Harte Männer, harte Filme: Western auf Blu-ray, Teil 3
Spiel mir das Lied vom Tod
Das unumstrittene Highlight aus der Flut von Klassikern, die derzeit zum ersten Mal auf Bluray veröffentlicht werden, ist natürlich Sergio Leones Opus magnum „Spiel mir das Lied vom Tod“ aus dem Jahre 1968. Wie kaum ein anderer Film (einzige Ausnahme vielleicht noch „Zwei glorreiche Halunken“, ebenfalls von Leone) formte und zementierte dieses fast dreistündige Mammutwerk das Bild eines ganzen Genres und wurde zum Inbegriff des berühmt-berüchtigten Italo- oder Spaghetti-Western.
Diese fast ausschließlich in Italien und Spanien gedrehten Produktionen („Spiel mir das Lied vom Tod“ bildet eine Ausnahme, da Leone hierfür tatsächlich partiell in Nordamerika drehte) feierten in den 1960er und 1970er Jahren große Erfolge und brachten neben zahllosen auf das schnelle Geld ausgerichteten Vertretern auch essenzielle und bleibende Filme hervor.
Speziell Sergio Leone und sein treuer Weggefährte aus Kindertagen, Ennio Morricone, schufen mit revolutionären visuellen Ideen (Kontrastierung von extremen Close-ups der Darstellergesichter mit großzügigen Landschaftsaufnahmen), neuartiger inhaltlicher Brisanz (Abwendung von der „heilen Welt“ des Wilden Westens) und kongenialen Scores (Verlagerung des Schwerpunktes vom Orchester auf exotischere Soloinstrumente) fi lmhistorisch bedeutende Arbeiten, die auch losgelöst vom Westernkontext als dramatisch und künstlerisch vollwertige Kunstwerke Bestand haben.
Sternstunde der Filmgeschichte
Bestes Beispiel dafür ist die fantastische Eröffnungssequenz von „Spiel mir das Lied vom Tod“, die über eine Viertelstunde lang mit nur einer Handvoll Wörter auskommt und doch beredtes Zeugnis ist für die Qualitäten von „Once Upon A Time In The West“. (Die lange und ärgerliche Tradition, dass die deutschen Verleihtitel äußerst reißerisch daherkommen und kaum noch Ähnlichkeit mit der Aussage des Originals haben, lässt sich hier exemplarisch beobachten.)
Das quietschende Windrad, die erbarmungslos im Takt von der Decke herunterrinnenden Wassertropfen, die ausdauernden Studien der vom Leben gezeichneten Gesichter der Outlaws: Ganz gleich, wie oft man diese Szenen sieht, man kann sich ihrem Sog einfach nicht entziehen. Der Zuschauer verliert sich zunehmend in dieser geladenen, vor Spannung berstenden Atmosphäre, die irgendwann kaum noch zu ertragen ist… bis sich alles schließlich mit großer Vehemenz in einem heftigen Shootout entlädt.
Mit dieser epischen Exposition schlägt Leone einen im wahrsten Sinne des Wortes unerhörten Ton an, gestaltet eine Art theatralischen Western, den es in dieser stark stilisierten Form weder davor noch danach gegeben hat. Die minimalistischen Dialoge tun ihr Übriges – alles ist bis ins Extrem gesteigert und gedehnt. Bezeichnenderweise trägt der erste Part des großartigen dreiteiligen Making-ofs zum Film den Titel „Eine Oper der Gewalt“ – das trifft den Nagel auf den Kopf! Lange Rede, kurzer Sinn: „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist der Klassiker unter den Klassikern, der auch nach über 40 Jahren nichts von seiner visionären Kraft eingebüßt hat.