Im Gespräch mit Jörg-Peter Jost (DTVP)
Spätestens zum 30. April 2012 soll die analoge TV-Verbreitung via Satellit eingestellt werden. Bis dahin bleibt nicht viel Zeit, um die Interessen der einzelnen Marktteilnehmer für einen gelungenen Umstieg zu bündeln. Diese Aufgabe hat Jörg-Peter Jost von der Deutschen TV-Plattform übernommen. Wir sprachen mit dem Leiter der Arbeitsgruppe Digitalisierung über die geplante Roadmap.
Herr Jost, Sie leiteten zuvordie Arbeitsgruppe DVB-T, deren Tätigkeit mit der Volldigitalisierung derTerrestrik abgeschlossen wurde. Sie wissen also, wie einÜbertragungsweg ins digitale Zeitalter geführt wird. In der AGDigitalisierung ist aber sicherlich mehr gefordert. Worum geht es indieser Arbeitsgruppe?
Die AG haben wir im April 2009 nach ausführlicherBeratung im Vorstand gegründet, um in Deutschland den Umstellungsprozessvon Analog auf Digital weiterhin in ähnlich erfolgreicher Weise wie beiDVB-T zu begleiten und zu unterstützen. Während der Nutzungsgrad deranalogen Terrestrik zu Beginn der gebietsweisen Umstellungen auf diedigitale Verbreitung schon sehr gering war, sind nun – bei Satellit undKabel – viel mehr Haushalte betroffen; und das quasi auf einen Schlag.Am 30. April 2012 soll die analoge Satellitenverbreitung über Astraenden. Allein über diesen Weg sind heute noch mehr als vier MillionenHaushalte mit sieben bis acht Millionen Geräten betroffen. AlleZuschauer müssen sich rechtzeitig darauf einstellen können.
Im Mittelpunkt steht eine Roadmap für den Analog-Digital-Umstieg.Was soll mit ihr festgehalten werden?
Zunächst ist unsere Roadmap ein Arbeitsinstrument. Sie hilft uns,eine Struktur in den Umstellungsprozess zu bringen, indem die zulösenden Aufgaben in handhabbaren Paketen gebündelt und sinnvoll miteiner Zeitplanung kombiniert werden. Auch wenn es noch gut zwei Jahresind: Es gibt viel zu tun und die Zeit bis April 2012 ist knapp. DieRoadmap zeigt auf, was wann passieren soll und wie der Prozess insgesamtablaufen muss, um erfolgreich zu sein. Dabei beschränkt sich derFahrplan nicht nur auf den Umgang mit der Satellitendigitalisierung,sondern berücksichtigt in gleicher Weise die Verhältnisse im Kabel. Denndie meisten professionellen Kabelkopfstationen werden durch Signale derAstra-Satelliten gespeist – oft digital, in vielen Fällen jedoch auchnoch analog. So ist es immens wichtig, die durch die Kabelnetzbetreiberzuveranlassenden Schritte aufzuzeigen, damit alle analog empfangendenKabelkunden auch nach dem 30. April 2012 problemlos weiter fernsehenkönnen. Die Firmen und Verbände haben sich hier ausdrücklich zurFörderung der Digitalisierung bekannt, allerdings kann eine vollständigeDigitalisierung im Kabel bis dahin unmöglich geschafft werden.
Wer sitzt mit Ihnen am runden Tisch und beteiligt sich an derRoadmap?
Auf die Liste der Erstunterzeichner unserer Terms Of Reference –also der eigentlichen Aufgabenstellung – bin ich recht stolz. Zu denMitgliedern der Deutschen TV-Plattform haben sich Gäste gruppiert;unsere letzte Sitzung im Dezember hatte über 40 Teilnehmer. Da es ja umdie Digitalisierung aller noch analogen TV-Nutzungen geht, sind dieBetreiber von Satelliten (Astra und Eutelsat) als auch von Kabelnetzenmit den drei großen NE3-Betreibern und der Anga als Verband an Bord.Eine wichtige Rolle spielen die großen Programmanbieter, die sich jaunisono zu dem Datum im April 2012 bekannt haben. So können dieTeilnehmer aus den Landesmedienanstalten, Bund und Ländern, Handel undHandwerk und nicht zuletzt die Hersteller im direkten Dialog allesbesprechen und den Übergangsprozess mitgestalten.
Und Sie haben noch keine Post vom Bundeskartellamt bekommen?
(schmunzelt) Nein, das haben wir nicht und es ist auch aus meinerSicht nicht nötig. Denn wir treffen – auch im Sinne einerTechnikneutralität – keinerlei Marktabsprachen zu Gunsten oder zu Lastenanderer. Damit berücksichtigen wir das Interesse der Beteiligten, dasses bei diesem markanten Einschnitt in der Versorgung mit Fernseh- undRadiosignalen nicht zu wettbewerblichen Verzerrungen kommt. Aus meinerSicht tun wir gut daran, den wichtigen von den Landesmedienanstaltenvorgeschlagenen Weg konsequent weiter zu gehen, um Deutschland dievollständige Digitalisierung zu ermöglichen und zwar ohneGesetzesvorgabe. Allein aus dem europäischen Vergleich heraus müssen wirjetzt handeln. Der nun gefundene Weg funktioniert und es wird sehrviele Gewinner geben. Zugegeben: Es muss auch investiert werden.
Es fehlen also nur die Verbraucherschützer.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband VZBV saß seinerzeit bereitsim Forum Digitale Medien (FDM) unter Führung des BMWi am Tisch. Wirkönnen in Absprache mit dem BMWi auf diese Arbeitsergebnisse aufbauenund so quasi nahtlos an diese wichtigen Vorarbeiten anschließen. Nochwertvoller wird unsere Arbeit in der AG Digitalisierung also ab diesemJahr, wenn voraussichtlich die verbrauchernahen Verbände und dieWohnungswirtschaft mit dazu kommen. Ich bin überzeugt, dass damit einesehr konstruktive Zusammenarbeit entsteht. Letztlich muss die Kampagnezielgerichtet und mit klaren Bestätigungen auch durch die genanntenVerbände die Zuschauer erreichen.
Legt damit das FDM die Verantwortung für die Digitalisierung desRundfunks in Ihre Hände?
Das zu behaupten, wäre möglicherweise ein wenig überzogen. Feststeht, dass wir nahtlos ansetzen und – jedenfalls bis jetzt – recht„konkurrenzlos“ arbeiten. Die Roadmap wird also nicht nur den Weg hinzur Abschaltung der analogen Sat-Verbreitung weisen, sondern sich auchauf den Umstieg im Kabel beziehen.