BluNote-Café: Klassik

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BluNote-Café: Klassik, Teil 3

Klänge aus Wien und Leipzig

Arcadi Volodos – Live In Vienna

Der russische Klavierpoet Arcadi Volodos gilt als einer der wohl besten Pianisten dieser Tage. Sofern man in diesem Zusammenhang überhaupt mit Begriffen wie „gut“ argumentieren kann, ist es gerade Volodos‘ Gespür für die eigene Interpretation, das sein Spiel zu etwas Außergewöhnlichem macht. Obgleich er sich erst 1987 nach seinem Gesangsstudium dem Klavier widmete, trieb er die menschlich-musikalischen Fähigkeiten in weniger als nur zehn Jahren an den Rand der Virtuosität. Mit seiner ersten Veröffentlichung 1997 sorgte er mit teilweise eigenen Transkriptionen für Aufsehen und auch heute gelten seine veröffentlichten Werke weitestgehend als musikalisch-technische Referenz.

Im März 2009 beehrte der sympathische Russe den Musikverein Wien mit einer Vorstellung, welche es nun auch auf Blu-ray zu bewundern gibt. Der Virtuose hat die Gabe, Musik auf transzendentaler Ebene zu verstehen und so die Grenzen zwischen verschiedenen Epochen obsolet erscheinen zu lassen. Seien es die Stücke des Synästheten Skrjabin oder die konsonantkonsistenten Welten des Erzromantikers Schumann – das Verständnis der Musik als solche sieht man dem studierten Musiker stets an: Arcadi Volodos ist das Klavier. Übermenschlich dynamisch und fast schon perfekt spielt er sich durch die Epochen direkt in das Herz des Hörers. Die Tatsache, dass sich das Bild der Blu-ray auf DVD-Niveau bewegt und dass Bonusfeatures fehlen, wird von der unglaublichen Performance Volodos‘ relativiert.

Robert Schumann – Symphony No. 4 Piano Concerto

Tschaikowsky sagte einst über Robert Schumann: „Die Musik Schumanns, die organisch an das Werk Beethovens anschließt und sich gleichzeitig schroff davon loslöst, eröffnet uns eine ganze Welt neuer musikalischer Formen, berührt Saiten, die seine großen Vorgänger noch nicht gestreift haben.“ Ähnlich sahen es auch die argentinische Pianistin Martha Argerich sowie der italienische Dirigent Riccardo Chailly und führten Mitte des Jahres 2006 im Gewandhaus zu Leipzig erlesene Stücke Schumanns auf – Mithilfe des hiesigen Gewandhausorchesters.
 
Das Bild ist von Konstrastschwächen sowie Komprimierungsartefakten geprägt. Obgleich auf der Bluray zweierlei Tonspuren vorhanden sind, ist definitiv der Stereomix zu empfehlen. Dieser ist weitaus definierter und entfaltet durch jene klangliche Transparenz das gesamte dynamische Spiel der Martha Argerich, perfekt in Szene gesetzt durch das von Chailly dirigierte Gewandhausorchester. Der Surround-Mix dagegen wurde zu hallig gemischt, was zuweilen nach typischer „Badewannenakustik“ klingt. Die mittigen Frequenzen gehen unter und der Hall erzeugt einen Klangbrei, was bei einer solchen spielerischen Leistung am Klavier schade ist. Hohl klingende Instrumente und fehlende Präsenz sind die Folge. In dieser Hinsicht wurde zu viel Augenmerk auf das Klangambiente des Veranstaltungsortes gelegt.
 
Mit Blick auf die Stereospur kann das Konzert um Robert Schumanns vierte Sinfonie allerdings durchweg überzeugen, Martha Argerichs Leistung ist oscarreif.
(Johannes Liebsch)

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