Kameratechnik – Achtung, Nahaufnahme!, Teil 2
PAL-Standardauflösung
Kompression
Natürlich ist HDCAM ein Aufnahmeformat, das für Camcorder gedacht ist. Um die hohe Informationsdichte in sinnvoller Länge auf ein Bandmaterial zu bekommen, muss natürlich komprimiert werden. Das wird bei HDCAM zwei Mal gemacht (zuerst im Verhältnis zirka 2:1, dann noch einmal zirka 4:1). So kommt man auf eine Datenrate von 185 Mbit/s, die eine Aufnahme mit 1⁄2- Zoll-Kassetten der Betacam-Größe von bis zu 50 Minuten erlauben. Zum Vergleich: Panasonic DVC Pro-HD, 1 280 × 720 Zeilen, 16:9, 100 Mbit/s, maximale Aufzeichnung 46 Minuten.
Tiefenschärfe
Ein Problem bei 2/3-Zoll-Videokameras ist die hohe Tiefenschärfe (umso kleiner die Aufnahmefläche, desto größer die Tiefenschärfe). Dadurch verringert sich die Möglichkeit, mit Hilfe einer Schärfenebene Vorder- und Hintergrund besser voneinander zu trennen. Ein entscheidendes Mittel, aus dem zweidimensionalen Bild einen dreidimensionalen Bildeindruck zu schaffen, wird dem Kameramann beschnitten. Durch die höhere Auflösung gegenüber PAL ist jedoch der mögliche kleinste Unschärfekreis auf der Aufnahmefläche kleiner und damit auch die Tiefenschärfe erheblich geringer.
Sieht man demnach ein Bild auf einem PAL-Monitor, kann es hier noch knackig scharf aussehen, während es auf einem HD-Display schon unscharf und matschig wirkt. Hier ist jetzt der Kameraassistent gefragt. Er muss bei szenischen Dreharbeiten mit High Definition weitaus genauer beim Schärfeziehen arbeiten, als er es bei einer PAL-Produktion je tun würde.
Um die Tiefenschärfe auch an einer 2/3-Zoll-Kamera weiter zu minimieren, kann man sich verschiedener Adapter bedienen (z. B. der Adapter von P+S Technik), die mit Hilfe von z. B. 35-Millimeter-Filmobjektiven auf eine Mattscheibe ein Bild projizieren, das dann von der Kamera abgefilmt wird. Man erhält so genau den Schärfeeindruck, den man von Kinofilmaufnahmen kennt. Ich habe so mehrere Produktionen gedreht und bin von den Ergebnissen begeistert (z. B. das Clueso-Musikvideo „Kein Bock zu gehen“). Aber Vorsicht bei der Lichtplanung – die Adapter „schlucken“ fast alle Licht. Filmobjektivadapter gibt es auch für diverse DV-Kameras (Movietube, P+S Adapter).
Die Verarbeitung
Wird bei uns schon jetzt viel in HD gedreht, so wird das tolle Bild doch zum großen Teil nur in der PAL-Standardauflösung gesendet. Dabei wird das Originalmaterial einfach auf PAL downkonvertiert und dann normal weiter verarbeitet. Für viele Produzenten ist es aber keine Frage mehr – will ich meinen hochwertig und aufwendig hergestellten Film auch noch in drei Jahren ausstrahlen können oder international verkaufen, muss ich mit der sehr nahen Zukunft mitgehen und in High Definition drehen. Die Mehrkosten trägt dabei der Produzent. Doch die Preise fallen und in HD drehen wird mehr und mehr zum Alltäglichen.
(Patrick Popow)