The King’s Speech, Teil 2
Kleine Ursache – große Wirkung
Das Drehbuch von David Seidler nimmt sich also einer bisher weitgehend unbekannten Tatsache aus der Geschichte des englischen Königshauses an und zaubert aus der scheinbar nicht weiter erwähnenswerten Anekdote eines stotternden Königssohnes eine mitreißende und abendfüllende Geschichtsstunde. Als König George V. im Jahre 1936 stirbt, tritt sein ältester Sohn David (Guy Pearce) als König Edward VIII. die Thronfolge an. Doch dessen ausschweifende Lebensart und ein am Hofe nur widerwillig geduldetes Verhältnis mit einer Bürgerlichen (aus Amerika und zu allem Überfluss auch noch geschieden!) lassen für die Zukunft nichts Gutes ahnen. Edward ist durch und durch Lebemann, will die schönen Seiten des königlichen Daseins in vollen Zügen genießen und sich allen formellen Pflichten so gut es geht entziehen.
Nach nur zehn Monaten ist das Maß voll und in einem halb freiwilligen Akt übergibt er die Königswürde an seinen jüngeren Bruder Albert. So viele Stimm- und Sprechtrainer hat dieser nun schon bemüht, doch keiner konnte seine Sprachschwäche auch nur ansatzweise kurieren. Für den frischgebackenen Thronerben ist dieses kaum tragbare Defizit natürlich kein Dauerzustand, weshalb sich seine Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter), die ihm stets treu und verständnisvoll zur Seite steht, an den unkonventionellen Sprachtherapeuten Lionel Logue (Geoffrey Rush) wendet. Dieser nimmt sich den adligen Patienten gehörig zur Brust und kämpft mit seinen ureigenen Methoden gegen jegliche Selbstzweifel, die Bertie bislang ins Stottern brachten. Der gemeinsame Kampf gegen das sprachliche Handicap steht von nun an im Zentrum eines überraschend kurzweiligen und unterhaltsamen Filmes, der ganz von der unglaublichen Präsenz seiner Schauspieler lebt.
Firth und Rush in Hochform
Am Ende der langen, von Höhen und Tiefen begleiteten Reise der beiden ungleichen Protagonisten steht dann die entscheidende Radioansprache, mit der der nunmehr zum König von England aufgestiegene Albert sein Volk auf einen langen und entbehrungsreichen Krieg gegen Nazideutschland einschwören soll. Doch bis dahin spielen sich die beiden erstklassigen Darsteller Geoffrey Rush und Colin Firth erst einmal äußerst unterhaltsame Bälle zu, die die Basis einer außergewöhnlichen Partnerschaft bilden. Die vorsichtige, noch von starkem Misstrauen geprägte Annäherung in den ersten Sitzungen gelingt ihnen ebenso überzeugend wie die von großem gegenseitigem Respekt zeugende freundschaftliche Atmosphäre der späteren Szenen. Mit sichtlichem Vergnügen an ihrer Arbeit steigern sie sich hinein in halsbrecherische Zungenbrecher-Marathons, hemmungslos gesungenes Redenschwingen und befreiende Fluchkanonaden – für den letztendlichen Therapieerfolg ist dem exzentrischen Experten keine Methode zu ausgefallen und dem hochwohlgeborenen Patienten keine Übung zu albern.
Die ersten Erfolge stellen sich bald ein und trotz mancher schwierigen Prüfung, die die beiden auf ihrem Weg zu bewältigen haben, raufen sie sich am Ende immer wieder zusammen. Wie sich der seit Jahren als einer der talentiertesten Darsteller seiner Generation geltende Brite Colin Firth der (sprachlichen) Eigenheiten seines historischen Rollenvorbildes annimmt, ist Schauspielkunst auf höchstem Niveau. Das ganze Ausmaß seiner Leistung (für die er völlig zu Recht mit dem Oscar geehrt wurde) kann man allerdings trotz der wie gewohnt sehr guten Synchronisation von Firth-Stammsprecher Tom Vogt nur im brillanten englischen Original so richtig beurteilen.