Das bringt Linux, Teil 2
Die Gegenwart mit E2
Heute – acht Jahre später – ist die Dreambox im neuen HD-Gewand und mit Enigma-2-Betriebssystem immer noch die Linux-Königin, allerdings wackelt der Thron. Immer mehr neue Geräte mit mehr oder weniger vergleichbaren Leistungsdaten drängen auf den Markt und messen sich mit dem Vorbild. Nachdem auch auf diesen Geräten teilweise das Dreambox-Betriebssystem installiert war, kam es zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit Dream Multimedia (siehe Kasten: „Der Streit um Enigma 2“).
Inzwischen warten die meisten Geräte daher mit eigenen Betriebssystemen auf, doch es gibt im Internet eine große Szene und Fangemeinde, die immer wieder Adaptionen von E2 für die alternativen Receiver entwickelt und in Umlauf bringt. Somit kommen auch Nutzer von anderen Geräten in den Genuss der beliebten Linux-Distribution E2. Zudem sind die Vorteile von Linux so vielfältig, dass man diese nur schwer in einem Artikel abschließend beleuchten kann. In erster Linie ist es die Flexibilität, die ja schon vom Vorbild Dreambox deutlich unter Beweis gestellt wurde.
So lässt sich der Funktionsumfang leicht durch Installation von Plug-ins erweitern. Diese werden entweder direkt über das Internet oder externe Speichermedien eingespielt und reichen von kleinen Spielereien bis hin zu echten Zusatzdiensten wie Webbrowsern, Messenger-Diensten, Integration von Mediatheken, alternativen Mediaplayern und vielen mehr. Die Netzwerkfähigkeit der Geräte ist ein weiterer Pluspunkt. Mehrere Geräte mit E2 lassen sich problemlos untereinander vernetzen, sodass man überall im Haus auf die Festplatten der einzelnen Boxen zugreifen kann.
Durch die große Fangemeinde im Netz werden dabei Linux selbst und die Plug-ins ständig weiterentwickelt und von Fehlern befreit. So läuft E2 inzwischen auch auf zahlreichen Alternativboxen mit teilweise deutlich günstigeren Einstiegspreisen sehr stabil und zuverlässig. Ein weiterer Vorteil: Durch die identische Benutzeroberfläche trotz unterschiedlicher Hardware können sich Nutzer schnell an die Bedienung gewöhnen – jedes Gerät funktioniert gleich.
Restriktionen umgehen
Auch wenn man sich dabei in einer rechtlichen Grauzone bewegt, so ist es dennoch ein unschlagbares Argument für Linux. Wer die Streitigkeiten um HD Plus und CI Plus mitverfolgt oder sich über die teilweise erheblichen Eingriffe der Programmanbieter in das Aufnahmeverhalten des Nutzers ärgert, kennt die Problematik nur zur Genüge. Entweder erlauben die Anbieter, wie im Falle von CI Plus, überhaupt keine Aufnahmen Ihrer HD-Programme und schränken Time-Shift teils erheblich ein oder man kann zwar Programme auf der Festplatte ablegen, dies aber nur verschlüsselt, wobei der Programmanbieter zudem festlegt, in welchem zeitlichen Rahmen eine Wiedergabe möglich ist.
Kurzum: Die Handlungsfreiheit der Nutzer wird in großem Maße eingeschränkt. Hier schafft Linux Abhilfe. So können Plug-ins installiert werden, die beispielsweise den Betrieb von HD Plus oder Sky mit gültiger Smartcard ermöglichen. Genaugenommen handelt es sich bei diesen Plug-ins um Emulatoren, die die Funktion des erforderlichen Conditional Access Modules (CAM) nach ahmen. Das Ergebnis: Sämtliche Restriktionen bis hin zum Jugendschutz bei Sky werden ignoriert, womit auch Aufnahmen und Time-Shift uneingeschränkt möglich sind.
Um es noch einmal deutlich zu unterstreichen: Es geht hier nicht um illegales Entschlüsseln der Programme, sondern lediglich um die Umgehung der Restriktionen. Dass dies freilich nicht AGB-konform ist, muss jeder Nutzer mit sich selbst ausmachen. Abgesehen von der Legalität ist die Nutzung solcher Softcams ein eindeutiges Argument für Linux.
Der Streit um Enigma 2
Im Mai 2011 erwirkte Dream Multimedia, Markeninhaberin der Bezeichnung „Enigma“, eine einstweilige Verfügung gegen die Satco Europe GmbH, unter anderem Hersteller des VU+ Duo. Dabei geht es aber nicht, wie zuerst vermutet, um das Betriebssystem Linux selbst, denn dieses ist nach wie vor ein offenes Betriebssystem und darf beliebig kopiert und weiterentwickelt werden. Vielmehr beklagt sich Dream Multimedia über die widerrechtliche Nutzung der Bezeichnung „Enigma2“, die eine eingetragene Marke von Dream Multimedia ist. Seitdem hat sich die Bezeichnung „E2“ für das für alternative Boxen modifizierte Linux-Betriebssystem durchgesetzt. Dream Multimedia will eigenen Angaben zufolge „nicht mehr länger tatenlos zusehen, wie Mitwettbewerber unseren guten Namen ausnutzen, um ihre Produkte zu verkaufen“.