Mehr als nur D/A-Wandler

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Die Reanalogisierung

Wenn es nach einigen Sendern geht, wird die Reanalogisierung weit mehr sein, als in der Kabelkopfstelle einige Digital-Analog-Wandler einzusetzen. Aus Sicht der Programmanbieter gilt es zu klären, ob die Reanalogisierung nicht etwa ein Eingriff in die Signalhoheit der Sendeunternehmen darstellt.

Ausgangspunkt könnte der Urteilsspruch des Oberlandesgerichts Dresden aus dem Jahr 2002 im Verfahren zwischen der Pro Sieben Sat 1 Media AG und der Primacom AG sein. Die Richter des OLG untersagten der Primacom die rein digitale Verbreitung von Pro Sieben, ohne dass ein Einspeisevertrag mit dem Sendeunternehmen bestand. Die Privaten erhielten somit einen Hebel, um ihr Geschäftsmodell der Grundverschlüsselung im Kabel einzuführen.

Kabelweitersendung

Pro Sieben Sat 1 hat sich durch das Urteil mit dem Ansinnen durchgesetzt, dass die Digitalisierung eine veränderte Kabelweitersendung ist, weshalb zwischen dem Sendeunternehmen und dem Kabelnetzbetreiber ein Vertrag über die Einspeisung getroffen werden muss. Nun stellt sich die Frage, ob nicht auch umgekehrt eine veränderte Kabelweitersendung vorliegt, wenn ein digitales Signal analogisiert wird.
 
Die Frage beantwortet Pro Sieben Sat 1 mit einem klaren Ja. „Entsprechend befinden wir uns derzeit hinsichtlich der Ausgestaltung einer Reanalogisierung mit den betroffenen Kabelnetzbetreibern bzw. -verbänden in Gesprächen“, erklärt Klaus Steffens, Leiter Technik Distribution beim Senderverbund.

Verhandlungstaktik

Wesentlich unkomplizierter sieht das hingegen RTL. „Wenn Kabelnetzbetreiber das digitale Satellitensignal zur analogen Kabelweitersendung nutzen möchten, gestatten wir dies“, antwortet eine Sprecherin der Sendergruppe auf DI-Anfrage.
 
Einen Eingriff in die Signalhoheit scheinen die Kölner hier ebenso wenig zu sehen wie die ARD. „Die Frage, ob eine Reanalogisierung in die Signalhoheit eingreift, hat sich die ARD bislang nicht gestellt“, so Pressesprecher Harald Dietz gegenüber DIGITAL INSIDER.
 
Doch was nicht ist, kann ja noch werden. Zumindest das ZDF nutzt den vermeintlichen Eingriff in die Signalhoheit als strategisches Verhandlungsmoment. Die Deutsche Netzmarketing GmbH (DNMG) erwartete eigentlich eine Übernahme der Kosten der Reanalogisierung durch das ZDF.
 
„Aber es kam zur genau entgegengesetzten, geradezu aberwitzigen Aussage: eine Kostenübernahme wurde ausgeschlossen“, erklärt DNMG-Geschäftsführer Ingo Schuchert (lesen Sie hierzu auch den Beitrag auf Seite 12). Das ZDF stellte laut Schuchert grundsätzlich infrage, ob man einem mittelständischen Netzbetreiber eine Reanalogisierung überhaupt erlauben werde.
 
Am Mainzer Lerchenberg sieht man die Sache hingegen ganz anders. „Für die Frage des umgekehrten Vorgangs der Reanalogisierung des digitalen Sendesignals haben Überlegungen dieser Art bislang keine Rolle gespielt“, erklärt ZDF-Justiziar Carl-Eugen Eberle auf DI-Anfrage. Das letzte Wort in Sachen Reanalogisierung scheint noch nicht gesprochen.
(Marc Hankmann)

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