Neuer Radiostandard geht auf Sendung
Am 1. August um 11 Uhr war es endlich so weit: Nach dem langen Siechtum des Digitalradios in Deutschland kam es mit der Inbetriebnahme des bundesweiten DAB-Plus-Multiplexes zur zweiten Geburtsstunde des neuen digitalen Radios. Hinter dem Mux verbirgt sich weit mehr als nur ein Sendernetz, über das von Nord- bis Süddeutschland erstmals die gleichen Programme hörbar sind.
Vor allem stellt er eine Initialzündung dar und hat dazu beigetragen, die meisten Regionen Deutschlands in Sachen DAB/ DAB Plus wachzurütteln. Schon kurz nachdem der Bundesmultiplex Ende 2010 unter Dach und Fach gebracht wurde, begann man auch auf Landesebene, Sendernetze zu planen und Kapazitäten auszuschreiben. So startet etwa zeitgleich mit dem Bundesmultiplex auch der MDR mit der digitalen Ausstrahlung aller seiner Programme in DAB Plus.
Ferner haben der HR und NDR angekündigt, ihre Programme zeitnah via DAB Plus zu verbreiten. In absehbarer Zeit sollen sogar alle ARD-Radios über DAB Plus ausgestrahlt werden! Bei den Privatsendern setzte darüber hinaus ein regelrechter Run auf die noch freien Kapazitäten in Bundesländer-Multiplexen ein.
Aufbau in mehreren Phasen
In Deutschland wird das Sendernetz des DAB-Plus-Bundesmultiplexes von Media Broadcast aufgebaut und betrieben. Die MB, so die Kurzform von Media Broadcast, vermietet die Übertragungskapazitäten an interessierte Programmanbieter, die von den Medienbehörden eine Zulassung zur bundesweiten digitalen Ausstrahlung erhalten haben. Im Endausbau soll das Sendernetz über 110 Standorte verfügen – eine Aufgabe, die nicht über Nacht zu bewerkstelligen ist. Man hat sich entschlossen, bis 1. August 2011 zunächst die 27 wichtigsten Senderstandorte aufzubauen, über die bedeutende Ballungsräume und Hauptverkehrsrouten erreicht werden sollen.
Die zweite Ausbaustufe sieht im Anschluss bis 2014/15 den Ausbau des Netzes auf 110 Standorte vor. Voraussetzung ist natürlich, dass DAB Plus ein Erfolg wird, wovon aus heutiger Sicht ausgegangen werden kann! Ein möglicher weiterer Netzausbau mit mehr als 110 Standorten ist nicht auszuschließen, derzeit aber noch nicht geplant. Er wird nur erfolgen, sollten dies die im Multiplex übertragenen Programmveranstalter ausdrücklich wünschen.
Sendernetz zu Sendebeginn
Bei der Reichweite digitaler Ausstrahlungen unterscheidet man zwischen Indoor- und Mobilempfang. Erstgenannter ist dabei als kritischer einzustufen, da Mauerwerk und Isolierglasscheiben die digitalen Rundfunksignale nicht unerheblich dämpfen. Guter Empfang ist daher nur in Sendernähe gewährleistet. Die hohe Sendeleistung der anfangs 27 Standorte von meist 10 Kilowatt (kW) ERP ist hier sehr hilfreich, denn so kann der Begriff „Sendernähe“ großzügig ausgelegt werden.
Die ersten fünf bayerischen Standorte erlauben beispielsweise eine beinahe lückenlose Indoor-Versorgung des gesamten bayerischen Zentralraums zwischen Nürnberg und München sowie zwischen Augsburg und Regensburg, teilweise sogar noch darüber hinaus. Über die beiden Sender in Berlin wird nicht nur die Stadt selbst, sondern auch das weitere Umfeld Brandenburgs bis zu einer Entfernung von rund 50 Kilometern über die Stadtgrenze hinaus erreicht.
Die Sender in Hamburg und Kiel ermöglichen auch in weiten Teilen Schleswig-Holsteins eine gute Indoor-Versorgung. Das gesamte Ruhrgebiet, die Rhein-Main-Region, das Saarland, Hannover, Bremen, Halle-Leipzig und Dresden sind ebenfalls mit dabei. Von dem Sendernetz für den bundesweiten deutschen Radiomultiplex werden im Wesentlichen nur zwei Frequenzen genutzt: Im Norden und Osten kommt Kanal 5C zum Einsatz, im Südwesten Kanal 5A.
Auf diese Weise lässt sich eine höchst effiziente Gleichwellenversorgung aufbauen, die sehr frequenzökonomisch arbeitet. Einer möglichen Regionalisierung des Programmangebots sind damit allerdings enge Grenzen gesetzt. Um sich nicht gegenseitig zu beeinträchtigen, müssen nämlich alle auf der gleichen Frequenz arbeitenden Sender die gleichen Inhalte ausstrahlen.