Japanimation, Teil 2
Verteidiger der Erde: Mechas und Co.
Jenseits der familienfreundlichen Unterhaltung gibt es selbstredend auch anderweitige Anime-Talente, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen. Eines der bekanntesten stammt sogar aus dem Hause Ghibli und zeichnete den gigantischen Titanen, der am Ende von „Nausicaä“ seinen großen Auftritt hat. „Neon Genesis Evangelion“ entsprang Mitte der 1990er Jahre der Feder von Hideaki Anno, der nach wie vor seine Vorliebe für Riesenroboter in seinen Zeichnungen auslebte. Aber halt, bei den EVAs handelt es sich ja eigentlich gar nicht um Mechas, wie die in Japan so beliebten Kampfroboter heißen.
Es sind engelsgleiche Wesen, die von auserwählten Kindern gesteuert werden. Mit ihrer Hilfe soll eine neue Weltordnung geschaffen werden. In 26 Episoden kämpfen die Kinder gegen andere eintreffende „Engel“ und versuchen, hinter den geheimnisvollen Plan ihres Auftraggebers, des Nerv-Konzerns, zu kommen. Inmitten von pubertären Gefühlen, Urängsten und freudschen Komplexen wird deutlich, worum es in der Serie wirklich geht. Die Optimierung der Menschheit beginnt in den Köpfen der Protagonisten. Der körperliche Kampf wandelt sich zur psychologischen Fallstudie der vom Gesellschaftsdruck überforderter Teenager.
Voller Anspielungen auf christliche Ursprünge samt Heilssymbolik verfolgt Annos Mammutwerk das Prinzip der geistigen Revolution, ähnlich wie die „weiche“ Science-Fiction-Literatur in den 1960er Jahren. Im japanischen Fernsehen entwickelte sich die Serie zu einem Phänomen sondergleichen und statuierte damit ein Exempel. Bisher war es nämlich absolut unüblich, einen Anime zu produzieren, den es noch nicht in Manga-Form – also auf Papier – gab. Musste für „Nausicaä“ damals noch extra ein Comic gezeichnet werden, bevor die Geldgeber grünes Licht für den Film gaben, konnten sich Anno und Co. durchsetzen und errangen damit bedingungslosen Erfolg.
Seitdem ist nun über ein Jahrzehnt verstrichen. Eine neue Zuschauergeneration ist herangewachsen und stellt neue Ansprüche. Um das Phänomen wieder auferstehen zu lassen, läuft derzeit die Produktion von vier aufwendigen, komplett neu animierten Kinofilmen, die in leicht abgewandelter Form die komplette Handlung von „Evangelion“ erzählen. Bisher sind zwei davon final, Teil eins gibt es bereits auf Blu-ray, Teil zwei erschien am 17. September 2010.
