Edition: „Erde, Wasser, Luft, Eis“ und Schwerpunkt Indienl, Teil 3
„Nomaden der Lüfte“ und „Die Reise der Pinguine“
Die Kamera auf der Schulter, eine Atemmaske im Gesicht: Mitten im Meer filmt der Taucher einen aufgeregten Sardinenschwarm, der sich wie ein organischer Wirbelsturm dreht. Im nächsten Augenblick bricht ein Wal durch jenen Strudel, reißt sein Maul auf und verschlingt die Hälfte der Fische. Berauschende Ereignisse, nur wenige Zentimeter von der Linse entfernt. Solche Momente visualisieren den besonderen Anspruch von „Deep Blue“. Die Produzenten der Dokumentation unternahmen den Versuch, keine reine Reportage zu erstellen, sondern durch die Ereignisse auch Emotionen zu transportieren. Ziel war die Präsentation des Ozeans in seiner ganzen Vielfalt, vom Eis der Pole bis zu den dunklen Abgründen tiefer Gräben. Gemeinsam mit drei ähnlichen Projekten liegt der Film nun in der Box „Erde, Wasser, Luft, Eis“ auf Blu-ray Disc vor.
Luft: „Nomaden der Lüfte“
Im dritten Element zogen die Macher mit den Zugvögeln davon. „Nomaden der Lüfte“ zeigt die alljährliche Wanderschaft von Kranich, Gans und Co. Über Tausende von Kilometern hinweg begleiteten die Regisseure Jacques Perrin, Jacques Cluzaud und Michel Debats ihre tierischen Hauptdarsteller, wobei detaillierte Kamerasequenzen unter anderem durch Zuhilfenahme eines Ultraleichtflugzeugs entstanden. Aufgrund häufig vergleichbarer Szenenfolgen empfiehlt es sich, den Film in homöopathischen Dosen anzusehen, sonst drohen zumindest konzeptuell schnell Ermüdungserscheinungen. Aus großer Höhe überschauen die Zugvögel das Land und die Kamera folgt ihren Blicken. Schwaden am Rand der chinesischen Mauer,
Hier lohnt eine Leinwand bzw. der überdimensionale Flachbildfernseher. An Schärfe mangelt es den Bildern obendrein nicht: Von der Rückenzeichnung der Weißwangengänse bis zum Federkleid der Schneegans sind die visuellen Feinheiten durchgehend gut erkennbar. Der Himmel zeigt dagegen einen körnigen, milchigen Ansatz. Braun- und graustichige Passagen bestimmen den farblichen Rahmen.
Intensiv harmonische Klangstrukturen eines Symphonieorchesters sorgen für angepasste Klangfolgen. Unvermeidliche Nebengeräusche bei Schneetreiben oder stürmischen Winden reichern das Soundspektrum an. Die Abmischung ist durchschnittlich, im Bassbereich etwas zu kräftig. Fast überflüssig zu erwähnen: Gesprochen wird in „Nomaden der Lüfte“ selten. Warum insgesamt 14 Kameramänner, drei Regisseure und eine Crew an Helfern gebraucht wurden, verrät eine 52-minütige Hintergrundstory. Das schlichte, aber schöne Menü enthält darüber hinaus einige Statements der Filmemacher, einen Vogelalmanach sowie eine Featurette.
HD-Fans müssen allerdings ihre Ansprüche herunterschrauben, da bei den Extras nur SD-Qualität ansteht. Das BD-Live-Angebot enthält lediglich belanglose Nachrichten.
Eis: „Die Reise der Pinguine“
Abschließend steht eine Hochzeit an. „Die Reise der Pinguine“ führt durch das ewige Eis bis zu den Brutplätzen. Tausendfach verlassen sie den Ozean und bilden lange Karawanen. Von ihrem Beginn im März an filmte Regisseur Luc Jacquets die Wanderung der Kaiserpinguine. Dem wochenlangen Marsch durch das lebensfeindliche Gebiet (kein Wissenschaftler weiß bis heute, wonach die Tiere ihre Route bestimmen) folgt die bis Ende Mai andauernde Paarungszeit. Dann legt das Weibchen ein einziges Ei, das unbedingt überleben muss. Durchgehend spannend ist die dargebotene Mischung aus kleinen Pinguin-Anekdoten und kaum wechselnden Landschaften nicht, bisweilen fällt sie sogar langatmig aus. Die Kolonie aus Frackträgern ist aber dermaßen herzerwärmend, dass das Publikum daran keine Gedanken verschwendet.
Eine Besonderheit der Disc sind die zwei unterschiedlichen (gepresst klingenden) 7.1-Tonspuren. Zunächst ist da die originale Kinofassung, die den watschelnden Landgängern eine eigene Persönlichkeit verpasst, aber leider unglaublich theatralisch daherkommt („Wir haben uns Liebe geschworen, wir haben uns geliebt. In der wohligen Wärme unserer Bäuche kündigt sich neues Leben an“). Um diesen „Fehler“ zu korrigieren, durfte Schauspieler Sky du Mont der Dokumentation für die zweite Tonspur einen leicht rationaleren Unterton verpassen, der empfehlenswert ist. Die kitschige Orchesterbegleitung bleibt indes bestehen.
Reflektierende Eisfelder, schwierige Aufnahmebedingungen bei bis zu minus 40 Grad Celsius und Sturmböen machen dem Bild zu schaffen, sodass die Kontrastwerte deutlich schwanken. Permanenter Film-Grain ist sichtbar. Der Schwarzwert ist gleichfalls nicht perfekt. 46 Minuten Making-of, Fotogalerien sowie Interviews komplettieren diese Familienunterhaltung. Weitere Tonspuren mit isolierten Geräuschen oder den französischen Sprechern gibt’s gratis obendrauf.