DVB-H-Nachfolger am Start
Während die Landesmedienanstalten verkünden, einen neuen Anfang mit DVB-H zu wagen, eilt uns der Rest der Welt davon. Das DVB-Konsortium arbeitet bereits an einem Nachfolger des Standards für mobiles Fernsehen. Bis Ende Februar lief der „Call For Technologies“ des Konsortiums. Interessierte Unternehmen konnten ihre Vorstellungen davon einbringen, was der „Next Generation Handheld“-Standard (DVBNGH) leisten soll.
Damit reagiert das DVB-Konsortium auf die sich wandelnde Nutzung multimedialer Inhalte. Wurde DVB-H unter dem Gesichtspunkt entwickelt, linearen Rundfunk über mobile Endgeräte zu empfangen, werden heute über Handys und PDAs weitaus mehr Inhalte als Radio und Fernsehen genutzt. Der steigenden Bedeutung der Rich-Media- Nutzung will das DVB-Konsortium mit DVB-NGH Rechnung tragen.
Nahe Verwandte
Weiterhin wird überlegt, wie man das Beste aus drei Welten für DVB-NGH zusammenführen kann. Neben DVB-H existiert DVB-SH. Der Standard wird von Solaris Mobile derzeit in einem Feldversuch getestet. Darüber hinaus hat LG mit seinem DVB-T-Handy gezeigt, dass auch der Standard für terrestrisches Fernsehen auf mobilen Endgeräten eingesetzt werden kann, wenngleich dies nicht unbedingt seiner Bestimmung entspricht.
DVB-T2 hingegen wurde bereits für den mobilen Einsatz entwickelt und soll daher wie DVB-SH als Ausgangspunkt für die Entwicklung von DVB-NGH herangezogen werden. Dabei soll aber nicht ein Mix aus diesen drei Standards herauskommen. Das DVB-Konsortium strebt einen völlig neuen Standard an, der hauptsächlich durch eine Reduzierung des Overhead sowie die Verwendung neuer MIMO-Technologien erreicht werden soll.
Mit DVB-NGH will man sowohl terrestrische als auch hybride terrestrische Netze, also solche mit satellitärer Unterstützung, adressieren, um eine Marktfragmentierung zu verhindern. Zwar kann DVB-NGH auch für DVB-H- und -SH-Dienste ausgelegt werden, eine Abwärtskompatibilität soll aber nicht erreicht werden. Dahingegen ist geplant, dass DVB-NGH durchaus in einem Empfangsgerät mit anderen Standards wie DVB-T2 oder LTE genutzt werden kann. Das bedeutet, dass DVB-NGH in verschiedenen Frequenzbändern einsetzbar sein soll.
Verbesserungen
Das DVB-Konsortium hat bereits einige erstrebenswerte Ziele für DVB-NGH formuliert. So ist beabsichtigt, dass der Standard sowohl uni- als auch bidirektional genutzt werden kann.
Interaktivität soll in Echtzeit möglich sein und die Geschwindigkeit beim Umschalten auf einen NGH-Dienst soll schneller sein als bei DVB-H. Ferner ist geplant, über ein Gleichwellennetz die Verbreitung lokaler Inhalte oder Dienste zu ermöglichen.
Das Manko von DMB oder DVB-H hinsichtlich der Robustheit beim Indoor- Empfang oder bei hohen Geschwindigkeiten soll mit DVB-NGH ebenfalls der Vergangenheit angehören. Außerdem hat sich das Konsortium zum Ziel gesetzt, die Kapazität von DVB-NGH im Vergleich zu DVB-H um 50 Prozent zu steigern. Letzten Endes sollte DVB-NGH natürlich auch den Energieverbrauch eines mobilen Endgeräts verringern.
Zeitplan
Zusätzlich zu den vom DVB-Konsortium formulierten Anforderungen an DVB-NGH hatte auch die Industrie die Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern. Bis zum 26. Februar konnten Unternehmen ihre Vorstellungen einreichen. Ende März sollen dann die gesammelten Ideen diskutiert werden. Läuft alles nach Plan, sollen die entsprechenden ETSI-Standards im kommenden Jahr veröffentlicht werden. Das DVB-Konsortium rechnet 2013 mit dem Start erster kommerzieller Angebote auf Basis des neuen Standards DVB-NGH.
(Marc Hankmann)