Kabel hat die meisten „weißen Flecken“ in Europa

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Der Teufelskreis der Kabelnetzbetreiber

Mai 2005 – Die Digitalisierung des Rundfunks ist ein Prozess, der keineswegs gleichmäßig vonstattengeht. Während der terrestrische Empfang mit viel politischem Rückenwind quasi auf Knopfdruck digitalisiert wurde, präsentiert sich der Satellit als digitaler Vorreiter und damit als Pionier, wenn es um Innovationen geht: HDTV, (near) Video-on-Demand und sogar interaktive TV-Applikationen, sei es auf MHP- oder Open-TV-Basis, waren bzw. sind zunächst nur über Satellit empfangbar.

So fällt der Blick auf das Kabel, das mit der Digitalisierung im Spannungsfeld zwischen regulatorischen Vorgaben und ökonomischen Zwängen seine liebe Mühe hat. Damit sind wir in Deutschland allerdings nicht allein. Vergleicht man die Empfangsplattformen in Europa miteinander, wird deutlich, dass das Kabel in der digitalen Landschaft die meisten „weißen Flecken“ besitzt.
 
So bezeichnete Dorothea von Wichert- Nick, Mitgeschäftsführerin der Solon Management Consulting GmbH, auf der Veranstaltung „Fernsehen 2011: Alles digital – außer Kabel?“ der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) den Anteil des analogen Kabels. Wo liegt also der Hase im Pfeffer? Sender, Produkte, Komfort Laut Wichert-Nick empfangen 38 Prozent der deutschen TV-Haushalte analoges Kabelfernsehen. Mit einem Digitalisierungsgrad von 47 Prozent befindet sich Deutschland im Mittelfeld. Führend ist Großbritannien vor Frankreich, die Schlusslichter bilden Dänemark und die Schweiz.
 
Trotzdem sprach Wichert-Nick von einer zunehmenden Dynamik bei der Digitalisierung des Kabels, die nicht zuletzt durch das hochauflösende Fernsehen an Fahrt gewinnen werde. Fakt ist allerdings auch, dass der Grad der Digitalisierung im direkten Zusammenhang mit dem analogen Kabelangebot steht. Je größer dieses ist und je zufriedener die Kunden sind, desto geringer ist der Anteil an digitalen Anschlüssen. Das Argument einer größeren Programmauswahl zieht beim Zuschauer nicht, wenn ihm das analoge Angebot ausreicht, auch wenn Wichert-Nick zufolge die breitere Programmvielfalt das Hauptmerkmal für ein attraktives Digitalangebot ist.

Einfachste Technik

Neben Vielfalt zählen insbesondere HDTV und Produkte wie PVR-Geräte oder ein VoD-Angebot zu den attraktivsten Anreizen für einen Umstieg. Und genau hier knirscht es im Gebälk des deutschen Kabelnetzes. Das HDTV-Angebot ist mäßig, einzig Kabel BW bietet eine Handvoll HD-Sender an. Immerhin: Unitymedia und Kabel Deutschland führen derzeit einen PVR ein und erste VoD-Dienste soll es dieses Jahr auch noch geben. Doch der Kabelkunde ist einfachste Technik gewohnt und kennt im Gegensatz zum Sat-Benutzer keine Set-Top-Boxen und Smartcards, ganz zu schweigen davon, dass an jede Antennendose im Haus eine solche Box angeschlossen werden muss.
 
Wer ist schon bereit, dafür noch mal extra einen Kabelvertrag abzuschließen? Die Kabelnetzbetreiber kämpfen gegen ihr eigenes, gutes analoges TVProdukt. Ohnehin kommt für viele Vermieter mit dem Kabelnetzbetreiber ein völlig neuer Vertragspartner ins Haus, wenn die Kabelgebühren bislang über die Mietnebenkosten abgerechnet wurden. Die Kabelnetzbetreiber suchen den direkten Kundenkontakt. Lockangebote für den Empfang von Pay-TV, die nach Ablauf der Gratiszeit gekündigt werden müssen, erhöhen natürlich den Digitalisierungsgrad, tragen aber nicht gerade dazu bei, den Kabelnetzbetreiber bei seinen Kunden in ein positives Licht zu rücken.

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