Spiegellose Systemkameras
Lange Zeit war der Vorzug des Objektivwechsels den Spiegelreflexkameras vorbehalten. Doch seit etwas mehr als zwei Jahren laufen kompakte spiegellose Systemkameras den „Großen“ den Rang ab. FILMEN & FOTOGRAFIEREN gibt einen Überblick der aktuell verfügbaren Modelle und deren Besonderheiten.
Digitale Kompaktkameras haben die Alltagsfotografie in mehrfacher Hinsicht revolutioniert. Niemals zuvor war es so einfach, in jeder Alltagssituation eine Fotokamera aus der Tasche zu zücken, um einen Schnappschuss zu machen. Und das Beste: man kann vor Ort entscheiden, ob das Bild wert ist, behalten zu werden oder nicht. Der Vorschaumonitor erlaubt die sofortige Prüfung der Aufnahme. Kein Bild wird mehr vergeblich auf Fotopapier entwickelt oder – wie heute üblich – gedruckt. Außerdem sorgen ständig verbesserte Automatikfunktionen dafür, dass immer weniger Schnappschüsse misslingen. Doch eines konnten kompakte Digitalkameras bislang nicht bieten: Qualität, die höchsten Ansprüchen genügt.
Bessere Qualität für Amateure
Hochqualitative Fotos blieben lange den Spiegelreflexkameras vorbehalten. Erst die Four-Thirds-Kamera-Gattung brachte mehr Bildqualität in die Amateurklasse. Der Name rührt zwar vom Durchmesser der Objektivaufnahme her, doch ist in diesem einst von Olympus und Kodak entwickelten Standard auch eine spezielle Sensorgröße gefordert. Diese entspricht mit 21,633 Millimetern genau der Hälfte des ursprünglichen analogen Kleinbildformats, bedeutet aber für Digitalkameras einen qualitativen Sprung nach vorne.
Mit größerem Sensor entsteht nicht nur weniger Bildrauschen, er erlaubt ebenfalls lichtstärkere Objektive und mehr Schärfentiefe. Nachteil: Als kompakt konnte man die ersten Modelle nicht bezeichnen. Sie ähnelten im Formfaktor eher einer kleinen Spiegelreflexkamera. Später entwickelten Panasonic und Olympus den Standard zum Micro-Four-Thirds-System weiter. Es kann als direkter Vorläufer der spiegellosen Systemkamera gelten. Auf der anderen Seite näherte sich das APS-C-Sensorformat noch mehr dem Kleinbildformat an – mit dem damit verbundenen Zuwachs an Bildqualität. Der Grundstock für kompakte Qualitätskameras war gelegt.
Kompromiss gefunden
Spiegellose Systemkameras sind der optimale Kompromiss zwischenkompakter Bauform und Bildqualität. Für ambitionierte Laien war diePräsentation der ersten spiegellosen Systemkamera so etwas wie einekleine Sensation. Erstmals konnten Bilder in einer ansehnlichen Qualitätgeschossen werden, ohne dass dabei eine klobige Spiegelreflexkamera mitgroßem Objektiv und schwerem Kamerabody herumgeschleppt werden musste.Und das Beste: Das Privileg, bei Bedarf auch auf ein anderes Objektivwechseln zu können, war bei den Kompakten nun ebenfalls gegeben.
Kein Wunder also, dass diese neuen Kameras schnell zur Gefahr für dieSpiegelreflexkameras wurden und sich ein neuer Begriff etablierte, dermit dem englischen Ausdruck für „böse“ spielt: EVIL – ElectronicViewfinder Interchangeable Lens. Übersetzt bedeutet das soviel wie:Kamera mit elektronischem Sucher und Wechselobjektiven. Dieser Begriffist in Deutschland weniger geläufig, doch umschreibt er die neuenModelle äußerst treffend.
Entsprechende Kameras bestehen eigentlich aus einem Kamerabody mitgroßem Vorschaumonitor und einem Objektivbajonett, das eine Vielzahlverschiedener Objektive aufnimmt. Das Konzept ist so erfolgreich, dasssich die Hersteller dieser Kameras steigender Absatzzahlen erfreuen undin gleichbleibendem Rhythmus neue Modelle auf den Markt bringen. Ausdiesem Grund wollen wir Ihnen auf den kommenden Seiten einen Überblickder aktuellen Modelle dieser noch recht frischen Gattung liefern.