Die Geschichte des Fernsehens: Ende der 60er gelingt der große Durchbruch (Teil 4)

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Saba Fernseher 60er ; © Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham
© Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham

Als während der frühen bis mittleren 1950er-Jahre das Fernsehen ganz klein begann, glaubten die wenigsten daran, dass es sich durchsetzen werde. Es wurde als eine Spielerei abgetan, die keinen interessieren würde. Gegen Ende des Jahrzehnts war das Fernsehen bereits dabei, die Welt zu verändern.

Fernsehen startet in Österreich

1955 ist es auch in Österreich so weit. Am 1. August startete das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit seinem Versuchsprogramm. Es wurde zunächst über vier provisorische Sendeanlagen in Wien, Granz, Linz und Salzburg verbreitet. Programm gab es nur an drei Tagen in der Woche für jeweils etwa zwei Stunden. Neben Nachrichten und Sport wurden primär Live-Produktionen und Kurzfilme zu Sachthemen gezeigt. Spannend war das Fernsehen jener Tage noch nicht. Denn vom ersten Tag an hatte es schwer mit dem Thema Übertragungsrechte zu kämpfen. So gab es etwa noch keine Regelungen für das Auftreten von Künstlern im TV. Diesen Umständen war auch der eigentlich schon für Juli vorgesehene Start des Testbetriebs mit einer Übertragung der Salzburger Festspiele, zum Opfer gefallen.

Keine Filme

Zudem weigerten sich die Filmverleiher, dem Fernsehen Filme zur Verfügung zu stellen. Womit es Anfangs bis auf wenige Liveproduktionen nur Kultur- und Dokumentarfilme aus dem Fundus der staatlichen Film- und Lichtbildstelle, sowie Filme der Fremdenverkehrswerbung zur Verfügung standen. Der erste Spielfilm sollte im österreichischen TV erst im November 1957 ausgestrahlt werden.

Der Philips TD1419U wurde in der Zeit von 1952 bis 1953 gebaut. Das auch als Starenkasten bekannte Gerät zählte zu den frühen Fernsehern in den deutschen Stuben.
© Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham

1955 waren weltweit 540 Fernsehsender in Betrieb. Davon 420 allein in den USA und 80 in Europa. In den Vereinigten Staaten registrierte man bereits über 35 Millionen TV-Haushalte, auf den Britischen Inseln über 4 Millionen. Deutschland hatte 284 000 lizenzierte TV-Teilnehmer, die Schweiz 10 000. In Österreich waren es zum Start des heimischen Fernsehens immerhin fast 1 000 Geräte.

Regelbetrieb

Mit der Aufnahme des TV-Regelbetriebs in Österreich am 1. Januar 1957 wurde an sechs Wochentagen gesendet. Erst ab Ende Oktober 1959 wurde Fernsehen an allen Tagen geboten.

Winterolympiade 1956

Die Fernsehgeschichte in der eigenen Familie begann 1956. Die Olympischen Winterspiele im italienischen Cortina d’Ampezzo standen vor der Tür. Sie wurden als erste Sportübertragung des österreichischen Fernsehens live übertragen. Da musste der Großvater freilich live mit dabei sein. Dass Fernsehempfang in unserem Dorf möglich war, wusste mein technikbegeisterter Vorfahre bereits. Schließlich stand beim Kirchenwirt bereits ein Fernsehgerät und der Dorfarzt, nur wenige Häuser weiter, besaß das erste Privatgerät. Jenes unserer Familie sollte das zweite sein. Die Investition hatte sich jedenfalls ausgezahlt. Der heimische Skirennläufer und spätere Filmstar Toni Sailer gewann in der Abfahrt, dem Riesenslalom und dem Riesentorlauf die Goldmedaille. Im skibegeisterten Österreich war das nicht weniger als zwei Jahre zuvor das Wunder von Bern für Deutschland.

Im Januar 1959 zeigte das österreichische Fernsehen erstmals das Hahnenkammrennen aus Kitzbühel. Die Anfänge waren jedoch bescheiden. Mit vier Kameras konnten zumindest die dramatischen Sekunden ab der Hausbergkante bis ins Ziel zu den begeistert fiebernden Zuschauern an ihren Fernsehgeräten geliefert werden. Das Hahnenkammrennen gilt bis heute als anspruchvollstes und schwierigstes Skirennen im gesamten Rennzirkus und als Höhepunkt der TV-Wintersportübertragungen.

Der SABA Schauinsland T1005 von 1959 kostete rund 500 Euro. Ein UHF-Tuner (Kanal 21-39) konnte für 75 Euro nachgerüstet werden.
© Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham

Eurovision Song Contest

Am 24. Mai 1956 wurde erstmals der große internationale Sängerwettstreit ausgestrahlt, der heute als ESC bekannt ist. Damals hieß er allerdings noch ungleich nobler Grand Prix Eurovision de la Chanson Européenne und kam aus dem schweizerischen Lugano. Am Wettbewerb nahmen sieben Länder teil. Neben der Schweiz waren dies Belgien, die BRD, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Dänemark, Österreich und das Vereinigte Königreich wollten zwar auch mitmachen, verpassten aber den Anmeldeschluss.

Mit den heute bekannten Modalitäten hatte der erste Song Contest wenig gemeinsam. So wurde jedes teilnehmende Land von zwei Interpreten und auch zwei Liedern vertreten. Jedes Land entsandte zudem zwei Jurymitglieder, die vor Ort in geheimer Abstimmung alle Lieder, auch die eigenen, bewerteten. Gewonnen hatte den ersten ESC übrigens die Schweiz mit dem von Lys Assia vorgetragenen Titel „Refrain“.

US-TV in Deutschland

Am 27. April 1957 nahmen die amerikanischen Streitkräfte in der Bundesrepublik ihren ersten Fernsehsender in Ramstein bei Kaiserslautern in Betrieb. Einen Tag später wurde in Bitburg in der Eifel der zweite Sender eingeschaltet. Die 4-kW-Stationen verbreiteten mit der amerikanischen 525-Zeilen-Norm hauptsächlich Filmprogramme der kommerziellen amerikanischen Fernsehgesellschaften.

Nicht für deutsche Zuschauer

Die im Sendegebiet lebenden Deutschen hatten von diesem erweiterten Programmangebot nichts. Denn AFN-TV sendete nach den in den USA gebräuchlichen Parametern, die von deutschen Fernsehern nicht annähernd verarbeitet werden konnten. Außerdem nutzte man mit dem US-Kanal 26 (entspricht dem europäischen Kanal 30) bereits den UHF-Frequenzbereich, der von europäischen Geräten ohnehin noch nicht berücksichtigt wurde.

Die Optik des ersten bezahlbaren TV-Beamers arbeitet mit Festbrennweite. Bei 2,9 m Abstand sind 1,6 m Bilddiagonale möglich.
© Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham

Der erste Beamer

1957 flimmerten bereits an die 799 000 Fernseher in den deutschen Stuben. Allerdings nur mit bis zu 45 Zentimeter Bildschirmdiagonale. Dies sollte der TV-Projektor Telerama P1026H von Saba ändern. Seine Technik war in einem 95 Zentimeter hohen Edelholz-Schränkchen verbaut. In seinem Inneren war eine sechs Zentimeter kleine Schwarzweiß-Bildröhre untergebracht, die ihr Bild über eine große Optik mit Festbrennweite auf die mitgelieferte Leinwand mit 1,6-Meter-Diagonale warf. Der dafür erforderliche Projektionsabstand betrug 2,9 Meter. Der Beamer ließ sich per Kabelfernbedienung fernsteuern. Über sie konnten Lautstärke, Helligkeit, Kontrast und Bildschärfe eingestellt werden. Ein Programmwechsel war nicht vorgesehen und auch nicht nötig. Es gab ja nur eines. Seine Zukunftssicherheit bewies der Telerama P1026H durch sein zusätzliches Empfangsteil für das UHF Band 4 (Kanal 21 bis 39).

Als ab den frühen 1960ern das zweite Programm kam, war der UHF-Tuner jedoch zu eng bemessen. Denn das Fernsehen nutzte den UHF-Bereich von Kanal 21 bis 69. Um das Programm des Deutschen Fernsehens in Lebensgröße hell und kontrastreich im Kreise der Familie oder Freunden zu genießen, musste der Raum perfekt abgedunkelt sein. Bereits wenig Licht ließ das auf die Leinwand projizierte Bild schnell zu einem flauen Etwas verkommen. Der Saba Telerama P1026H war ein High-End-Luxusartikel für die große Geldbörse. Er kostete 3 198 DM. Zum Vergleich: Den VW Käfer bekam man für 3 750 DM.

Bei absoluter Dunkelheit stellt das projizierte Fernsehbild durchaus zufrieden. Größer kann man 1957 nicht fernsehen.
© Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham

Stahlnetz

Am Abend des 14. März 1958 wurde die erste Folge der deutschen Krimiserie „Stahlnetz“ ausgestrahlt. In ihr wurden echte Kriminalfälle nachgestellt. Nüchtern und sachlich schilderte die Serie die Ermittlungsarbeit der Polizei in chronologischer Reihenfolge und zeigte dabei die ungeschönte Lebensrealität jener Tage. Wahrscheinlich war es die ­realistische Darstellung, die „Stahlnetz“ zu einem Straßenfeger machte. „Stahlnetz“ lehrte das Fürchten und zeigte, dass das Verbrechen gleich nebenan sein könnte. „Stahlnetz“ war Tagesgespräch. Die Serie lief bis 1968 und gilt gemeinhin als Vorläufer des „Tatorts“.

Im nächsten Teil unserer Reihe „Die Geschichte des Fernsehens“ schauen wir uns an, wie es in den 60er Jahren mit dem bewegten Bild weiterging.

Ältere Folgen:
Die Geschichte des Fernsehens: Wie alles begann (Teil 1)
Die Geschichte des Fernsehens: Olympia 1936 und der Krieg (Teil 2)
Die Geschichte des Fernsehens: Eine Spielerei setzt sich durch (Teil 3)

Bildquelle:

  • Geschichte-des-Fernsehens-Teil-2-9: © Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham
  • Geschichte-des-Fernsehens-Teil-2-10: © Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham
  • Geschichte-des-Fernsehens-Teil-2-6: © Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham
  • Geschichte-des-Fernsehens-Teil-2-8: © Auerbach Verlag/Thomas Riegler/Rundfunkmuseum Cham
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