Das WHO is WHO der Serienwelt, Teil 6
Boardwalk Empire
Boardwalk Empire (1. Staffel)
Als vor einiger Zeit bekannt wurde, dass Regie-Altmeister Martin Scorsese einen Ausflug in die Welt der TV-Serien wagen will, stieß das Projekt mit dem verheißungsvollen Namen „Boardwalk Empire“ allerorten auf reges Interesse und gab zu den größten Erwartungen Anlass. Nun, nachdem in den Staaten bereits die dritte Staffel bestellt ist, hat sich die vom amerikanischen Pay-TV-Network HBO („Home Box Office“) in Auftrag gegebene Serie längst als eine der inhaltlich wie auch qualitativ hochwertigsten Fernseh-Produktionen aller Zeiten etabliert und ist beim Publikum wie bei den Kritikern gleichermaßen beliebt und akzeptiert.
Fernsehen auf Kino-Niveau
Martin Scorsese als ausführender Produzent bringt es im brillanten Bild-in-Bild-Kommentar der Pilotfolge (die er als Gastregisseur auch gleich inszeniert hat) treffend auf den Punkt: „HBO hat sich zu einer Plattform entwickelt, auf der eine neue Art von Kino möglich geworden ist. Es hat mich schon immer gereizt, einmal eine ganz andere Art des filmischen Erzählens auszuprobieren, die schon beinahe einem umfangreichen Roman gleicht.“
Das kann man wohl laut sagen, denn „Boardwalk Empire“ bietet in jeder der zwölf Folgen der ersten Staffel genau das: echtes Kinoniveau mit extremer Überlänge, in einer im TV bisher noch nicht dagewesenen Qualität.
Schauplatz der Saga ist die quirlige Hafenmetropole Atlantic City an der amerikanischen Ostküste, die zu Zeiten der Prohibition um 1920 ihre wildesten Jahre erlebt.
Über allen Geschicken in dieser schillernden Mischung aus Sündenpfuhl und Vorzeigestadt steht Bezirksschatzmeister Enoch „Nucky“ Thompson, der nach außen hin den moralisch einwandfreien Saubermann gibt und sich hinter den Kulissen mit dem dreckigen und blutigen Geschäft des illegalen Alkoholhandels eine goldene Nase verdient.
Mit Hollywood-Größe Steve Buscemi konnten die Macher den perfekten Schauspieler für die Rolle verpflichten: Den Wechsel zwischen adrettem Politiker und gnadenlosem Unterwelt-Boss meistert er mit begeisternder Präsenz und großem Charisma.
Der legitime „Sopranos“-Nachfolger
Terence Winter, dem Emmy®-preisgekrönten Scriptwriter der „Sopranos“, gelang als Erfinder, Drehbuchautor und Produzent von „Boardwalk Empire“ genau das, was sich nach dem kontrovers diskutierten Ende der „Sopranos“ im Sommer 2007 kaum jemand hatte vorstellen können, nämlich zeitnah einen adäquaten Ersatz für die bis dato erfolgreichste und anerkannteste Show des aufstrebenden Home Box Office zu kreieren.
Die Parallelen liegen auf der Hand: In beiden Serien fühlt sich das Publikum hin- und hergerissen durch seine große Sympathie für einen charismatischen Hauptcharakter, der doch moralisch mehr als zweifelhaft daherkommt. Das Unterwelt-Milieu strahlt von jeher eine große Faszination aus und die fühlbar authentische und erfrischend kompromisslose Umsetzung desselben ist der ganz große Trumpf beider Serien.
„Boardwalk Empire“ setzt mit seiner detailverliebten Wiederbelebung der goldenen Zwanziger gar noch einen drauf und wurde bei der letztjährigen Emmy®-Verleihung mit acht Awards zum Serien-Highlight der Saison. Auch bei den Golden Globes® im Januar räumte die Serie vor kurzem die beiden wichtigsten Awards ab („Bester Hauptdarsteller in einer Drama-Serie“, „Beste Drama-Serie“).