ARD und ZDF planen Kopierschutz für HD

0
932

ARD und ZDF planen Kopierschutz für HD, Teil 3

Kommentar

Mehr Wende geht nicht mehr, liebes gebührenfinanziertes Fernsehen. Noch vor Monatsfrist hatte niemand von Ihnen die Absicht (geäußert), eine Mauer, Entschuldigung, einen Kopierschutz ins Programm einzubauen. Klar – im stillen Kämmerlein haben Sie schon seit Jahren über einen Ausweg aus den Forderungen der Hollywood-Studios nachgegrübelt. Doch statt uns Gebührenzahlern reinen Wein einzuschenken, taten Sie so, als ob die Welt für ARD und ZDF anders tickt.

Kopierschutz? Nein – das muss nicht sein, das ist verbraucherfeindlich. Nicht mit uns. Das machen doch nur die bösen Privaten, wir haben das nicht nötig. Und heute? Naja, Kopierschutz ist schon nötig… und ja, stimmt, wir arbeiten da schon seit Jahren dran. Bitte??? Wollen Sie uns alle für dumm verkaufen? Das Ungeheuerliche ist weniger die Aussage an sich denn der Werdegang dieser Offenbarung. Dabei ärgert mich vor allem die Arroganz der Lügen, die ARD und ZDF in den letzten Jahren in Sachen Kopierschutz für das eigene Programm verbreitet haben.

Aber ganz ehrlich, was muss Sie schon Ihr Geschwätz von gestern interessieren? Und das bisschen Vertrauensverlust beim Gebührenzahler? Was soll’s, das Gehalt kommt ja trotzdem pünktlich. Stimmt’s? Ich meine: So geht das nicht. Jahrelang haben Sie Ihre Zuschauer zum Narren gehalten. Sie haben sich in der Sympathie des Verbraucherschutzes gesonnt, mit den Fingern auf die anderen gezeigt; stets in der Hoffnung, dass der Kopierschutzkelch doch noch an Ihnen vorübergeht. Nun stellen Sie fest, dass sich die Erde ganz überraschend doch um die Sonne dreht. Ups! Trotzdem muss ich anerkennen: Ihr Eingeständnis kam spät, aber es kam. Sicher, angesichts des Recherchestandes blieb Ihnen keine Möglichkeit, zu dementieren, und Sie haben natürlich nur einen Bruchteil unserer Fragen beantwortet – aber es ist ein Anfang. Es wäre nur schön, wenn Sie nicht schon wieder anfangen würden, neue Mythen zu stricken: Sie schreiben uns, dass Sie weiter am Grundsatz, „Free-to-Air“ senden zu wollen, festhalten. Gleichzeitig müssen Sie Kopierschutz sicherstellen.

Ein Blick zur BBC zeigt, was letztlich aus Freeview geworden ist – ein bisschen CPCM hier, ein bisschen Verschlüsselung da und fertig ist eine völlig neue Plattform. Genau das fordern ja auch die Hollywood- Studios. Kopierschutz nach ARD/ZDF-Rezept ist für mich nur der Einstieg in eine eigene Receiver-Plattform des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Deutschland. Ob Sie letztlich verschlüsseln (wollen Sie nicht), grundverschlüsseln (wollen Sie auch nicht) oder gesetzlich festschreiben, dass in Europa nur noch CPCM-Receiver verkauft werden (wollen Sie?) – irgendwie brauchen Sie Zugriff auf die Receiver, um die bösen Software-Buben auszuschalten, die Ihren Kopierschutz aushebeln. Sprich: Sie brauchen eine eigene Plattform.

Ich kann ja verstehen, dass Sie gerade angesichts der neuen Haushaltsabgabe das Hohelied vom freien Empfang von ARD und ZDF singen müssen, doch durch mantraartiges Wiederholen wird Wunschdenken noch immer nicht Realität. Das kennen Sie doch nun schon! Sie können uns natürlich auch einreden, dass die Erde eine Scheibe ist, das Internet eine Modeerscheinung und Bilder aus dem All nur Fiktion sind. Wenn dann der Tag näher rückt, an dem das Lügengebäude wie ein Kartenhaus zusammenbricht, wäre meine Empfehlung, flugs Ranga Yogeshwar den Begriff Free-to-Air neu definieren zu lassen. Dann haben Sie schon immer recht gehabt. Per Definition. Dann lassen Sie noch schnell Jean Pütz dem treuen „Hobbythek“-Zuschauer erklären, welche Box er künftig wie an seinen Fernseher anschließen muss, damit er weiter auf Empfang bleibt. „Sie kennen das ja schon von den anderen Plattformen…“ Keine gute Alternative?

Das meine ich auch. Schenken Sie uns also die Wahrheit zum Fest und klären Sie uns auf, was wirklich auf uns zukommt. Niemand wird ARD und ZDF deswegen nicht mehr einschalten. Im Gegenteil. Die Zuschauer können sich auf das scheinbar Unabwendbare einstellen. Letztlich sind ARD und ZDF nicht für den Kopierschutz verantwortlich. Sie müssen nur umsetzen, was Inhalteanbieter an Anforderungen für die Ausstrahlung der Inhalte an sie stellen. Vielleicht tröstet Sie die Erkenntnis, dass Sie in einem solch offenen Spiel nicht den Schwarzen Peter haben, so bitter das Spiel selbst auch sein mag. Abschließend noch einige ganz persönliche Worte: Lieber Herr Schächter, lieber Herr Boudgoust: Sie sollten sich schämen, die Öffentlichkeit so über das Thema Kopierschutz belogen zu haben.
 
Ich meine, eine Entschuldigung bei Ihren Zuschauern und Gebührenzahlern ist das Mindeste, das Sie ganz persönlich den Gebührenzahlern schulden. Und wenn Sie selbst von all dem nichts gewusst haben sollten oder wollten: Zeigen Sie Mumm und feuern Sie die Verantwortlichen für dieses Kommunikationsdesaster. Ein Bauernopfer für ein Stück mehr Glaubwürdigkeit. So sind wir Deutschen das doch von der Politik schon gewohnt.
(Alexander Rösch/Stefan Goedecke)

Kommentare im Forum