Clever inszenierte Spionage-Story
Wenn man sich ein wenig mit dem internationalen Presse-Echo der neuen Serie der „24“-Macher beschäftigt, dann wird man von frenetischen Lobeshymnen praktisch erschlagen. Mit der Blu-ray-Premiere der ersten Staffel können Sie sich nun selbst ein Bild vom tatsächlichen (Sucht-)Potenzial dieses extrem gehypten Titels machen.
Schon der beinahe eineinhalbminütige Vorspann von „Homeland“ macht klar, dass man es hier keinesfalls mit einer TV-Produktion von der Stange zu tun bekommt. In einer kunstvollen Collage aus unzähligen Archivaufnahmen und Zeitungsberichten zum „Krieg gegen den Terror“ sowie markanten Zitaten und Ausschnitten aus der eigentlichen Serie, wird ein stimmungsvoller Grundteppich gelegt für eines der aufsehenerregendsten Eigengewächse, die das US-Fernsehen in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Wobei sich das Team um Howard Gordon, Alex Gansa und Chip Johannessen (die allesamt jahrelang ihre kreativen Köpfe für die actionreichen Abenteuer von Kiefer Sutherland in „24“ eingebracht haben) die Blumen zumindest teilweise mit einigen ausländischen Kollegen teilen muss, denn die inhaltliche Vorlage für „Homeland“ ist die israelische Produktion „Prisoners Of War“, die bei uns unter dem Titel „Hatufim – In der Hand des Feindes“ kürzlich erfolgreich auf Arte lief.
Der Feind in meinem Bett
Und darum geht’s: Ein seit Jahren in irakischer Kriegsgefangenschaft befindlicher Marine wird bei einer spektakulären Befreiungsaktion des US-Militärs gerettet und kehrt als Kriegsheld in die Vereinigten Staaten zurück. überall wird er gefeiert, doch eine fanatische Anti-Terror-Spezialistin des CIA hegt große Zweifel an seiner Integrität: Haben wir es hier etwa mit einem gefährlichen „Schläfer“ zu tun, der während seiner achtjährigen Leidenszeit komplett „umgedreht“ wurde und die Heimat nun von innen heraus unterwandern soll? Die Grundidee ist denkbar einfach – doch was die Macher von „Homeland“ aus diesem im Prinzip simplen „Katz-und-Maus-Spiel“ gemacht haben, fesselt mittlerweile Millionen von Menschen weltweit an die Bildschirme.
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang natürlich die brillante Schauspielleistung von Damian Lewis. Die extreme Zerrissenheit seines Charakters Nicholas Brody – der stundenlang in seiner Wohnung kauernd in einer Ecke sitzt, nur um kurz darauf als strahlender Soldat vor die versammelte Presse zu treten – bringt er in einer beeindruckenden Bandbreite auf den Bildschirm. Vom liebenden und verständnisvollen Vater zum schwer von Gefangenschaft und Kriegstrauma gezeichneten Mann (der, aufgewacht aus schweren Alpträumen, nicht einmal seine eigene Frau wiedererkennt) wechselt er überzeugend und ohne Mühe.
Vom Kino-Sternchen zum TV-Star
Claire Danes begeistert ebenso, als absolut von ihrem Beruf besessene und erschreckend resolute CIA-Spezialistin Carrie Mathison. Völlig skrupel- und rücksichtslos biegt und bricht sie die Grenzen des Gesetztes ganz nach ihrem Gutdünken, um ihre Ziele auf jeden Fall zu erreichen. Die Katastrophe des 11. September sieht sie nicht nur als – nach wie vor unglaublichen – Angriff auf Amerika und seine Bürger an, sondern auch als ganz persönlichen Affront gegen ihre Fähigkeiten als Geheimdienst-Analystin und Spezialistin in der Terrorabwehr. Sie hat sich geschworen, dass so etwas unter ihrer Ägide niemals wieder geschehen wird und geht ob dieser Prämisse nicht nur sprichwörtlich über Leichen.
Was ihre vielschichtige und mehr als ambivalente Figur weiter aufwertet, ist die angespannte, komplexe und hochinteressante Beziehung zu ihrem CIA-Mentor Saul Berenson (Mandy Patinkin, bekannt aus „Criminal Minds“) sowie eine anfangs lediglich in vagen Zügen angedeutete mentale Krankheit, die sie nur mittels starker (illegaler) medikamentöser Behandlung unter Kontrolle halten kann. Ohnehin wird der familiäre und persönliche Background aller Hauptfiguren mit jeder weiteren Folge derart akribisch und geschickt ausgearbeitet, dass man ihre Motive und Beweggründe (und somit den durchaus komplexen Verlauf der Handlung) jederzeit bestens nachvollziehen kann.