Zeit für Helden
Comic-Verfilmungen so weit das Auge reicht: Passend zur Titelstory des Blu-ray Magazins Ausgabe 6/2010 (Seiten 14 bis 21) haben wir die Blu-ray von „Iron Man 2“ auf Herz und Nieren getestet. Ob die Fortsetzung das grandiose Niveau des Originals erreicht und inwieweit uns die Technikabteilung überzeugen konnte, erfahren Sie hier.
Regisseur und Schauspieler Jon Favreau legte mit „Iron Man“ vor zwei Jahren wie aus dem Nichts eine der anerkanntermaßen besten Comicverfilmungen überhaupt vor. Die Erwartungen der Fans an „Iron Man 2“ waren danach riesengroß, doch die Voraussetzungen für ein überragendes Sequel schienen auch mehr als günstig: Mit Mickey Rourke als Whiplash war bald ein charismatischer neuer Gegenspieler gefunden – erste Teaser versprachen jede Menge Action und mit Scarlett Johansson als Black Widow zusätzlich aufregende Verstärkung für den ohnehin außergewöhnlichen Cast rund um Robert Downey Jr. und Gwyneth Paltrow.
Doch wie spinnt man die Geschichte um den narzisstischen Milliardär mit der Vorliebe für sündhaft teure und technisch ausgeklügelte High-Tech-Anzüge nun weiter? Teil eins endete mit dem Knalleffekt, dass Tony Stark vor aller Welt offen zugab, der Mann hinter der Maske von Iron Man zu sein. Inzwischen sieht er sich unter immensem Druck vonseiten der Regierung, die ihn dazu drängen will, die mächtigste und fortschrittlichste Waffentechnologie der Welt mit dem amerikanischen Militär zu teilen.
Die Lage wird schließlich richtig unangenehm, als sich herausstellt, dass auch seine Gegner mächtig aufgerüstet haben und mittlerweile über eine vergleichbare Anzugtechnik verfügen. Das erste Action-Highlight des Films kommt zu einem ganz ungünstigen Zeitpunkt, als Stark mehr und mehr unter dem negativen Einfluss seiner eigenen Erfindung leidet, da die Energiequelle, die seinem Anzug den nötigen Saft liefert, seinen Körper langsam aber sicher vergiftet. Das erste handfeste Duell des Films gegen den mit elektrischen Peitschen ausgestatteten Whiplash gewinnt er folglich auch nur mit größter Mühe.
Doch entgegen aller Erwartung ist nicht etwa Mickey Rourke der große Gegenspieler in „Iron Man 2“. Sein Ivan Vanko (alias Whiplash) ist lediglich Mittel zum Zweck und Erfüllungsgehilfe für die Großmannssucht von Justin Hammer, der mit seinem eigenen Waffen-Unternehmen händeringend nach Anschluss an die überlegene Technik von Stark Industries sucht. Sam Rockwell spielt diesen rücksichtslosen Kapitalisten, der für das große Geld nicht nur sprichwörtlich über Leichen geht, mit sichtlichem Spaß an der Sache und positioniert seine Figur so als durchaus ernst zu nehmendes Gegengewicht für einen abermals toll aufgelegten Robert Downey Jr.
„Iron Man 2“ spart nicht mit Ideen und Einfällen, die über den Horizont eines in sich geschlossenen und nach völlig eigenen Regeln funktionierenden Comic-Universums hinausgehen. Am deutlichsten werden die Themen Militär- und Kapitalismuskritik herausgearbeitet, doch auch der Sub-Plot um die Suche nach einer alternativen Energie für den Anzug lässt sich als dezenten Hinweis auf eine Menschheit lesen, die für den technologischen Fortschritt viel zu lange die negativen Auswirkungen auf die Natur in Kauf genommen hat, und nun in Form von Klimaerwärmung und Naturkatastrophen den Preis dafür zu zahlen hat. Die Wendung, dass Gwyneth Paltrows Pepper Potts zur Geschäftsführerin von Stark Industries aufsteigt und sich das Verhältnis von Chef und Angestellter im Vergleich zum ersten Teil quasi umdreht, bringt eine neue Dynamik in die launigen Dialoge der beiden – ob man diesen Twist nun als indirekte Kritik am allzu chauvinistischen Macho-Gehabe von Tony Stark verstehen will oder einfach als Auffrischung eines eingefahrenen Settings sieht, muss sicherlich jeder für sich entscheiden.
Bei aller erfreulichen inhaltlichen Qualität: Auch die Action kommt in Teil zwei wieder mal nicht zu kurz – mit einem 200-Millionen-Dollar-Budget lässt sich eben so einiges anstellen. Besonders die letzte halbe Stunde lässt einen kaum zur Ruhe kommen und gefällt mit abwechslungsreichen und tricktechnisch sehr guten Kämpfen zu Land, zu Wasser und natürlich in der Luft. Auch die knackigen Kampfsequenzen von Scarlett Johanssen als Black Widow (in einem atemberaubenden und hautengen schwarzen Anzug) sind ausgesprochen originell und beeindruckend durchchoreografiert.
Die Technik der Blu-ray trägt viel dazu bei, dass „Iron Man 2“ auf audiovisueller Ebene all seine Blockbuster-Qualitäten voll ausspielen kann. Die Bilder sind durchgängig scharf und detailreich, farblich nicht zu sehr nachbearbeitet, sodass ein eher realistischer als ein übertrieben comicähnlicher Look erzielt wird. Den makellosen, sehr technischen Gesamteindruck, ohne jeglichen Anflug von sichtbarem Korn, bezahlt man allerdings mit einem recht flachen, nicht besonders plastischen Bild, was sich auch in den zahlreichen Einstellungen mit dem neuen, sehr detaillierten Anzug von Iron Man kaum ändert.
Die Actionszenen bieten jede Menge Futter für die heimische Boxenanlage, mit krachenden Bässen und sehr guter Signalortung fühlt man sich bei den Kämpfen des Öfteren mittendrin, statt nur dabei. Besonders gut haben uns die markigen Motorengeräusche während des Rennens in Monaco (besonders im Tunnel-Abschnitt!) sowie der ausgedehnte Luftkampf auf der Stark-Expo gegen Ende des Films gefallen. Die Dialoge sind mit leichtem Hall unterlegt, was die Verständlichkeit etwas beeinträchtigt – besonders, wenn sich zwei Stimmen überschneiden, wird es hier ab und zu schwierig, alles problemlos zu verstehen.
Die Special Features bieten mit großem Making-of, verschiedenen Featurettes zu Figuren und Hintergründen des Films und zahlreichen entfallenen Szenen ein ausführliches Angebot. Im Audiokommentar von Jon Favreau erfährt man zudem alles Wissenswerte über den Dreh und die große Herausforderung, ein solches Mammutprojekt von einem Film zu stemmen. Passend zum rockigen Soundtrack gibt’s obendrauf das Musikvideo „Shoot To Thrill“ von AC/DC.
(Tiemo Weisenseel)