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Manchmal geht dem Sat-Zuschauer wieder einmal der Gedanke durch den Kopf, dass Kabelkunden es ja eigentlich gut haben. Ein Kabel kommt aus der Wand, es ist einfach und bequem. Doch wenn es um modernes HDTV geht, werden Kunden vieler Kabelnetzprovider gnadenlos hingehalten.
Heiß her geht es unter Kabelkunden im Forum von DIGITAL FERNSEHEN, wenn es um die Einspeisung von HD-Programmen geht. Die Freiheit, wie man sie vom Satellitenempfang kennt, ist nicht gegeben, wenn man sich mit dem Angebot nicht zufriedengibt. Vor allem Kunden des größten Pay-TV-Anbieters Sky haben das Nachsehen.
Der Kabelnetzanbieter Unitymedia, der in Nordrhein-Westfalen und Hessen aktiv ist, speist momentan nur Sky Sport HD 1 ein. Von den übrigen elf HD-Sendern, die man momentan in den Sky-Paketen via Satellit empfängt, fehlt jede Spur.
Auch bei der Nummer eins ins Deutschland, Kabel Deutschland, die fast 10 Millionen Kunden versorgt, sieht es nur unwesentlich besser aus. Anstelle von zwölf HDTV-Programmen kommen zahlende Sky-Kunden nur maximal in den Genuss von sieben Programmen. Und diese gelangen auch nur dann auf den TV-Schirm, wenn man an einem ausgebauten Kabelnetz angeschlossen ist. Sonst ist nur ein Drittel der angebotenen HDTV-Programme zu sehen.
Noch trauriger sieht es aus, wenn es um das Trendthema 3D-Fernsehen geht. Sky bietet seinen Kunden den Eventkanal Sky 3D an, auf dem regelmäßig aktuelle 3D-Produktionen, seien es Spielfilme, Dokumentationen, Konzerte oder Sportübertragungen, zu sehen sind. Nur ein überregionaler Kabelanbieter, Kabel Baden-Württemberg, speist den Eventkanal Sky 3D ein. Und eben genau Kabel BW zeigt damit, dass es anders gehen kann. Eine enge Zusammenarbeit hat für den Kunden sehr positive Auswirkungen. Preiswerte Kombipakete machen den Einstieg in das Digitalfernsehen und das Pay-TV einfach. Und dennoch hat auch Kabel BW sein eigenes Premiumangebot an Pay-TV-Programmen und sagenhafte 30 HDTV-Programme im Netz. Hier wird wirklich noch im Dienste des Kunden gehandelt.
Die Ausnahme stellen kleine Kabelnetzanbieter dar, die teilweise das volle Sky-Programm – natürlich verschlüsselt – einspeisen. Sie sind deutlich flexibler in ihrer Signalverteilung und regional unterschiedlich verteilt. Bestes Beispiel sind hierfür die auf die Städte Köln und Leipzig beschränkten Kabelnetzanbieter Net Cologne bzw. An!.
Wechseln möglich?
Einfach den Kabelprovider zu wechseln, wie es beim Telefon- oder Stromanbieter heutzutage möglich ist, bleibt ausgeschlossen. Stattdessen ist Deutschland aufgeteilt wie ein Flickenteppich. In jedem Bundesland gibt es einen Kabelfernsehnetzanbieter, der die überwiegende Zahl der Kabelkunden betreut. Nur in wenigen Regionen sind auch mehrere Anbieter aktiv. Diese müssen jedoch ebenso wie die großen Kabelanbieter Verträge mit den Hauseigentümern abschließen, um das Haus versorgen zu können. Und da sind die Etablierten natürlich im Vorteil, da sie bei der Privatisierung der Kabelnetze von der Deutschen Post bereits aktiv waren.
Weit verbreitet ist in vielen Regionen zudem die „Zwangsverkabelung“. Der Mieter einer Wohnung zahlt die Kabelgebühren über die Mietnebenkosten. Das Anbringen einer Sat-Antenne wird daraufhin ausgeschlossen und der Benutzer muss mit dem Leben, was aus der Antennendose kommt, auch wenn es nur ein Bruchteil dessen ist, was in Deutschland überhaupt empfangbar ist.
Irrweg Internet und Telefon
Mit dem Fernsehangebot ist schon lange kein Geld mehr zu verdienen. Der sparsame Deutsche und die geringe Digitalisierungsrate stellen ein erhebliches Hindernis für das Digitalfernsehen dar. Denn nur mit dem Digitalfernsehen sind Pay-TV-Angebote im großen Umfang erst umsetzbar. In dieser Hinsicht, im Bereich des digitalen Fernsehens, macht uns Großbritannien etwas vor: Die Digitalisierungsquote beträgt dort nahezu einhundert Prozent und die Zahl der HDTV-Programme hat die 50 bisher weit hinter sich gelassen – so sieht ein spannendes TV-Programm aus.
Vollkommen illusorisch ist die Hoffnung, dass sich eine ähnliche Situation in Deutschland einstellen könnte. Dazu ist der Großteil der Bevölkerung einfach nicht auf das neue und moderne Fernsehen zu eichen. Immer wieder hört man Floskeln wie „Analog, das reicht mir doch!“, „Das war schon immer so!“ oder „Was, das kostet extra?“ in Gesprächen mit Aufrüstwilligen. Man bekommt das Gefühl, dass in der Dritten Welt der Digitalempfang weiter verbreitet ist als in Deutschland.
Einen großen Anteil am Hinterwäldlerleben der Deutschen haben die Kabelnetzanbieter. Sie wollen ihre Dienste verkaufen und haben sich der Grundverschlüsselung verschrieben. Die Dunkelziffer an Schwarzsehern ist wohl auch ein Grund dafür, dass etwa bei Kabel Deutschland geschätzte Millionenbeträge für die gesonderte Aufspeisung von Satellitenprogrammen für die stark fragmentierte Struktur von Kabelkopfstellen im ganzen Land aufgewendet werden. Die Zahl der Objekte dürfte in die Hunderte gehen. Natürlich könnten all diese auch unverschlüsselt über die übliche Sat-Zuführung 19,2 Grad Ost zugeführt werden, doch birgt diese ein unabschätzbares Risiko und hohe Kosten für die Wartung. Schließlich gibt man sich in die Hände von Dritten (TV- und Sat-Betreiber) und müsste bei Änderungen an alle Stationen Hand angelegt werden. Einfacher ist es hierbei mit einer zentralen Zuführung, wobei die Änderungen zentral im Playout-Center vorgenommen werden können.