Der neue deutsche Film?, Seite 4
„Mann tut was Mann kann“
Marc Rothemund und Hans Rath haben es kapiert: Der übliche deutsche Filmhumor ist steif und er ist theatralisch. Deshalb entschieden sich Regisseur und Drehbuchautor für eine gänzlich subtilere Form des Alltagshumors. Der „Kenn-ich“-Effekt leistet bei den meisten Zuschauern viel mehr als der lächerlich offensichtliche Versuch eines Schenkelklopfers. Im Stile von „Männerherzen“ geht es also hauptsächlich um ein paar Herren, die sich in den besten Jahren befinden, aber aus diversen Gründen noch nicht das Glück ihres Lebens gefunden haben. Und ist es dann doch einmal soweit, dann weiß die Angebetete noch nichts von ihrem großen Glück.
Im Falle des Protagonisten Paul (Ex-Männerherz Wotan Wilke Möhring) trifft dies zum Beispiel auf die Tierärztin Iris (Jasmin Gerat) zu, die drauf und dran ist zu heiraten. Doch als der Paul wegen seines Hundes in ihrer Tür steht wird zumindest ihm schlagartig bewusst, dass er mit dieser unbekannten Frau eine Familie gründen möchte. Bislang hielt ihn jegliche Bindungsangst von einer intensiveren Beziehung ab und lies ihn regelmäßig aus fremden Schlafzimmern schleichen. Die Liebe trifft ihn wie der Blitz, fast im gleichen Moment erfasst ihn der bittere Beigeschmack der vollkommenen Niederlage. Die bittere Melancholie steigt ihm in den Hals, als er den trostlosen Weg des einsamen Mannes nach Hause nimmt. Zumindest sind seine verkappten Freunde für ihn da, denn welche bessere Ablenkung könnte es hierfür geben als andere Leute mit Beziehungsproblemen? Dauerpatient des Liebesdoktors ist Günther (Oliver Korittke), der die süße Barkellnerin Iggy (Karoline Schuch) zwar anschmachtet, aber kein Wort über die Lippen bringt, sobald er mit ihr reden will. Hier ist intensive Beratung und Beistand quasi genauso überlebenswichtig wie jede Menge Wein … den Kumpel Nummero zwei beisteuert. Besagter Guido (Jan Josef Liefers) wiederum hat ein Problem mit seiner Frau, die ihn wegen einer Affäre mit der Sekretärin auf die Straße setzt. Nun braucht Guido vorübergehend eine neue Bleibe, die er bei Paul findet. Selbst die russischen Umzugshelfer wissen, dass seine letzten drei Ehen nicht gerade glücklich verliefen, weshalb er sich nun wieder nach dem eigentlichen Glück des Lebens umsehen muss. Zu diesem Gespann aus ganz normalen Losern … äh, Männern gesellt sich der zu Recht erfolglose Künstler Bronko (Fahri Yardim), den die Muse einfach noch nicht küssen wollte.
Darstellerisch große Klasse!
Der eigentliche Wert dieses Films liegt aber tatsächlich auf den Schultern des Hauptdarstellers Wotan Wilke Möhring. Es sind vor allem die Reaktionen seines Filmcharakters, die eine vollkommene Authentizität verströmen – etwa wenn er seine Freunde mal wieder bei irgendeiner kleinen Dummheit ertappt, oder auch, wenn er sich vollkommen ehrlich mit seiner 16-Jährigen Stieftochter unterhält. Nur so kann der Alltagswitz zustande kommen – durch Momente, die tatsächlich passieren könnten oder sogar schon einmal so ähnlich passiert sind sowie durch realistische Reaktionen.
Durch Jan Josef Liefers‘ überspitzt dargestellten Charakter wiederum entsteht ein willkommener Kontrast zur Identifikationsfigur Paul. Seine leicht exzentrische Art nimmt teilweise Qualitäten an, die man sonst nur in den grandiosen Loriot-Sketchen sieht. Oftmals sind es nur Kleinigkeiten, die einen zum Lachen bringen. Man(n) kann sie leicht übersehen, doch sie sind da. Und sie wirken. „Mann tut was Mann kann“ hat eine bestechende Schärfe sowie einen außergewöhnlich gut eingepegelten Kontrast. Die Graustufen sind gut erkennbar, sodass dem Auge kein Detail vorenthalten wird. Vorrangig warme Töne definieren das Bild, wodurch das Ambiente noch einen Tick sommerlicher wirkt.
(Falko Theuner, Timeo Weisenseel)