Edition: „Erde, Wasser, Luft, Eis“ und Schwerpunkt Indien, Teil 2
„Deep Blue“ und „Mikrokosmos – Das Volk der Gräser“
Die Kamera auf der Schulter, eine Atemmaske im Gesicht: Mitten im Meer filmt der Taucher einen aufgeregten Sardinenschwarm, der sich wie ein organischer Wirbelsturm dreht. Im nächsten Augenblick bricht ein Wal durch jenen Strudel, reißt sein Maul auf und verschlingt die Hälfte der Fische. Berauschende Ereignisse, nur wenige Zentimeter von der Linse entfernt. Solche Momente visualisieren den besonderen Anspruch von „Deep Blue“. Die Produzenten der Dokumentation unternahmen den Versuch, keine reine Reportage zu erstellen, sondern durch die Ereignisse auch Emotionen zu transportieren. Ziel war die Präsentation des Ozeans in seiner ganzen Vielfalt, vom Eis der Pole bis zu den dunklen Abgründen tiefer Gräben. Gemeinsam mit drei ähnlichen Projekten liegt der Film nun in der Box „Erde, Wasser, Luft, Eis“ auf Blu-ray Disc vor.
Wasser: „Deep Blue“
Wie am Titel erkennbar ist, orientiert sich die Sammlung an unterschiedlichen Elementen, die den Hintergrund der Szenerien bilden. Das Thema Wasser wird durch das Naturepos „Deep Blue“ veranschaulicht. Im Fokus stehen die Bewohner des flüssigen Raums. Ohne handlungstechnischen Schwerpunkt reist das Filmteam mit Delfinen, sieht Schwertwalen auf der Jagd nach unerfahrenen Robben zu, streift Korallenriffe oder verfolgt leuchtendes Leben am Tiefseeboden. Die biologische Fülle der fluiden Welt scheint unermesslich. Das sensible ökologische Gleichgewicht offenbart außerdem seine schonungslosen Seiten: Ein Grauwalkalb verliert den Kampf gegen angreifende Schwertwale, giftige Nesseltiere zerstören die Körper ihrer Opfer. Eher zum Schmunzeln regt der tänzelnde Marsch einer Krebsarmee an.
Ohne viel Kommentierung gelingen anderthalb Stunden faszinierende Beobachtungen, immer untermalt von den Berliner Symphonikern, die den Klang beisteuern. Oft melodramatisch bis schwülstig, an anderen Stellen schwungvoll verspielt bereichert der klassische Sound die Bilder. Umgebende Geräusche passen sich fließend in das Gesamtkonzept ein und umspülen den Zuschauer regelrecht. Über Wasser zeigt die Scheibe leichtes Bildrauschen, das für ausgeprägte Außendrehs typisch ist. Unter der nassen Oberfläche sind die Szenen hingegen meist scharf und kontraststark. Ob farbenfrohe oder bizarre Landschaften, die Darstellung ist meisterhaft. Ein ausgeprägter Extrateil vervollständigt den rundum gelungenen Eindruck: knapp 50 Minuten Making-of (SD-Qualität), Interviews, Audiokommentar ausgewählter Aufnahmen und mehr.
Erde: „Mikrokosmos – Das Volk der Gräser“
Zurück an Land widmet sich der französische Doku-Klassiker „Mikrokosmos – Das Volk der Gräser“ winzigen Lebewesen. Das Regieduo Claude Nuridsany und Marie Pérennou betrachtete Insekten auf Augenhöhe. Sympathie wecken, wo sonst nur negative Gefühle sind, lautete ihr Credo. Hochgeschwindigkeitskameras sowie extreme Makroaufnahmen vermitteln unbekannte Einblicke in ein scheinbar fremdes Universum.
Die parallele Welt voller krabbelnder Gestalten bleibt ebenfalls ohne erklärende Off-Stimme, wieder sprechen die Bilder. Ein Regenschauer wird zum Bombardement, Bienen blicken durch Facettenaugen, Mistkäfer (Überfamilie: Scarabaeoidea) rollen ihre Kugeln – kleine Wunder, auf Zelluloid gebannt. Ein Höhepunkt: Die Wasserspinne, die mithilfe von Luftblasen im Fluss einen Kokon spinnt.
So faszinierend die inhaltlichen Ansichten sind, auf Blu-ray holt das Material nur durchschnittliche Werte. Diverse Sequenzen wackeln aufgrund des Aufnahmeaufbaus im Studio. Die schwierigen natürlichen Lichtverhältnisse beeinträchtigen die Szenen zusätzlich. Sand auf dem Boden gerät gelegentlich zum schwammigen Pixelchaos.
Besser fiel der DTS-HD-5.1-Ton aus. Zirpen, Flattern und Flügelschlagen dringt aus den Lautsprechern, teilweise ehrfürchtig leise, manchmal brachial laut. Klare orchestrale Sounds folgen allen dargestellten Themen. Lediglich die hohen Frequenzen bei Bewegungen sind gewöhnungsbedürftig. Zwei lange Interviews sowie ein kurzes Making-of bieten interessante Hintergründe dieser mit fünf Césars ausgezeichneten Produktion.