Die Technik hinter der Tiefenstaffelung

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Grundlagen der Hörakustik

Erst räumliche Tiefe erlaubt der Musik auch wirklichen Tiefgang mit einer Wirkung, die unter die Haut geht. Wir zeigen, wie ein solches Ambiente bei der Aufnahme entsteht.

Musikgenuss ist für uns Audiophile ein Stück Wohlfühlen. Wir lehnen uns zurück und genießen die Klanglandschaft, die uns dargeboten wird. Vor uns tut sich eine Bühne auf und vor unserem geistigen Auge sehen wir quasi das formierte Orchester. Ganz klar aus der Mitte vernehmen wir den Solisten, links davon die Geigen, rechts davon die Celli und Bässe. Dahinter staffeln sich die Holz- und Blechbläser und in der letzten Reihe schließlich das Schlagwerk. Und auch beim Anhören einer Band haben wir dieses Gefühl. Ganz hinten großflächig das Schlagzeug, links und rechts verteilt die rhythmischen und flächigen Background-Elemente, die Melodieinstrumente und Solisten erscheinen mittig ganz vorn. Diese Art der Wahrnehmung ist für uns ein Stück weit selbstverständlich, doch haben Sie sich je darüber gewundert, wie eine solche Klanglandschaft über nur zwei Lautsprecher geformt werden kann?
 
Der wichtigste Schritt auf diesem Wege war die Entdeckung der Stereofonie in den 1930er Jahren. Die vorher übliche Monofonie ermöglichte nur die Wiedergabe einer einzigen Signalquelle und machte so die Lokalisation einzelner Elemente unmöglich. Man konnte lediglich die Position des Lautsprechers bestimmen. Selbst wenn Musik aus mehreren Lautsprechern wiedergegeben wurde, konnte hier keine räumliche Darstellung des Klangs erzeugt werden, sondern die Lokalisation war stets auf die Position des Lautsprechers begrenzt. Erst die Möglichkeit der mehrkanaligen Aufnahme und entsprechenden Wiedergabe ermöglichte die Bildung eines Panoramas.
 
Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte haben sich auf Produktionsseite verschiedene Aufnahme- und Mikrofonie-Verfahren herausgebildet, die zwar das originale Schallereignis nicht vollständig reproduzieren, jedoch eine gute Abbildung der Quellen bewerkstelligen können. Die ästhetischen Herangehensweisen sind dabei vielfältig. Während man in der Klassik weitgehend versucht, mit Mikrofonieverfahren eine möglichst realistische Darstellung der akustischen Situation in einem Konzertsaal zu erreichen versucht, können Räumlichkeiten in der Rock- und Popmusik variieren, von der Darstellung einer Bühnen- bzw. Live-Umgebung über den sterilen Studioklang bis hin zum komplett künstlichen Ambiente.

Der natürliche Weg

Für die Darstellung der Klänge auf der horizontalen Ebene sind zwei Eigenschaften des Schalls, der unser Ohr trifft grundlegend: die Intensität und der Zeitpunkt, zu dem er unser Ohr erreicht. Beides variiert je nach Ausrichtung der Schallquelle. Ein von rechts ausgehender Klang wird beispielsweise unser rechtes Ohr eher erreichen, als das linke. Ebenso wird das Ereignis auf der rechten Seite minimal lauter wahrgenommen als links. Letztere Intensitätsunterschiede sind relativ einfach zu reproduzieren.
 
Wenn ein Signal nur auf dem rechten Lautsprecher anliegt, hören wir es auch nur von rechts. Geben wir dieses nun auch leise auf den linken Lautsprecher und erhöhen langsam dessen Lautstärke, werden wir feststellen, wie sich der Klang von rechts hin zur Mitte bewegt. Bei korrekter Lautsprecheraufstellung im Stereo-Dreieck wird bei gleichem Pegel auf beiden Lautsprechern das Signal exakt aus der Mitte kommen. Senken wir nun weiterhin das Signal auf der rechten Seite ab, wird es hingegen nach links außen wandern. Dieses Phänomen der Summenlokalisation bildet eine Phantomschallquelle, die sich entlang der horizontalen Ebene verschieben lässt.

Die sogenannte Intensitätsstereofonie wird auf Aufnahmeseite mit zwei Mikrofonen erzeugt, deren Kapseln möglichst nah beieinander liegen und von der Ausrichtung in verschiedene Richtungen deuten. Dieses Verfahren ermöglicht jedoch nur eine gute Wahrnehmung auf der Lautsprecherebene. Anders verhält es sich da bei der Laufzeitstereofonie. Diese lässt sich nicht ganz so leicht reproduzieren, da die Lokalisation auf Laufzeitunterschieden von maximal drei Millisekunden basiert. In der Aufnahmetechnik wird dieser Effekt mit zwei Mikrofonen erreicht, welche örtlich voneinander getrennt, aber parallel zueinander ausgerichtet sind.
 
Hier ist die Lokalisation auf horizontaler Ebene nicht ganz so scharf, jedoch bildet das Verfahren der Laufzeitstereofonie auch eine gewisse Tiefe des Signals ab. Um die Vorteile beider Mikrofonieverfahren zu vereinen, wurden diverse Äquivalenz-Stereofonien etabliert, bei denen die Kapseln örtlich getrennt, sowie verschieden ausgerichtet sind. So kann ausschließlich durch die Verwendung zweier Mikrofone eine gute räumliche Abbildung mit sowohl im Panorama, als auch in der Tiefe lokalisierbaren Elementen erzielt werden.

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