ARD/ZDF-Kopierschutz: Großes Erstaunen in der Branche, Teil 2
Daniela Behrens (SPD)
Originalinterview: Daniela Behrens, Kultur- und medienpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen
Sind Ihnen entsprechende Planungen von ARD und ZDF und die Durchführung konkreter technischer Tests seitens der IRT bekannt?
Nein, darüber habe ich keine Kenntnisse.
Unterstützen Sie die Einführung von Kopierschutzmaßnahmen seitens ARD und ZDF?
Ich glaube, Kopierschutzmaßnahmen sind derzeit kein Thema bei ARD und ZDF. Mir liegen jedenfalls keine Informationen vor, dass so etwas geplant ist. ARD und ZDF haben in deutlichen Stellungnahmen erklärt, dass sie weiterhin ihre Programme unverschlüsselt ausstrahlen wollen und werden. Der Auftrag der Grundversorgung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks ist auch hinsichtlich der Technik zu verstehen, d.h. ARD und ZDF müssen ein großes Interesse haben, ihre Programmangebote unverschlüsselt zu verbreiten und die freie Empfangbarkeit der Programminhalte überall zu gewährleisten. Dies ist auch ausdrücklicher Wunsch der Politik.
Wäre mit einer Einführung von CPCM Receivern Ihrer Ansicht nach ARD und ZDF Plattformen, die, ähnlich anderer Plattformen wie Sky, Kabel Deutschland etc., reguliert werden müssten?
Diese Frage stellt sich nicht.
Welche Forderungen haben Sie an eine Plattform von ARD und ZDF?
Sie muss frei empfangbar sein für alle Haushalte und unverschlüsselte Programminhalte bieten.
Nach Meinung der EBU ist für sicheren CPCM Betrieb ein neuer Receiver nötig. Wie wird im Sinne des Verbrauchers sichergestellt, dass dieser Receiver nicht zusätzlich neben den bereits im Haushalt vorhandenen Geräten betrieben werden muss. Werden Sie sich für eine kompatible Lösung zwischen CPCM von ARD und ZDF und anderen DRM Systemen privater Plattformen in Deutschland einsetzen?
Das darf nicht passieren. Die Kompatibilität von Geräten sowie zwischen den Systemen muss hergestellt werden. Denn unterschiedliche Receiver wird der Verbraucher auf Dauer nicht akzeptieren. Daher ist allen Verantwortlichen im öffentlich-rechtlichen wie im privaten Rundfunk dringend zum empfehlen, hier eine Lösung zu erarbeiten. Das erwartet auch die Politik.
Warum kann es nicht einen Receiver für alles geben?
Das wäre schön! Wichtig ist aber doch, dass es einen gemeinsamen technischen Standard gibt. Die Frage des Receivers kann wohl nur die Endgeräteindustrie beantworten. Die einzelnen Hersteller entwickeln die Receiver, und der Kunde entscheidet.
CPCM kann nach Expertenansicht nur wirksam funktionieren, wenn alle in Deutschland bzw. der EU ausgelieferten Receiver diesen Standard integrieren. Werden Sie eine politische Initiative unterstützen, die CPCM in ganz Europa fest in die Receiverspezifikationen verankert?
Die Durchsetzung von Nutzungs- und Urheberrechten in der digitalen Welt ist eine große Herausforderung – an Politik sowie an Wirtschaft. Daher ist es wichtig, dass sich alle Marktteilnehmer in der EU sowie in Deutschland auf einen Standard einigen, der dann von der Endgeräteindustrie für die Receiver umgesetzt werden kann. Ein solch gemeinsamer Standard kann dann auch politische Unterstützung erfahren. Der erste Schritt liegt meiner Meinung nach aber in der Einigung von Rechtsinhabern, Produzenten und Geräteherstellern.
Was halten Sie ganz persönlich von Kopierbeschränkungen beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen?
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen klaren Programmauftrag. Dieser ist nicht mit der Einführung von Kopierbeschränkungen vereinbar.
ARD und ZDF weisen in einer Stellungnahme gegenüber DIGITALFERNSEHEN.de darauf hin, dass die Sender weiterhin Free-to-Air Sender seien, trotz ihres Bekenntnisses zu einem Kopierschutz. Sehen Sie das ebenso?
Ja. ARD und ZDF arbeiten im Rahmen des DVB-Konsortiums am DVB-CPCM-Standard mit. Dort ist auch das so genannte „Free to Air-Profil“ entwickelt worden. Es ist Teil des Standards und sorgt dafür, dass für die öffentlich-rechtlichen Sender Signalisierungsoptionen verankert werden, die keine Verschlüsselung der Inhalte und keine Einschränkungen der Herstellung eines Sendemitschnitts zu privaten Zwecken vorsehen.
Welche Auswirkungen auf eine Haushaltsabgabe für ARD und ZDF hätte es, wenn die Sender mit einer CPCM Kopierschutzmaßnahme nicht mehr als Free-TV klassifiziert werden würden? Sind in diesem Fall nach wie vor alle Haushalte zur Zahlung der (gesamten) Gebühr verpflichtet?
Auch diese Fragen stellen sich nicht. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat gerade eine neue Gebührenstruktur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschlossen. Damit wird ab 2013 ein Rundfunkbeitrag geräteunabhängig erhoben. Die Länderparlamente müssen diesen Staatsvertrag noch ratifizieren. Dieser Beitrag gilt für jeden Haushalt. ARD und ZDF bleiben frei empfangbar. Sie haben einen Grundversorgungsauftrag der Bevölkerung zu erfüllen. Daher können Sie davon ausgehen, dass es künftig weder eine Verschlüsselung der Inhalte noch einen Kopierschutz von öffentlich-rechtlichen Programminhalten geben wird. ARD und ZDF müssen sich im Sinne der Gebührenzahler dafür einsetzen, dass in den Standardisierungsgremien der Grundsatz der unverschlüsselten Ausstrahlung öffentlich-rechtlicher Sender sowie der Erhalt von Mitschnittmöglichkeiten Beachtung erfährt. So werden die Interessen und Rechte der Gebührenzahler bewahrt.
Sollte sich herausstellen, dass ein CPCM Kopierschutz wirkungslos ist und ARD und ZDF nach dem Vorbild der Freeview-Plattform in Großbritannien zumindest teilweise verschlüsseln müssten – welche Auswirkungen hätte dies auf die Haushaltsabgabe. Würde diese dann nur noch für Haushalte anfallen, die eine dann ggf. notwendige Karte oder einen seitens ARD und ZDF übermittelten PIN nutzen, anfallen?
Wie gesagt: ARD und ZDF müssen frei empfangbar bleiben. Verschlüsslungen sind für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk grundsätzlich abzulehnen. Dies ist in den technischen Anforderungen umzusetzen. Im Übrigen gibt es eine grundsätzliche Gebührenpflicht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – für alle Haushalte.
Welche Nachteile hätte CPCM aus Ihrer Sicht für den Zuschauer?
Mit CPCM werden Programmanbieter zukünftig sehr genau steuern können, ob und welche Programminhalte aufgenommen und weiterverarbeitet werden können. Es kann zu verbraucherunfreundlichen Restriktionen kommen, beispielsweise könnte in Aufnahmen das schnelle Vorspulen untersagt und damit das Konsumieren von Werbung erzwungen werden.
Welche Alternativen zu CPCM sehen Sie? Sollten ARD und ZDF nach Vorbild des ORF eher auf eine klassische Grundverschlüsselung setzen, um auf bestehende Standards wie CI und CI-Plus zurückgreifen zu können?
Da bin ich überfragt. Ich hoffe aber, dass sich alle Verantwortlichen bald auf einen gemeinsamen Standard einigen. Das würde die Verbreitung und den Ausbau des Digitalfernsehens in Europa voranbringen. Insgesamt bietet CPCM eine gute Chance für das europäische Digitalfernsehen.