John Carter, Teil 2
„John Carter“ als Ideenquelle für „Avatar“
Der Gesinnungswandel
Was nun folgt, ist die Erforschung einer komplett fremden Welt. Je weiter sich Carter in der Gesellschaft der Tharks etabliert, desto stärker wird er auch in eine kriegerische Auseinandersetzung gezogen, an der mehrere Völker beteiligt sind. Zodangan und Helium, beides humanoide Rassen, kämpfen um die Vormacht über den sterbenden Planeten. Eine politisch motivierte Heirat zwischen Dejah Thoris (Lynn Collins) und dem Prinzen Sab Than (Dominic West) soll die Lage entspannen und für anhaltenden Frieden sorgen. Doch Dejah möchte lieber die geheimnisvolle Macht erforschen, die den Zodangans den entscheidenden Kriegsvorteil geben könnte. Da kommt ihr der Superkrieger John Carter wie gerufen. Wird sie ihn ausnutzen und als Waffe für ihre Zwecke benutzen? Oder ist ihr Interesse an dem langhaarigen Erdling anderer Natur?
Ihre erste Begegnung wirkt ein bisschen so, als würde eine maskierte Leia aus „Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ von einem sprunghaften Luke Skywalker gerettet werden. Dieser wiederum muss mit einiger Verwunderung feststellen, dass die zarte Maid ebenfalls sehr gut mit dem Schwert umzugehen weiß. Ein paar coole Sprüche beiderseits lockern die Situation auf und die Action kann weitergehen. Vermutlich stellt sich die „Star Wars“-Assoziation wegen der fantastischen Actionregie sowie des epochalen Soundtracks des „Avatar“-Komponisten Michael Giacchino ein, der sich offensichtlich von George Lucas‘ berühmtem Science-Fiction-Märchen inspirieren ließ.
Aus Blau mach Grün
Apropos „Avatar“: Wer nun denkt, „John Carter“ sei aufgrund seiner ähnlichen Handlung eine Nachahmung von James Camerons Mega-Blockbuster, der irrt. In Wirklichkeit dienten die „John Carter“-Geschichten als Ideenquelle für „Avatar“ und natürlich begann die umfangreiche Produktion des Disney-Actioners noch lange bevor „Der Aufbruch nach Pandora“ überhaupt in die Kinos kam. Regisseur Andrew Stanton zitiert vielmehr aus anderen Science-Fiction-Klassikern wie etwa „Flash Gordon“, „Dune“ sowie „Star Wars“ und beweist damit, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat. Zu seinem Stil gehören des Weiteren intelligente bis innovative Schnitttechniken, die gekonnt mit der Erwartungshaltung der Zuschauer spielen. So enden z. B. Carters abenteuerliche Fluchtversuche aus dem Verhörraum der Armee so abrupt, dass aus der zuvor so bierernsten Szene eine Komödie wird. Die modernen Jump Cuts tragen aber auch zum angenehmen Erzähltempo des Films bei und lassen solch kunstvollen Entwicklungen wie Carters ersten Schritten auf dem Mars genügend Freiraum, um sich in voller Pracht zu entfalten. Stanton ist es nicht zuletzt zu verdanken, dass die Anti-Kriegs- sowie die Umweltbotschaft ganz unaufdringlich durch die ambivalenten Charaktere vermittelt wird – hauptsächlich natürlich durch den Protagonisten selbst.
John Carters Traumatisierung durch den Tod seiner Frau und seinen Kriegsdienst auf der Erde verleihen seinem Charakter nämlich nicht nur das Image des tragischen Helden, sondern motivieren zudem auch noch so gut wie alle seine Handlungen (Beschützen von Dejah Thoris, seine Abneigung gegen Autorität, etc.). Den Erdling dann auch noch in nur einem Film durch so gut wie alle Völker Barsooms zu führen, ohne dass es zu unübersichtlich wird, ist eine klare Meisterleistung. Mit der Rahmenhandlung auf der Erde erreicht das Gesamtwerk eine erzähltechnische Komplexität, die für Hollywoodfilme eigentlich unüblich ist. Auch dass es keinen klaren Bösewicht gibt, sondern nur verschiedene Interessengebiete, könnte den ein oder anderen Zuschauer überfordern. Genau jene Eigenschaft ist es aber auch, die den Film vom simplifizierenden Gut-gegen-Böse Schema wegrückt. Kurzum, „John Carter“ ist echte, anspruchsvolle Science-Fiction-Kost, die unterhält.