren die heutigen Full-HD-Geräte weitgehend abgelöst haben werden. Auch unsere HD-Receiver eignen sich noch nicht für Ultra HD. Erste Boxen, die dann auch H.265 unterstützen, könnten aber bereits Ende 2013 verfügbar sein. Seit Mai 2013 gibt es schon erste Blu-ray-Player, die Ultra HD unterstützen. Mit ihnen sind auch schon die ersten Ultra-HD-Filme auf den Markt gekommen.
(Thomas Riegler)