E2 voll im Trend
Lange galt die Dreambox als Vorzeigereceiver im Bereich der Digitalempfänger und wurde zu Recht als Eier legende Wollmilchsau bezeichnet. Inzwischen hat E2 aber auch in zahlreichen weiteren Geräten Einzug gehalten. Doch was bringt das Wunderbetriebssystem eigentlich?
Stellen Sie sich vor, Sie erwerben eine Mikrowelle. Was kann man damit machen? Selbstverständlich Essen schnell und effizient erwärmen … Aber plötzlich gibt es im Internet eine Fangemeinde, die an der Firmware des Gerätes herumschraubt und -bastelt, bis es plötzlich möglich wird, das Gerät entgegen der Betriebsanleitung auch als Grill oder gar GSM-Störsender zu betreiben. Wieder andere Bastler entwickeln Plug-ins, um mit lustigen Animationen auf dem Display die Wartezeit zu verkürzen. Zugegeben, der Vergleich hinkt ein wenig. Dennoch spielt es sich im Markt mit vielen Digitalreceivern im Großen und Ganzen genau so ab.
Auf die Firmware kommt es an
Prinzipiell ist jeder moderne Receiver mit einem Mikroprozessor und Arbeitsspeicher ausgerüstet und funktioniert wie ein ganz normaler PC. Wie auch beim Computer erwacht dieser erst durch das Betriebssystem zum Leben. Und ebenjenes Betriebssystem – auch Firmware genannt – ist der Dreh- und Angelpunkt für den Einsatz von Linux. Findige Bastler fanden nämlich schon früh heraus, dass die Architektur einiger Geräte prinzipiell zum Betrieb mit Linux geeignet ist oder sogar ein auf Linux basierendes Betriebssystem vom Hersteller verwendet wurde. Dieses „Industrie-Linux“ ist in aller Regel kastriert und kaum erweiterungsfähig.
Das Gerät bietet also erst einmal nur die Funktionen, die vom Hersteller auch vorgesehen und im Handbuch beschrieben sind. Um den Funktionsumfang zu erweitern oder dem Gerät völlig neue Aufgaben zuzuführen, muss das integrierte Betriebssystem gegen eine offene Linux-Variante getauscht werden. Dies war nicht immer so einfach wie heutzutage. Schon in Zeiten der d-box gab es nichtsdestotrotz erfolgreiche Hacker-Eingriffe, um das Betriebssystem (in diesem Fall z. B. gegen Dr. Overflows DVB2000) zu tauschen und damit den Komfort und Funktionsumfang deutlich zu erweitern.
Revolution: d-box 2 mit Linux
Später bei der d-box 2 kam schließlich die Linux-Fangemeinde richtig ins Schwärmen. Nachdem die Box geknackt war – also die Möglichkeit geschaffen wurde, selbst programmierte Linux-Betriebssysteme zu installieren – entwickelte sich das Kultgerät zum Eldorado für die Szene. Im Wesentlichen wurden zwei Linux-Varianten von zahlreichen Gruppen unabhängig weiterentwickelt: Neutrino und Enigma. Bisher kaum vorstellbare Funktionen waren plötzlich kein Problem mehr: Netzwerkstreaming, Aufzeichnung von Sendungen via LAN auf dem PC, Erweiterung der Box mit internen Festplatten und Entschlüsselung praktisch aller damals gängigen Kodierungen – mit oder ohne gültige Smartcard.
Letzteres driftete freilich in den Bereich des Illegalen ab, war aber dennoch ein wesentlicher Faktor für den Siegeszug von Linux auf Digitalreceivern. Diese Zeit war auch die Geburtsstunde der legendären Dreambox 7000 der Firma Dream Multimedia aus Lünen, die im Jahre 2003 für großes Aufsehen in der Szene sorgte und die Messlatte für Linux-Geräte ausgesprochen hoch legte. Sie war das erste Gerät überhaupt, das mit einem Linux-Betriebssystem ab Werk ausgeliefert wurde. Eine Netzwerkschnittstelle war genauso selbstverständlich wie die Möglichkeit, eine interne Festplatte zu verbauen – damals eine Revolution.