So viel Arbeit steckt im Filmsound
In Filmtonstudios wird ein immenser Aufwand betrieben, die visuellen Eindrücke um das „Hörerlebnis“ zu erweitern und hierzulande kommen wir in den Genuss einer aufwändigen Synchronisierung. Wir wagen einen Blick hinter die Kulissen.
Es ist offensichtlich, dass die meisten der Filme die wir sehen, ihren Ursprung nicht in Deutschland haben. Seien es Serien, Dokumentationen oder die sogenannten „Blockbuster“ – Ursprungsland sind im überwiegenden Fall die USA, das Land mit der renommierten und weltweit größten Filmschmiede Hollywood. Aber auch aus anderen Ländern drängen mehr und mehr Spartenfilme auf die Leinwand. Wir schauen Filme aus aller Welt und in allen diesen Werken wird unserer Gewohnheit entsprechend deutsch gesprochen. Wenn alle Beteiligten ihre Sache gut gemacht haben, bemerken wir kaum, dass ein Film überhaupt synchronisiert wurde. Dennoch kann im Direktvergleich mit dem Originalton fast jeder einen klanglichen Unterschied feststellen; im positiven wie im negativen Sinne.
Wenn wir die Augen schließen, um uns ganz dem Ton zu widmen, erscheint uns die Stimme in der deutsch synchronisierten Fassung oft vermeintlich authentischer und besser in die filmische Umgebung integriert. Beispielhaft, jedoch nicht alleinstehend, kann man hier im Film „Dark Shadows“ von Tim Burton bemerken, dass sich Stimmen in der Originalversion nicht ganz so gut einbetten, oft trocken und nah wirken, während das Gesprochene des Protagonisten in der deutschen Fassung der jeweiligen Räumlichkeit entsprechend angepasster wirkt. Über den Film hinweg scheinen Stimmen hier akustisch voller und von Szene zu Szene nicht so unterschiedlich, wie im Original.
Erklären lässt sich das so: Um den Originalton (O-Ton) aufzuzeichnen,müssen am Set immer Kompromisse zwischen Tonqualität und Bild getroffenwerden, beispielsweise darf man die Mikrofone nicht sehen. So ist derWinkel und Abstand zum Schauspieler nicht immer optimal. Außerdem könnenStörgeräusche auftreten. Wenn eine Tonspur von solchen bereinigt wird,bleiben selbst bei sauberer Arbeit oft hörbare Artefakte der Bearbeitungzurück. Sehr gut realisiert ist im genannten Filmbeispiel die Frageder Lippensynchronität. Dies ist leider längst noch kein Standard undbei vielen Synchronisierungen einer der massivsten Kritikpunkte. Aberwie bereits beschrieben, kann der Ton in der Synchronfassung austechnischer Sicht in einigen Punkten durchaus besser als im Originalsein.
Doch wie viel Arbeit steckt wirklich dahinter? Um diese Frage zubeantworten, müssen wir einen Blick hinter die Kulissen eines Studiosfür Synchronton werfen um zu betrachten, wie eine Synchronfassungüberhaupt entsteht. Befreien wir uns zunächst von der Illusion, eineTonspur in Originalsprache wäre vom Synchrontonmeister unberührt. Auchhier kann es nötig werden, einzelne Szenen neu zu besprechen. ZumBeispiel ist es möglich, dass der ursprüngliche Dialog durchStörgeräusche (Verkehrslärm, Geräusche des Filmteams oder desEquipments) unbrauchbar geworden ist oder dass der Regisseur beschließt,dass eine Szene unterschiedlich gedeutet und daher vielleicht andersbetont werden muss. In beiden Fällen muss der betroffene Part im O-Tonentfernt und komplett neu angelegt werden.
Bei den meisten Drehs werdenvorsorglich Raumgeräusche (Atmo) aufgezeichnet, um sie gegebenenfalls zuersetzen. Geschieht etwas im Bild, geht der Darsteller beispielsweiseein paar Schritte, müssen hier auch die Trittgeräusche neu angelegtwerden. Je mehr passiert, desto mehr Aktionen müssen auch akustischuntermalt werden. Selbst kleinste Bewegungen erzeugen Geräusche undmüssen berücksichtigt werden, selbst wenn es nur ein Rascheln derKleidung ist. Diese müssen letztlich mittels Einsatz künstlicherHalleffekte dem Schauplatz angepasst werden. Da man davon ausgehen kann,dass sich ein Sprecher bei nachzuvertonenden Szenen nicht im selbenRaum wie beim Dreh befindet, gilt dasselbe auch für die Stimme.
Stehtbei einem Film fest, dass er auch in einer synchronisierten Fassunggezeigt werden soll, muss man die Tonspur nach der Kinomischung soaufbereiten, dass gesprochene Passagen komplett vom O-Ton bereinigtwerden können. Atmos und Sounds werden neu angelegt, der übrigenTonspur angepasst und gemischt. Eine solche Version, genanntMusic&Effects (M&E), wird nun an die Verwerter weltweitgeschickt. So wird gewährleistet, dass die Tonspur, mit Ausnahme derSprache, international identisch ist. Der jeweilige Verwerter wählt dannein Studio aus, das die Synchronisation durchführt. Da verschiedeneStudios teils auf unterschiedliche Sprecherpools zurückgreifen, istdiese Auswahl oft entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg einesFilms. Kann ein Sprecher Emotionen und Eigenheiten des Darstellers nichtentsprechend vermitteln, hilft auch die beste Übersetzung nicht dabei,sich in den Charakter hineinzufühlen.