Vorreiter Österreich
Die letzten Monate wurden in Deutschland immer wieder Stimmen laut, die das Ende des digitalen Antennenfernsehens prophezeiten. Kein Wunder. Schließlich lassen sich die deutschen Sender ordentlich Zeit, DVB-T weiterzuentwickeln. Erst ab 2017 will man neusten Infos des ZDF zufolge DVB-T2 in Angriff nehmen. Dabei sind die Vorteile des weiterentwickelten terrestrischen Übertragungssystems sehr groß.
In 4 Jahren könnte der Zug bei uns tatsächlich abgefahren sein. Auch, weil die Digitale Dividende 2 ins Haus steht und für das digitale Fernsehen wertvolle Frequenzen unwiederbringlich stiehlt. Dass die Zukunft des digitalen Antennenfernsehens auch ganz anders aussehen kann, machen uns bereits Österreich und Kroatien vor. Sie zeigen, welche immensen Vorteile der Wechsel auf diese neue Übertragungstechnik mit sich bringt.
Status quo
In einem DVB-T-Multiplex finden derzeit vier Programme in Standardauflösung Platz. Ihre Bildqualität ist dabei etwas schlechter als vom Satellitenfernsehen gewohnt. Das alte DVB-T mit MPEG-2-Komprimierung bietet mit den verwendeten Übertragungsparametern zudem nur eine Gesamt-Nutzdatenrate von etwa 14 MBit/s. Zudem erfordern die auszustrahlenden Programme vergleichsweise hohe Datenraten um je 3 MBit/s für eine akzeptable Bildqualität. Was die Übertragung nicht gerade zu einem Schnäppchen macht. Darin liegt auch die Ursache, weshalb sich die deutschen Privatsender bei der DVB-T-Ausstrahlung auf Ballungsräume beschränken.
Österreich
Auch in Österreich gibt es zunächst einmal DVB-T alt. Allerdings ist bei unseren Nachbarn nur ein Sendernetz mit drei verschiedenen verschiedenen Programmen flächendeckend ausgebaut. Der zweite Multiplex mit fünf Programmen erreicht etwa 85% der Bevölkerung. Ein dritter Multiplex ist regional für Lokal-TV in Betrieb. Im April wurde zusätzlich zu DVB-T auf drei weiteren Sendernetzen mit DVB-T2 gestartet. Auch sie erreichen etwa 85% der Bevölkerung. Über sie wird unter dem Namen SimpliTV ein Paket mit derzeit 29 Programmen vermarktet. Davon werden 9 in HD ausgestrahlt.
SimpliTV versteht sich als kabelloses Kabelfernsehen. Vergleichbares gibt es neben der Schweiz unter anderem in Skandinavien und Südosteuropa. SimpliTV wird mit dem Modulationsverfahren 64QAM und einem Fehlerschutz (FEC) von 3/4 ausgestrahlt. Gemeinsam mit weiteren Übertragungsparametern ergibt sich so eine Gesamtnutzdatenrate von 31 MBit/s. Was mehr als das doppelte des heutigen deutschen DVB-T entspricht. Das Signal ist dennoch gleich leicht zu empfangen wie das alte DVB-T. Wie effizient DVB-T2 arbeitet, erkennt man auch an den benötigten Datenraten. Zur Übertragung eines SD-Programms werden gerade einmal 0,5 bis 1,5 MBit/s benötigt. Je nachdem, welche Bildinhalte gerade zu übertragen sind.
Schnelle Bewegungen, wie etwa bei Sportübertragungen benötigen höhere Datenraten, der ruhig im Studio stehende Nachrichtensprecher geringere. Man nennt das auch dynamische Komprimierung. Mit diesen 0,5 bis 1,5 MBit/s wird übrigens eine Bildqualität erreicht, die über jener des deutschen DVB-T liegt. HD-Kanäle belegen innerhalb von SimpliTV eine durchschnittliche Datenrate von rund 4,75 MBit/s. Im Vergleich mit über Astra empfangenen HD-Kanälen konnten wir keinen Unterschied in der Bildqualität feststellen.
Kroatien
Etwa zeitgleich mit Österreich ging auch in Kroatien ein Pay-TV-Service auf DVB-T2-Basis in Betrieb. evotv strahlt auf zwei Sendernetzen mit einer Modulation von 256QAM und einer FEC von 2/3 aus. Damit stehen rund 40 MBit/s an Nutzdatenrate zur Verfügung. Sie schaffen die Grundlage, um über beide Multiplexe insgesamt 40 TV- und vier Radioprogramme ausstrahlen zu können. Immerhin drei Fernsehprogramme werden in HD angeboten. Die kroatischen Kanäle werden insgesamt mit etwas geringeren Datenraten als in Österreich ausgestrahlt. Was sich aber nur geringfügig an der Bildqualität bemerkbar macht.
evotv hat bei der Zusammenstellung seiner beiden Multiplexe den Schwerpunkt auf eine möglichst hohe Nutzdatenrate gelegt. Sie wird erreicht, indem das Signal nur mit geringem Fehlerschutz ausgestattet wird. Damit wird der Empfang mit kleinen Antennen jedoch erschwert. Was bei einem Pay-TV verschmerzbar ist, da es ohnehin nicht für die mobile Nutzung gedacht ist. Weiter scheint evotv seine Sender nur mit geringer Leistung zu betreiben. Womit nur Ballungsräume versorgt werden. Was auch Sinn macht, zumal in dünn besiedelten ländlichen Regionen ohnehin nur wenige potentielle Kunden erreicht werden können.