BluNoteCafé: Klassik, Teil 4
Andris Nelsons – Shostakovich: Symphony No. 8
Mag sein, dass die Musiker des königlich-niederländischen Concertgebouw Orchestra mit der impulsiven Art des jungen lettischen Gastdirigenten und Gipfelstürmers Andris Nelsons besonders gut zurechtkommen (sein Landsmann und Mentor Mariss Jansons ist bereits seit acht Jahren Chefdirigent des renommierten Ensembles): Das Zusammenspiel zwischen dem Mann am Pult und „seinem Instrument“, also dem Orchester selbst, funktioniert auch bei diesem Konzert fast mühelos und selbstverständlich – Grundvoraussetzung für eine gelungene und eigenständige Aufführung.
Auf dem Programmzettel dieser Blu-ray stehen mit Richard Wagners furioser „Rienzi“-Ouvertüre, dem expressiven „Tanz der sieben Schleier“ aus Richard Strauss‘ „Salome“ sowie der gleichermaßen verrätselten wie aufwühlenden achten Symphonie von Dimitri Shostakovich drei Werke, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Seine Stärken spielt Nelsons besonders beim lautmalerischen Programm-Musik-Feuerwerk aus der „Salome“ aus – ein Stück ganz nach dem feurigen Gusto des Gewinners des Echo Klassik Award für den besten Dirigenten des Jahres 2011.
Der Aufnahme kommt hier speziell der packende Surround-Sound zugute, der einen das Live-Konzerterlebnis in all seinen breit aufgefächerten Facetten aufregend genau nachempfinden lässt. Die Rundumvariante emanzipiert sich mehr und mehr und ist inzwischen in sämtlichen Belangen (Authentizität, Direktheit, Glaubwürdigkeit des Orchesterklangs) zur ernsthaften Alternative zur puristischen Stereoversion geworden, die weiterhin zuverlässig das akustische Pendant zur althergebrachten Stereo-CD bietet.
Wo noch Luft nach oben besteht, ist die exakte Signalortung der verschiedenen Instrumentengruppen: Eine wirklich genaue Zuordnung (zum Beispiel der hohen Streicher deutlich nach links und der tiefen unüberhörbar nach rechts) ist nur mit viel Fantasie möglich. Im Vergleich mit anderen aktuellen Veröffentlichungen fällt das leicht körnige und unruhige Bild mit seinen dezent verwaschenen Konturen in großen Totalen des Orchesters leider etwas ab.
(Lydia Fischer, Tiemo Weisenseel)