Die letzten Geheimnisse der Natur, Teil 2
„Life – Das Wunder Leben“
Tierisch schlau
Und das ist eben eine der Hauptaufgaben von Dokumentarfilmen. Sie sollen Interesse wecken, Fakten vermitteln und dadurch ein ganz neues Verständnis für die Umgebung wecken. Doch was sind das eigentlich für Fakten? Handelt es sich dabei ausschließlich um Tatsachen aus der Wirklichkeit? Oder sind es doch eher Wahrheiten, die dem derzeitigen Wissensstand der Forschung entspringen und zudem auch noch sehr stark durch die Ansichten der Filmemacher geprägt sind? Keine Frage, Letzteres kommt der inhaltlichen Genredefinition am nächsten, weshalb ernstzunehmende Dokumentationen auch immer sehr bestrebt sind, so authentisch wie möglich zu wirken. Nehmen wir zum Beispiel das ehrgeizige Dokumentationsprojekt „Life – Das Wunder Leben“, aus dem auch das oben genannte Äffchenbeispiel stammt und das die Nachfolge der ebenfalls auf Blu-ray erhältlichen BBC-Serie „Planet Erde“ antritt.
Dieses Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, den evolutionären Wettbewerb in all seinen vielseitigen Facetten einzufangen und den Zuschauern ein möglichst buntes und doch einigermaßen geschlossenes Bild davon zu vermitteln. Wie die meisten Dokumentationen beginnt „Life“ mit einem Appetizer, der das Interesse an der Sendung schüren und in das Hauptthema einführen soll. Aus der Vogelperspektive werden mysteriöse Schlammkreise im seichten Wasser eines Archipels gezeigt. Die Verursacher: eine Gruppe hochintelligenter Delfine, die ein einzigartiges Jagdverhalten an den Tag legt. Während der Anführer im Kreis schwimmt und mit seiner Schwanzflosse den Boden aufwühlt, begeben sich die anderen Teammitglieder hinter seiner Markierung in Position. Durch den aufgewirbelten Dreck geraten die Fische innerhalb des kleiner werdenden Kreises in Panik und springen voller Entsetzen blind aus der vermeintlichen Gefahrenzone – direkt in die offenen Münder der wartenden Delfine.
Life – Das Wunder Leben Vol. 1 | |
Genre: Dokumentation | |
Land/Jahr: GB 2009 | |
Regie: Simon Blakeney, Stephen Lyle | |
Sprecher: David Attenborough, Oprah Winfrey | |
Vom Motiv zur Technik
Solch energiesparende Jagdmethodik gibt es selten zu beobachten im Reich der Tiere, weshalb deren Entdeckung auch so extrem publikumswirksam ist. Das Hauptproblem der meisten Dokumentarfilme ist das Auffinden interessanter Motive, da sich inzwischen schon so viele Dokus auf dem Markt tummeln und deren Themen sich überschneiden. So richtig lohnen sich daher meist nur Großprojekte, deren Drehteams über die ganze Welt verteilt sind. Auf diese Weise ist garantiert, dass genügend Material zusammenkommt, das den Zuschauer noch überraschen und vielleicht sogar faszinieren kann. Doch diese Projekte kosten sehr viel Geld und bringen zudem ein hohes Risiko mit sich, da die Produktion in der Regel eine unheimlich genaue Koordination erfordert und mehrere Jahre dauert. Jahre, in denen die eingesetzte Kameratechnologie eventuell veraltet und die Aufnahmen daher vielleicht nicht mehr ganz den aktuellen Sehgewohnheiten des Publikums entsprechen.
Das Entscheidende hieran ist, dass eigentlich nie im Studio gedreht wird und die teuren Kameras dementsprechend an die jeweilige Drehumgebung angepasst sein müssen, um im richtigen Augenblick perfekte Bilder einzufangen. Sei es die Hitze und der Sand der Wüste, die radikale Kälte der Antarktis oder die immense Luftfeuchtigkeit des Regenwaldes – die Kameras der Dokumentarfilmer sind stets unterwegs und immer extremsten Bedingungen ausgesetzt.
Die Hauptdarsteller
Anders als bei Spielfilmen gibt es bei Dokumentationen keine Drehbücher und die scheuen Stars des Dokumentarfilms machen sowieso immer, was sie wollen. Die Herausforderung besteht also darin, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, ohne die Tiere zu verschrecken oder sie anderweitig zu stören. Hilfsmittel wie Köder oder vorbereitete Nistplätze sind daher nur bedingt erlaubt und sollten um der Authentizität willen auch immer dem Zuschauer transparent gemacht werden. Schließlich beeinflusst jeder Eingriff des Menschen das Verhalten der Tiere und verklärt damit auch das Grundbestreben einer jeden Dokumentation, nämlich das annähernde Zeigen von Wahrheiten.
„Life“ löst diese Krux so auf, dass nach jeder Folge automatisch gefragt wird, ob der Zuschauer noch Lust auf das zugehörige Making-of hat. Entscheidet er sich dafür, bekommt er in je zehn Minuten die interessantesten Vorfälle während des Drehs vorgeführt, wie etwa das Anlocken von Hunderten fliegender Fische durch einen Palmwedel, der ihnen als Nistplatz dient. Zugleich demonstrieren diese Kurzfilme aber auch immer wieder, wie gefährlich einige Aufnahmen sind. Um nahe genug an die Tiere heranzukommen, begibt sich beispielsweise ein Kameramann der „Life“-Crew direkt in die Schusslinie mehrerer Fächerfische, die mit über einhundert Kilometern pro Stunde durchs Wasser sausen, um kleine Fische k.o. zu schlagen, und die mit ihren schwertähnlichen spitzen „Nasen“ sicherlich auch einen Taucher aufspießen können.