Toshiba – Atsutoshi Nishida, Teil 2
Konzern setzt auf Atomenergie
Die Welt auf Papier
Sieht man Atsutoshi Nishida in seiner kaum noch vorhandenen Freizeit, so sind die Bücher seine treuesten Begleiter. In seiner Biographie gibt er „Lesen“ nicht zufällig als sein einziges Hobby an – sechs bis zehn Bücher werden meist im Gleichschritt durchgenommen. Dabei springt Nishida von einem Politik- und Wirtschaftsbuch zum Science-Fiction- Roman.
Alles andere als Fiktion ist hingegen sein Aufstieg 2005 nach ganz oben. Der jetzt 65-Jährige war ab sofort Präsident von Toshiba und machte sogleich Nägel mit Köpfen. Der DVD-Nachfolger HD-DVD wurde nicht nur in die Wege geleitet, sondern mit Microsoft tatkräftige Unterstützung an Bord geholt. „Den Einfluss eines gemeinsam entwickelten HD-DVD-Produkts mit Windows CE kann ich noch nicht ermessen, aber es dürfte schon sehr hilfreich sein, Microsoft an seiner Seite zu haben“, erklärte er zurückhaltend.
Weitaus energischer sein Vorhaben in der Unterhaltungselektronik: „Unser Konzern soll in die erste Liga der internationalen Konzerne aufsteigen. Noch sind wir nicht in allen Bereichen wettbewerbsfähig. Wir müssen unsere Investitionen […] fortsetzen.“ Als Mann der Tat behielt Nishida Recht. Der schwächelnde Konzern festigte seine Stellung im Notebook-Markt, produziert LCD-Flachbildschirme auf Weltniveau, forscht am Superchip Cell, forcierte die HD-DVD und plante die SED-Technologie 2007 im Massenmarkt einzuführen. Während die letzten beiden Projekte zu Grabe getragen wurden, sorgt eine andere Investition bis heute für Schlagzeilen.
Toshiba und die Welt
Als im Februar 2006 die Nachricht über den Verkauf von Westinghouse die Runde machte, hielten Wirtschaftsanalysten und Politikwissenschaftler den Atem an. Der US-Atomkrafthersteller wurde von der British Nuclear Fuels (BNFL) zum Verkauf angeboten. Internationale Giganten wie General Electrics und Mitsubishi Heavy Industries überboten sich gegenseitig, aber fanden in Nishida ihren Meister.
Für eine Rekordsumme von 5,4 Milliarden US-Dollar übernahm Toshiba den Marktführer des Kernkraftbaus. Diese Summe ist weit mehr als das Doppelte der ursprünglich angedachten Ausgaben. Toshiba, selbst größter Lieferant von Atomenergie in Japan, behält rund 51 Prozent an Westinghouse – 49 Prozent der Anteile gehen an Investoren, um die horrenden Ausgaben in den Griff zu bekommen. Toshiba ergänzt damit sein Know-how mit Siedewasserreaktoren um die Hochdruckreaktoren von Westinghouse.
„Es ist eine Ehre und Freude mit dem Weltmarktführer der Nuklearenergie zusammenzuarbeiten. Toshiba wird dadurch zur treibenden Kraft der globalen Kernenergienutzung und Bereitstellung.“ Im Gegensatz zu Deutschland setzen die Asiaten vermehrt auf die Nutzung der Atomenergie, nicht zuletzt um die japanische Wirtschaft aufrecht zu halten. Nishida steht damit nicht nur für den wirtschaftlichen Erfolg von Toshiba in der Verantwortung, sondern auch für die friedliche Nutzung der Kernenergie. „Setze dir harte Ziele und erreiche sie.“ Die Ziele hat Atsutoshi Nishida erreicht – die Ergebnisse werden wir aber erst in der Zukunft erfahren.
(Christian Trozinski)