Microsoft Co-Gründer Bill Gates, Teil 4
HD-DVD – Microsofts Eintritt ins Wohnzimmer
Ein Unglück kommt selten …
Microsofts größter Fehler im Kampf um Marktanteile war die Ignorierung des zweiten Trends: die Internetsuchmaschine. Das 1998 noch unbekannte Google stieg innerhalb von wenigen Jahren zum größten Microsoft- Konkurrenten auf, auch wenn die Suchmaschine bislang kein Betriebssystem ersetzen kann. Der Weg dorthin ist aber keine Utopie. So besitzt Google eines der größten Rechnernetzwerke der Welt und wäre durchaus imstande, eine kostenlose Plattform für Office, Mail und Shopping anzubieten. Das kostenlose Betriebssystem Linux könnte hierbei das Bindeglied zwischen dem Hauscomputer und einer entsprechenden Plattform darstellen. Microsoft kann diesem Treiben bislang nur tatenlos zusehen, denn die neue Suchmaschine „live“ ist bislang nur Zierde. Wann Microsoft eine ebenbürtige Suchmaschine anbieten kann, steht damit noch in den Sternen und Bill Gates selbst spricht von einer Entscheidung in frühestens fünf Jahren. Inzwischen weiß niemand so gut über die Gepflogenheiten der Nutzer Bescheid wie Google: Wer sucht was, wer kauft was, Google kennt die Interessen seiner Nutzer und ist so für alle Werbekunden eine gelungene Plattform, um Produkte zielgerichtet zu vermarkten. So verwundert der schnelle Aufstieg innerhalb von sieben Jahren kaum: Die Suchmaschine und ihre Gründer überholten Coca Cola und IBM im Marktwert und nehmen nun Microsoft ins Visier. Der Schulterschluss mit Microsoft-Erzfeind Sun Microsystems stellt einen weiteren Meilenstein des Google-Aufstiegs dar. Durch neue Softwarepakete wie E-Mail, Google Talk, Internet- Telefonie und eigener Office-Software, wildert Google hemmungslos in den Gefilden von Microsoft und versetzt dem Riesen kleine Nadelstiche, die in ihrer Vielzahl klaffende Wunden hinterlassen können, von denen sich selbst Microsoft nur schwer erholt. Dem nicht genug verlor Microsoft den Chefentwickler Dr. Kai-Fu Lee an Google, der für die Entwicklung und Einführung verschiedener Suchtechnologien verantwortlich war. Alles andere als ein Wettstreit zwischen Monopolisten sind die Zensuren des Internets in China. Neben Amnesty International klagten weitere Menschenrechtsvertretungen über den wirtschaftlichen Missbrauch von Cisco, Google, Microsoft, Nortel, Sun und Yahoo. So hätten sich die Firmen aus geschäftlichen Beziehungen dem Druck der chinesischen Behörden gebeugt und regierungskritische Einträge gesperrt oder die Verfasser kritischer Texte veröffentlicht. Die betroffenen Firmen wiesen jedoch jede Schuld von sich und verwiesen auf die im Lande geltenden Gesetze, denen Folge geleistet werden müsse.
Langer Atem
Mit dem neuen MP3-Player Zune, welcher zusammen mit Toshiba entwickelt wurde, und der Internetsuchmaschine „live“ versucht Microsoft, verlorenen Boden wieder gutzumachen. Die Xbox, welche den Internetgedanken in die Videospielwelt transferierte, markiert den Beginn von Microsofts Streben aus dem Softwaremarkt auszubrechen und eigene Produkte zu entwickeln.
Die HD-DVD im Heimkinobereich sollte Microsofts Eintrittskarte in das Wohnzimmer sein, verlor allerdings den Machtkampf gegen die technisch überlegene Blu-ray. Auf dem Heimkinomarkt hat sich das Blu-ray-Format durchgesetzt, Apples iPod dominiert den mobilen Musikmarkt, Google ist die Suchmaschine schlechthin und eine mobile Variante der Xbox 360 ist nicht in Sicht. Somit kämpft Bill Gates gegen die Welt, aber sollte sein Schachzug dennoch gelingen, steht Microsoft allein auf weiter Flur und würde das Internet, den Computer, die Kinder- und Wohnzimmer sowie die Musikszene dominieren – eine Vorstellung, die selbst dem Firmengründer einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen dürfte.
Visionär Gates
Im höheren Alter geht der Firmengründer nur noch selten auf direkten Konfrontationskurs und gibt sich in der Öffentlichkeit höchst diplomatisch und vorausschauend. So gingen laut Gates die bisherigen Bestrebungen im Internet dahin, dass möglichst viele Informationen für ein weites Themenfeld abrufbar sind. Der nächste Schritt muss nun in der Vereinfachung des Findens dieser Nachrichten bestehen, denn die Suche nach Informationen ist zeit- und kostenaufwändig. Der Informationsüberfluss ist eines der größten Probleme unserer Zeit. Täglich erreichen einen Angestellten zehnmal mehr E-Mails als noch vor rund zehn Jahren.
Das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, ist dabei der Hauptschwerpunkt aller Anstrengungen. Die Software der Zukunft sollte deshalb intelligent handeln, sodass sie einen Mitarbeiter beim Erfüllen einer zeitbeschränkten Aufgabe vor allen unnötigen Anrufen und E-Mails bewahrt und so sicher stellt, dass Sie oder Er sich einzig auf die Aufgabe konzentrieren kann. Weiterhin müssen die bereits bestehenden Informationen für alle leicht ersichtlich und verständlich aufbereitet werden, damit nicht jeder Nachkomme das Rad neu erfinden muss, sondern auf dem aufbauen kann, was bereits geschaffen wurde. So steht die Information, wie man einen Computer bedient oder ins Internet gelangt, in jeder Beschreibung. Doch obwohl die meisten von uns diese Informationen nachlesen können, verstehen es nicht alle. Das Wissen, wie man einen Computer bedient, braucht also mehr als eine einfache Auffindung des Handbuchs. Die Frage der Erreichbarkeit spielt eine ebenso große Rolle.
Eine Studie besagt, dass Sie mit rund 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen Arbeitskollegen nicht telefonisch erreichen, sondern lediglich den Anrufbeantworter. Eine weitere Studie errechnete, dass ein Viertel der Mitarbeiter rund drei Tage im Jahr damit zubringt, andere zu erreichen. Wenn der Glücksfall eintritt, jemanden sofort am Telefon zu haben, so ist dies noch lange keine Garantie, dass dieser Zeit für ein Gespräch hat. Mehrere Telefonnummern, Passwörter, Zugänge und E-Mail-Adressen sorgen weiterhin für unvermeidliches Chaos, denn neben den Arbeitsadressen besitzen viele noch private.
In Zukunft wird es eine universelle Anlaufstelle geben und Sie können mit einfachen Handgriffen alle Arbeitsabläufe schneller strukturieren. Die Informationen befinden sich nicht mehr länger auf der Festplatte, sondern sind übergangslos im Internet vertreten. Sie werden nicht mehr zwischen der Oberfläche ihres Computers und dem Internet unterscheiden können. Noch sind Computer trotz aller Beliebtheit weniger zugänglich als Fernseher, Handys oder Autos. Dennoch werden sie diesen Rückstand aufholen, durch grafisch simple Benutzerführungen und immer kleiner werdende Elektronik, die den Platz für andere Ideen schafft. Viele von Gates Ideen sind sogar bereits Realität, nur wurden sie nicht von Microsoft, sondern vorrangig durch Konkurrenten wie Apple und Google verwirklicht.
Für eine bessere Welt
Der Reichtum Bill Gates kommt auch den Benachteiligten der so genannten Dritten Welt zu Gute. Nachdem Warren Buffet, der zweitreichste Mann der Welt, der Bill & Melinda Gates Stiftung den Großteil seines Vermögens gespendet hat, ist die Einrichtung die einflussreichste der Welt. Die Bill & Melinda Gates Stiftung orientiert sich an jenen Idealen, die auch Microsoft auszeichnen: Anstatt, dass andere die Arbeit ungenügend ausüben, vollende sie am besten selbst. Kritiker fürchten nun, dass Gates nicht nur mit Microsoft den Software-Markt dominiert, sondern auch auf dem Bereich der Bildung, Gesundheit und Entwicklungshilfe eine Art Monopol anstreben könnte. Die Gelder aus der Stiftung übersteigen bereits die Mittel für Hilfsprojekte aus anderen Quellen wie den internationalen Organisationen.
Mit der Macht der Milliarden könnte die Stiftung auch in gesellschaftliche Strukturen eingreifen und so den Werdegang ganzer Entwicklungsländer beeinflussen. Das schließt die Förderung von Schulen, Universitäten und Bibliotheken oder deren Ausstattung mit Computern ein. Geld wird auch für Katastrophenhilfe und die Forschung für genetisch veränderte Lebensmittel ausgegeben. Gates und die Stiftung halten ebenfalls Aktien an Pharma-Konzernen inne und arbeiten mit anderen Geldgebern wie der Hearst Corp., der General Electric Capital Corp sowie mit Banken zusammen.
So bleiben selbst die humanitären Zwecke nicht frei von spekulativen Gedanken und Bill Gates steht auch außerhalb seines selbst errichteten Lebenswerkes Microsoft in der Schusslinie der Kritiker. Ob man Microsoft hasst oder liebt, ist eine Frage der persönlichen Einstellung. Was würden wir tun, um unsere Ideen durchzusetzen? Wie weit würden wir gehen, damit wir innerhalb der Marktwirtschaft die besten Produkte abliefern und weltweit etwas bewegen könnten? Am Ende dieser Fragen steht meist das Schlagwort Fortschritt und damit Bill Gates selbst. Eines ist jedoch gewiss: Wer Microsoft verstehen lernt, der versteht den Lauf der Welt.
(Christian Trozinski)