Dr. Sidney Harman – Gründer und Chef von Harman Kardon, Teil 2
Unorthodoxe Methoden, um Arbeitnehmer zu stärken
Natürlich konnten beide aus einer Idee noch lange keinen Profit schlagen, weshalb die Vermarktung oberste Priorität hatte. Harman wurde nun vor allem ein Kind der Straße. „In den Anfangstagen gab es noch keine Industrie in unserem Sektor, keine Vermarkter oder Händler. Also fuhr ich Meilen um Meilen mit meinem Auto durch die USA. Ich fuhr drei Wochen durch Texas, Oklahoma und Missouri. Man fährt alle kleinen Städte ab und trifft sich mit Leuten, um unsere neuen Techniken vorzustellen – oder auch nur um etwas zu Essen. Wenn es mal gut lief, konnte ich 18 bis 20 Leuten unsere Produkte vorstellen.“
Anders denken, anders handeln
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Wahrscheinlich stehen Sie im Morgengrauen auf, bahnen sich Ihren Weg im Berufsverkehr zu jenem Platz, an dem Sie 40 Stunden in der Woche verweilen. Doch stehen Sie hinter Ihrem Beruf? Können Sie Entscheidungen der Führungsetagen nachvollziehen? Sidney Harman konnte über unsinnige Management- Verordnungen und dumpfe Arbeitsabläufe nur den Kopf schütteln. Am Quaker Collage lehrte er Theorien, indem er die Selbstbestimmung der Studenten für zukünftige Aufgaben stärkte. Das lethargische Arbeiten, immer wartend auf den Pausengong, gleicht mehr einer Legebatterie denn eines gesunden Arbeitsverhältnisses.
Dr. Harmans Methoden, die Arbeitnehmer zu stärken, waren deshalb sehr unorthodox. Die Fabriken von Harman International in China bieten Klimaanlagen, Duschen, Englisch- Unterricht und monatliche Feiern, auf denen die Arbeitnehmer mit den Geschäftsführern völlig unverkrampft in Kontakt treten können. Als sein Unternehmen in den 90er Jahren Kosten senken musste, setzte er seine Arbeiter nicht einfach auf die Straße, sondern gliederte sie in andere Produktionszweige ein, wie die Herstellung von Uhren aus Holz.
Für Sidney Harman ist es immer wichtig gewesen, dass auch der normale Arbeiter am Fließband als gleichwertiges Mitglied des Unternehmens angesehen wird. Für ihn stellt die emotionale Bindung zur Firma eine Schlüsselrolle dar. „Es gibt viel zu viele Unternehmer, die die Aktionäre, die Banken und Wirtschaftsanalysten an erster Stelle sehen. Dabei sind es doch die Arbeiter, die die Produktivität wahren und der Firma ein Fundament aufbauen. Was für den Arbeitnehmer gut ist, ist doch auch ein Fortschritt für das gesamte Unternehmen, oder etwa nicht?“
(Tim Luft)