Martial-Arts-Abenteuer mit Steampunk-Elementen
Mit „Tai Chi Zero“ und „Tai Chi Hero“ hat Regisseur Stephen Fung zwei großartige Martial-Arts-Abenteuer geschaffen, die nicht nur aufgrund ihrer Steampunk-Elemente alles haben, was der Martial-Arts-Fan begehrt und auf Großes für das Finale der Filmtrilogie hoffen lassen.
Tai Chi Zero 3D
Es ist der Beginn einer epischen Filmtrilogie, deren flippiger Stil,hochkarätiger Cast, grandioses Produktionsdesign, und topaktuelleEffekt-Technik alles Bisherige in den Schatten stellt, das bislang ausHong Kong kam. Dachte man schon, dass das klassische Martial-Arts-Genremit den inzwischen zu alt gewordenen Ikonen Jet Li und Jackie Chaneinfach von der Bildfläche verschwinden würde, so bekommt man hier einhochbudgetiertes Spektakel vorgesetzt, mit dem der Wushu-Olympia-Sieger(Peking 2008) Yuan Xiaochao als neuer Stern am Martial-Arts-Himmeletabliert werden soll. Und das könnte ihm durchaus gelingen, denn die“Tai Chi“-Kinoserie ist dermaßen ästhetisch und durchgestyled, dass sichAnime- und Kung-Fu-Fans gleichermaßen angesprochen fühlen dürften.
In einer unterhaltsamen Collage aus Stummfilm und Comic-Elementen wird die Geburt des Filmhelden Yang Lu Chan (Yuan Xiaochao) geschildert sowie die ersten Lebensjahre, in denen klar wird, dass er anders ist. Auf seiner Stirn befindet sich eine auffällige Wulst, die wie ein Teufelshorn absteht. Wird diese unsanft berührt, werden dunkle Botenstoffe in Yangs Körper entsandt und er verwandelt sich in einen kampfwütigen Berserker. Seine zweite große Fähigkeit ist, sich jegliche gesehene Bewegung merken und selber aneignen zu können, weshalb er zu einer Art Kriegswaffe ausgebildet wird. Erst als ihm sein Arzt, ein Meister der Kampfkunst im Ruhestand, aus gesundheitlichen Gründen von dem äußeren Tai Chi abrät, beginnt Yang mit seiner Suche nach dem inneren, friedlichen Tai Chi.
Die Mischung aus klassischer Wuxia-Action mit atemberaubenden Steampunk-Elementen und westlicher Heavy-Metal-Musik ist ein gnadenloser Unterhaltungs-Garant, der kaum größer sein könnte. Ähnlich wie in dem bekannten Manga „Dragonball“ erlebt der kindlich naive Held hier ein skurriles Abenteuer nach dem anderen und entdeckt dabei die wahren Wurzeln seiner Herkunft. Und das alles bei einer technsichen Präsentation, die sich auf höchstem Niveau bewegt. Dieser Film begeistert mit lupenreinen Bildern, deren Schärfe und Kontrast perfekt aufeinander abgestimmt sind, ganz zu schweigen von dem überraschend guten, weil natürlichen 3D-Erlebnis. Ein Muss für jeden Action-Fan.
Tai Chi Hero 3D
From Zero To Hero! Eine Devise, die sich voll und ganz auf den Protagonisten Yang Lu Chan (Yuan Xiaochao) übertragen lässt. In Teil eins musste sich Lu Chan noch in einem Bergdorf als Kämpfer mit Herz beweisen, damit ihm die Bewohner ihr Vertrauen und zudem die Möglichkeit schenken, eine seltene Form des Kung-Fu zu erlernen. Und weil er erst zur Gemeinschaft gehört, wenn er den Namen einer Familie aus dem Dorf trägt, ehelicht er am Ende mit der Tochter des Dorfältesten die schöne Chen Yu Niang (Angelababy). Und damit beginnt der zweite Teil.
Zur Hochzeit trifft Yu Niangs großer Bruder Chen You Zhi (Di Wu) ein, der seit zehn Jahren im Exil lebte und nun zu neuen Höhen der Kampfkunst gefunden haben scheint. Er ist grundsätzlich gegen die Heirat und schmiedet daher seine eigenen Pläne, Lu Chan aus dem Dorf herauszuschmeißen. Zeitgleich macht sich der Antagonist des ersten Teils Fang Zi Jing (Eddie Peng) daran seine verstorbene Liebe zu rächen und mit Hilfe der britischen Besatzungsmacht die chinesische Berglandschaft einzunehmen. Ob das Kung-Fu des friedvollen Bergvolkes ausreichen wird, um gegen die metallischen Waffen und Kanonen der Gegner anzukommen? Zudem stellt sich die Frage, ob Yu Niang lernen kann, Lu Chan zu lieben oder ob es weiterhin einfach nur eine Zweckehe bleiben wird?
Teil zwei bietet nach wie vor großartige Martial-Arts-Choreografien, unterhaltsame Comic- und Steampunkelemente sowie allerlei witzige Anspielungen auf die aktuelle Popkultur, wie etwa die Früchte-Schlacht im Angry-Birds-Stil. Dennoch flossen hier weitaus weniger kreative Einfälle ein als im ersten Teil.
Vom Erwachsenwerden
Dadurch, dass nun mit der Partnerschaft und dem Vater-Sohn-Konflikt zwei ernste Themen in den Mittelpunkt gerückt hat, bleibt leider auch weniger Zeit für den Spaß. Zudem bleibt das Dorf bis fast zum Ende der einzige Schauplatz, weshalb sich auch hier die Handlung ein wenig festfährt. Insgesamt kann sich aber auch der zweite Teil der Trilogie mit der Konkurrenz messen und ist eine würdige Hommage an den 1993er Kultfilm „Tai Chi Master“ mit Jet Li.
Technisch ist die 3D-Blu-ray wie der Vorgänger ein Glanzstück mit einem makellosen Bild, einer genialen Audioabmischung. Wie bei einem chinesischen Gemälde zeigen die Kleidungsstücke, Kulissen und Requisiten filigrane und kunstvoll ausgestaltete Strukturen, die dank der enormen Schärfe ein vollkommener Genuss sind.
Allerdings, und das muss auf jeden Fall auch erwähnt werden, gibt es weniger auffällige 3D-Effekte zu bestaunen, was größtenteils auch daran liegt, dass die zuvor exzessiv genutzten Videospielelemente (fliegende Lautmalerei, CGI-Mahjong-Steine) und damit auch die Pop-Out-Effekte hier etwas sparsamer eingesetzt wurden. Die Grundtiefe ist geringer als beim Vorgänger und so richtige Augen- und Mund-öffnenden Aha-Momente sind ebenfalls nicht mehr vorhanden. Insgesamt ist die stereoskopische Inszenierung jedoch natürlich und somit ein klarer Mehrwert für den Zuschauer.
(Falko Theuner)