Nolans neuestes Projekt „Interstellar“
Wenn man über die wichtigsten und einflussreichsten Regisseure unserer Zeit nachdenkt, dann darf ein Name nicht fehlen: Christopher Nolan. Sein Aufstieg vom experimentellen Low-Budget-Tüftler aus England zum Großmeister des anspruchsvollen US-Blockbuster-Kinos ist beispiellos. Wir schauen zurück und nach vorn, beleuchten sein bisheriges Werk und den nächsten ganz großen Streich: „Interstellar“.
Stellt man Nolans schwarzweißes Regiedebüt „Following“ und das hyperstylishe Science-Fiction-Kunstwerk „Inception“ nebeneinander, dann mag man kaum glauben, dass es sich um zwei Filme von ein- und demselben, kreativen Kopf handelt. Bedenkt man dann noch, dass nicht viel mehr als eine Dekade zwischen ihrer Entstehung liegt, mutet die immense handwerkliche Entwicklung, die der smarte Brite in jenen Jahren durchgemacht hat, gar noch furioser an. In diesem Zeitraum entstanden Filme von einer enormen Bandbreite. „Der Revolutionär des anspruchsvollen Mainstream-Kinos“: Diesen Titel hat er sich nach der absolut erfolgreichen „The Dark Knight“-Trilogie sowie nach all seinen anderen, sowohl von den Kritikern als auch vom Kinopublikum gefeierten, Thrillern vollkommen verdient.
Steiler Aufstieg
Es ist schon Wahnsinn, wie groß die Abstände der Sprossen von Nolans steiler Karriere-Leiter sind: „Following“ (1998) drehte er noch mit ein paar Freunden und fast ohne Budget an den arbeitsfreien Wochenenden. Für „Memento“ (2000) standen ihm schon einige (Geld-)Mittel und eine Handvoll großartiger Schauspieler zur Verfügung. Nach diesem Indie-Hit führte er im mit Hollywoodgrößen wie Al Pacino und Robin Williams besetzten Remake „Insomnia – Schlaflos“ (2002) die Regie, woraufhin das Vertrauen der großen Studios in das „Wunderkind“ so groß wurde, dass er mit dem Projekt „Batman Begins“ (2005) die Chance seines Lebens bekam … die er auch nutzte. Der Rest ist Geschichte, wie es so schön heißt.
Im ständigen Wechsel produzierte er seine eigenen Traumprojekte („Prestige“, „Inception“) sowie die weiteren Teile der „The Dark Knight“-Trilogie, die ihn in kürzester Zeit an die Spitze des Regie-Olymps katapultierten. An seiner Seite befinden sich stets sein jüngerer Bruder Jonathan Nolan, der mit ihm die anspruchsvollen Drehbuchideen ausarbeitet, sowie seine Ehefrau Emma Thomas, die bislang all seine Filme produzierte. Inzwischen gehört der 43-jährige Brite quasi fest zur „Hollywoodfamilie“ und sitzt bei den großen Drahtziehern der Filmindustrie am gleichen Tisch wie Steven Spielberg, James Cameron, Peter Jackson und J. J. Abrams.
Der nächste Blockbuster: „Interstellar“
Das kommende Science-Fiction-Projekt von Christopher Nolan nennt sich „Interstellar“, startet voraussichtlich im November 2014 in den Kinos und basiert auf den hochinteressanten, physikalischen Hypothesen des Naturwissenschaftlers Kip Thorne. Thornes Spezialgebiet liegt hauptsächlich in der Astrophysik und konzentriert sich auf die Eigenschaften von sogenannten Wurmlöchern, die in vielen Science-Fiction-Werken als Abkürzungen durch Raum und Zeit herhalten, was sehr dramatische Nebeneffekte haben kann. Bereits seit 2006 spielt Produzent Steven Spielberg mit dem Gedanken, aus diesem Stoff einen Film zu machen. Jonathan Nolan stieß nur ein Jahr später als Drehbuchschreiber zum Projekt und entwickelte für Paramount den ersten Entwurf eines Science-Fiction-Skripts.
Von da an war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dessen Bruder Christopher hinzukommen würde, was nach der Veröffentlichung von „The Dark Knight Rises“ dann auch tatsächlich geschah. Dieser überarbeitete das Skript seines Bruders bzw. erweiterte es um seine eigenen Ideen – ein Erfolgsrezept, das auch schon bei den vorherigen gemeinsamen Filmen hervorragend funktionierte. Ob die Geschichte um eine Gruppe von Sternenreisenden an die Grenzen des wissenschaftlich Vorstellbaren nun auch Zeitreisen enthalten wird, ist bislang noch Geheimsache. Aber schon allein das an „2001 – Odyssee im Weltraum“ erinnernde Thema verspricht ein aufsehenerregendes Kinospektakel.
Gute, alte Nolan-Familie
Der Dreh von „Interstellar“ begann im August in Kanada und die Produktion läuft auf Hochtouren, wobei sich die Besetzungsliste wirklich sehen lassen kann: Neben Nolans Dauercast Michael Caine tummeln sich auch namhafte Schauspieler wie Anne Hathaway (zuletzt als Catwoman zu sehen), Jessica Chastain, Matt Damon, Matthew McConaughey, Topher Grace („Spider-Man 3“), Ben Afflecks Bruder Casey und David Oyelowo („Planet der Affen: Prevolution“) auf der Kinoleinwand. Der Dreh findet erstmals ohne Kameramann Wally Pfister statt, mit dem Christopher Nolan all seine bisherigen Filme produzierte. Der Grund: Pfister arbeitet derzeit selbst als Regisseur an einem eigenen Science-Fiction-Film namens „Transcendence“ (24. April 2014), der von Christopher Nolan produziert wird und Stars wie Johnny Depp, Morgan Freeman und Rebecca Hall in den Hauptrollen zeigt. Die Rolle des Kameramanns für „Interstellar“ übernimmt daher der Schweizer Hoyte Van Hoytema („Dame, König, As, Spion“, „The Fighter“), der sich unter der Nolanschen Flagge mit der großen und zugleich sperrigen Imax-Kamera-Technologie auseinandersetzen muss. Ähnlich wie in den „The Dark Knight“-Filmen wird es also auch hier wieder Wechsel zwischen den Standard-35-Millimeter-Anamorph-Aufnahmen und den visuell hochkarätigen Imax-Aufnahmen geben.
Die Musik stammt wie gewohnt vom „Herrn der bombastischen Blockbuster-Klänge“: Hans Zimmer höchstpersönlich. Und auch die visuellen Effekte werden wieder von Paul J. Franklin überwacht. Es bleibt also ein eingespieltes Produktionsteam, das den Zuschauern ohne Frage wieder einen extrem hohen Qualitätsstandard bieten wird. Der Kinostart von „Interstellar“ ist für den 6. November angekündigt.
Christopher Nolan auf Blu-ray
Neben der Einzel-Blu-ray von „Memento“ gibt es auch noch die „Christopher Nolan Collection“, eine Gesamtbox mit den Filmen „Insomnia – Schlaflos“, „Batman Begins“, „Prestige – Meister der Magie“, „The Dark Knight“ und „Inception“. „The Dark Knight Rises“ ist in diesem Paket nicht enthalten, ebensowenig Nolans Erstling „Following“, den es derzeit leider nur auf DVD gibt.
(Tiemo Weisenseel, Falko Theuner)