Während der 1960er-Jahre wurde das Fernsehen erwachsen. Die Sendernetze wurden weiter ausgebaut, und somit wurde der Empfang auch abseits der Ballungsräume möglich. Das Fernsehen war auf dem besten Weg, das Radio als Hauptmedium abzulösen.
Das Fernsehen wird bunt
Im Rahmen der 25. Funkausstellung in Berlin gab Willy Brandt, damals Vizekanzler der BRD, am 25. August 1967 den Startschuss für das deutsche Farbfernsehen. Zumindest offiziell. Denn der große Knopf an seinem Rednerpult war nur eine Attrappe. Tatsächlich kam die Aufgabe, zum rechten Augenblick den Farbträger einzuschalten, einem Techniker im Hintergrund zu. Er dürfte sich bewusst gewesen sein, dass in dem Augenblick Fernsehgeschichte geschrieben wurde. Ob ihn dieses Wissen nervös gemacht hat, wissen wir nicht. Fakt ist aber, dass der Techniker den Farbträger bereits aktiviert hatte, als Willy Brandt um 10:57 Uhr seinen Daumen auf den Startknopf legte. So wurde das Bild bereits wenige Augenblicke bunt, bevor der inzwischen rot glänzende Startknopf gedrückt wurde.
Von diesem kleinen Missgeschick dürfen nur die wenigsten Deutschen Notiz genommen haben. Im August 1967 standen gerade einmal an die 6 000 Farbfernseher in den deutschen Haushalten. Kein Wunder. Farbgeräte waren damals extrem teuer und kosteten damals zwischen 2 400 und 4 000 DM. Zum Vergleich: Das Einstiegsmodell des VW Käfers gab es zu der Zeit ab 4 485 DM. Dieses Geld damals in ein Auto zu investieren, dürfte ohnehin die bessere Wahl gewesen sein. Denn Farbsendungen waren damals äußerst selten und reduzierten sich auf ein bis zwei Sendungen pro Woche.
Farbfernsehen in Österreich
Am 1. Januar 1969 fällt mit der Übertragung des Neujahrskonzerts der Startschuss für das Farbfernsehen in Österreich. Farb-Versuchssendungen hatte es aber bereits seit Dezember 1965 gegeben. Obwohl in den in den Zeitungen abgedruckten TV-Programmen extra auf Farbsendungen hingewiesen wurde, wird damals kaum jemand in der Lage gewesen sein, diese Testausstrahlungen in Farbe zu sehen.
Farbfernsehen in der DDR
Der 3. Oktober 1969 markiert ein denkwürdiges Datum in der ostdeutschen Mediengeschichte. An diesem Tag wurde das bis heute markanteste Wahrzeichen Berlins, der Funkturm, seiner Bestimmung übergeben. Zu diesem Anlass wurde gleichzeitig das zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks DFF gestartet und auch das Farbfernsehen eingeführt.
Anders als im deutschen Westen, setzte man in der DDR jedoch nicht auf das deutsche PAL-Farbfernsehsystem, sondern auf das französische SECAM-Verfahren, für das sich auch Väterchen Russland entschieden hatte. Ein reines Politikum mit weitreichenden Folgen. Denn Multinorm-Farbfernseher gab es damals nicht. Womit die zahlreichen Ostdeutschen die Programme aus der BRD weiter nur in Schwarzweiß sehen konnten, genauso wie das DDR-Fernsehen auch im Westen ohne Farbe blieb.
Doch in der DDR lebten schon damals viele schlaue Köpfe, die sich zu helfen wussten. Sie schafften es nicht nur, fern der westdeutschen Grenze ARD, ZDF und die Dritten, selbst unter scheinbar ausweglosen Gegebenheiten auf den Bildschirm zu zaubern, sondern wussten sehr schnell auch, wie sie ihre Ostfernseher PAL-tauglich machten.
Erste kompakte Videorekorder
Während der zweiten Hälfte der 1960er kamen die ersten transportablen Videorekorder auf den Markt. Sie arbeiteten noch mit offenen Spulen und zeichneten, zumindest für den Heimgebrauch, nur in Schwarzweiß auf. Für den professionellen Einsatz waren bereits Farbgeräte verfügbar, die in der Regel aber nur bei TV-Anstalten für Reportagen zum Einsatz kamen. Die Geräte arbeiteten bereits mit 1/2-Zoll-Bändern, so wie sie später auch in den Videokassetten zu finden waren.
Die stationären Videorekorder bei den TV-Studios waren hingegen noch große, schwere Maschinen, die mit 2 Zoll breiten Bändern (rund 5 Zentimeter) arbeiteten. Anlässlich der Funkausstellung in Berlin präsentierten Philips und Grundig das erste Heimvideosystem. Das LDL-System arbeitete mit auf offenen Spulen aufgewickelten 1/2-Zoll-Bändern. Auf ein 450 Meter langes Band konnten 45 Minuten Bild und Ton aufgezeichnet werden. Wobei nur Schwarzweiß-Aufnahmen möglich waren. LDL-Videorekorder wurden bei identischem Innenleben in mehreren Gehäusevariationen angeboten und sahen den damals noch weit verbreiteten Tonbandgeräten zum Verwechseln ähnlich. Die Geräte kosteten etwa 2 000 DM.
Mondlandung
Der Sommer 1969 brachte das wohl bis heute größte Ereignis der Menschheit auf die TV-Bildschirme in aller Welt: die erste Mondlandung am 21. Juli 1969. Erstmals verließen Menschen unseren Planeten, um ihren Fuß auf ein Nachbargestirn zu setzen. All dem ging ein Kraftakt an technischen Entwicklungen in der Raumfahrt voraus. Aber auch die Absicht, dieses historische Ereignis live im Fernsehen zu übertragen, war eine große Herausforderung für das damals noch recht junge Medium. Rund 500 bis 600 Millionen Zuschauer verfolgten weltweit dieses einzigartige Ereignis, das von 50 Prozent aller TV-Stationen auf der Erde live übertragen wurde.
Spezielle Kameras
Um Gewicht und Übertragungsbandbreite zu sparen, wurden extra für die Mondlandung spezielle TV-Kameras entwickelt. Sie hatten bei zehn Bildern pro Sekunde eine Auflösung von 250 Zeilen und benötigten eine Übertragungsbandbreite von 4 Hz bis 500 kHz. Alles nur ein Bruchteil der auf der Erde üblichen TV-Systeme. Das Videosignal wurde von den Erdfunkstationen Goldstone in Kalifornien sowie Parkes (Antennendurchmesser je 64 Meter) und Honeysuckle Creek in Australien (26 Meter Durchmesser) empfangen.
Das originale Videosignal wurde an den Erdfunkstellen erst in die amerikanische TV-Norm umgewandelt, indem man die vom Mond empfangenen Bilder mit einer herkömmlichen Videokamera von einem Bildschirm abfilmte. Dabei ging leider ein Großteil der ursprünglichen Bildqualität verloren. Die Signale vom Mond wurden zwar in Parkes mitgeschnitten. Die Originalbänder gingen jedoch verloren, sodass uns heute nur die schlechten Bilder so wie wir sie einst live erleben konnten, erhalten geblieben sind.
Sensation im TV
Für viele, die heute Mitte 50 sind, ist die Mondlandung die erste TV-Sendung, an die sie sich zurückerinnern können. Die unscharfen Schwarzweißbilder, auf denen die Astronauten mit ihren weißen Weltraumanzügen auf dem Mond spazierten, hatten uns alle fasziniert und sind in lebendiger Erinnerung geblieben. Da machte es nichts aus, dass auf den meist flauen und eher unscharfen Bildern wenig zu erkennen war. Alleine das Wissen, dass sie in diesem Augenblick von einem Ort kamen, der für uns alle so unerreichbar weit entfernt lag, bewegte uns zutiefst.
Im nächsten Teil unserer Reihe „Die Geschichte des Fernsehens“ schauen wir uns an, wie es in den 70er Jahren mit dem bewegten Bild weiterging.
Ältere Folgen:
Die Geschichte des Fernsehens: Wie alles begann (Teil 1)
Die Geschichte des Fernsehens: Olympia 1936 und der Krieg (Teil 2)
Die Geschichte des Fernsehens: Eine Spielerei setzt sich durch (Teil 3)
Die Geschichte des Fernsehens: Ende der 60er gelingt der große Durchbruch (Teil 4)
Die Geschichte des Fernsehens: Der Weg ins Wohnzimmer (Teil 5)
Bildquelle:
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