Kurze Geschichte der Videografie

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Kurze Geschichte der Videografie, Teil 2

Eine neue Ära

Im Jahr 1971 war es wiederum die Firma Sony, die jene Evolution vorantrieb, welche Jahre später in den uns bekannten Camcorder münden sollte: Mit „U-Matic“ hoben die Japaner das erste Videokassettensystem aus der Taufe, das endlich die bis dahin üblichen, jedoch äußerst umständlichen Bandspulen ablösen sollte.
 
Natürlich waren die ersten Videokassetten mit 3/4 Zoll noch sehr viel größer als das spätere VHS-Format – entsprechende Aufnahme- und Abspielgeräte können kaum als portabel bezeichnet werden –, jedoch machte die Industrie mit „U-Matic“ einen großen Schritt in Sachen Bedienbarkeit und Handlichkeit bei der Videoaufnahme. Das Rennen um die noch kompaktere Nachfolge des „U-Matic“-Formats und damit auch um einen endgültigen Homevideo-Standard sollte sich bis in die 1980er Jahre ziehen. Für den internationalen Camcorder-Bereich interessant waren jedoch vor allem die konkurrierenden Systeme von Sony und JVC.
 
Sonys Kassettenstandard Betamax kam kurze Zeit vor JVCs 1976 vorgestelltem VHS-Standard auf den Markt, doch zeigten beide Formate ganz ähnliche Eigenschaften bezüglich Qualität und Laufzeit. Für die portable Videoaufzeichnung änderte sich in dieser Zeit eigentlich nur, dass die neueren Systeme (VHS/Betamax) kleiner und leichter waren und dass sie in Farbe aufzeichnen konnten.
 
Die Zweiteilung in Kamera und Rekorder bestand noch einige Zeit weiter, bis 1982 Sony und JVC beiderseits und fast gleichzeitig eine „camera recorder combination“ ankündigten – den Camcorder, wie wir ihn kennen. Während sich die großen Hersteller – primär Sony, JVC und Panasonic – in jener Zeit auf die Zusammenarbeit zur Entwicklung eines gemeinsamen Kassettenstandards auf 8-Millimeter-Basis einigten, brachten 1983 Sony und ein knappes Jahr später auch JVC ihren jeweils ersten Camcorder auf den Verbrauchermarkt.
 
Doch während Sonys „Betamovie Beta“ noch große Videokassetten nach Betamax-Standard verwendete und mit einem simplen technischen Aufbau daherkam, steckte in JVCs „GR-C1“ schon die speziell für diesen Zweck entwickelte kleine VHS-C-Kassette, die sich per Adapter problemlos in jedem VHS-Videorekorder abspielen ließ. Vor allem aber aufgrund ihrer fortschrittlichen Technologie (elektronischer Sucher, Playback-Steuerung etc.) wurde JVCs „GR-C1“ weltweit zu einem Riesenerfolg.

Digitalisierung

Nur ein Jahr später, nämlich 1985, überraschte Sony die Weltöffentlichkeit mit dem ersten Camcorder, der auf 8-Millimeter-Band (Video 8) aufzeichnete und zudem einen digitalen CCD-Sensor statt einer analogen Röhre zur Bildwandlung nutzte. Der technologische Sprung bedeutete vor allem eine gesteigerte Videoqualität sowie eine mögliche Verkleinerung der Camcorder-Optiken.
 
Nur kurze Zeit nach der „CCD-V8“ folgte das Modell „CCD-V8AF“, das, wie der Name bereits andeutet, zusätzlich über einen Autofokus verfügte. Ab diesem Zeitpunkt trat die digitale Bildwandlung per CCD-Chip ihren stetigen Siegeszug an, wobei natürlich letztlich immer noch analoges Video auf den VHSC- und Video-8-Bändern landete. Bis zur vollständig digitalen Aufzeichnung sollten noch viele Jahre vergehen.
 
Ende der 1980er Jahre konnte die Video-qualität analoger Camcorder dank der neuen Formate S-VHS und vor allem Hi8 nochmals gesteigert werden, indem Farbe und Helligkeit nun getrennt aufgezeichnet und die Aufl ösung von 250 auf 400 Linien erhöht wurde. Auch die Tonqualität der Aufnahmen verbesserte sich zu dieser Zeit kontinuierlich.

Digitalisierung

Im Jahr 1992 war es schließlich die Firma Sharp, die mit ihrer „LCD Viewcam“ das letzte wichtige Ausstattungsmerkmal heutiger Camcorder beisteuerte, nämlich den farbigen LCD-Monitor. Der ließ sich im Gegensatz zu einem modernen Kamera-Display noch nicht ausklappen oder drehen, brachte jedoch gegenüber dem klassischen Sucher eine völlig neue Freiheit beim Filmen mit sich.
 
Als letzter wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Camcorders gilt schlussendlich die Einführung des vollständig digitalen DV-/Mini-DV-Standards Mitte der 1990er Jahre. Die digitale Videoaufzeichnung auf die ultrakompakten Kassetten verdrängte bis ins Jahr 2000 eigentlich alle anderen Verbraucherstandards, einschließlich des von Sony initiierten Digital8-Formats. Seitdem findet die Evolution vor allem in den Grenzen der digitalen Möglichkeiten statt und das bedeutet vor allem eine stetige Miniaturisierung der Technik, steigende Aufl ösungen und ein zunehmend besseres Handling der Camcorder.
 
Nach dem ersten DVD-RAM-Camcorder von Hitachi im Jahr 2000 folgten zügig Festplatte und Speicherstick als die Aufnahmemedien erster Wahl, während das digitale Mini-DV-Magnetband, dem Fortschritt trotzend, noch für lange Zeit seinen festen Platz in der Videoaufzeichnung einnahm. Dies nicht zuletzt dank des hochauflösenden HDDV-Standards. Doch mit dem Siegeszug von AVCHD als das HD-Format der Zukunft fällt nun auch die Kassette als letztes Urgestein der Videoaufzeichnung weg und in einem rein evolutionären Sinne ist das auch gut so.
 
Der heutige Camcorder ist bedienfreundlich und kompakt wie nie, dabei hochauflösend und äußerst leistungsfähig. Dass damit aber noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist, wird die Zukunft zeigen. Wie immer.
(Tim Luft)

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