Medienpolitische Schlaglichter zum Ersten
Durch die Digitalisierung des Rundfunks werden Frequenzbereiche frei. Diese sollen einerseits dem Mobilfunk zugute kommen, andererseits ist vorgesehen, mit über die frei gewordenen Frequenzen den ländlichen Raum mit Breitband-Internet zu versorgen. Die ARD hat nichts dagegen, sofern dadurch der Rundfunk technisch nicht gestört wird. Das ZDF unterstützt eigenen Angaben zufolge Bestrebungen, hochwertige Breitbandanschlüsse möglichst flächendeckend verfügbar zu machen.
Digitale Dividende
Vom 22. Oktober bis zum 16. November 2007 fand in Genf die internationale Wellenkonferenz statt, die von der International Telecommunication Union (ITU) veranstaltet wird und der auch ARD und ZDF angehören. Dabei wurde beschlossen, dass der obere Rundfunkfrequenzbereich (UHF-Bereich, Kanäle 61-69) ab 2015 vom Mobilfunk gleichberechtigt genutzt werden kann. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich beide Nutzungsarten, der Mobilfunk und der Rundfunk, technisch nicht beeinträchtigen.
Die Mobilfunkunternehmen forderten vor diesem Hintergrund 2008, den sogenannten Frequenzbereichszuweisungsplanversorgung zu überarbeiten. Ziel der Mobilfunker war es, einen Großteil des Rundfunkspektrums kurzfristig umzuwidmen. Als Gegenleistung stellten sie in Aussicht, über diese umgewidmeten Rundfunkfrequenzen künftig auch die Verbraucher im ländlichen Raum mit Breitbandzugängen zu versorgen.
„Die ARD hat das Ziel der flächendeckenden Breitbandversorgung in Deutschland von Anfang an unterstützt, gleichzeitig jedoch darauf hingewiesen, dass dies nicht zulasten der Rundfunkversorgung gehen darf“, teilt die ARD in ihrem Jahrbuch 2009 mit. Bei DVB-T handle es sich bei den digitalen Rundfunkstandards um die effizienteste Technologie für die portable und mobile Rundfunkversorgung.
Das ZDF-Jahrbuch 2009 geht nicht mehr auf den Aspekt der Digitalen Dividende ein. Im ZDF-Jahrbuch 2008 hingegen schreiben Eckhard Matzel und Ralf Martin, die beide im ZDF-Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie, Technical Innovation Office tätig sind: „Das ZDF unterstützt die Bestrebungen, hochwertige Breitbandanschlüsse möglichst flächendeckend verfügbar zu machen, nicht zuletzt um auch die eigenen Internetangebote, wie beispielsweise die ZDFmediathek, allen Zuschauern zur Verfügung zu stellen“. Die Breitband-Diskussion solle jedoch nicht nur auf das Spektrum der so genannten `Digitalen Dividende´ begrenzt werden, fordert das ZDF. Stattdessen müssten alle dafür infrage kommenden Technologien einbezogen werden.
„Die erforderlichen Netze zur Breitbandversorgung ländlicher Regionen benötigen keine Reichweite, sondern Bandbreite“, so das ZDF. Die Nutzung von UHF-Frequenzen zur großflächigen Breitbandversorgung auf dem Land stelle zur Schließung der bestehenden lokalen Versorgungslücken im Grunde eine Verschwendung dieser knappen Ressource dar. „Die Schließung lokaler Versorgungslücken eines kleinen Teils der Bevölkerung durch die Nutzung von UHF-Frequenzen für mobiles Breitband darf nicht dazu führen, dass das Entwicklungspotenzal des gesamten terrestrischen Rundfunks für die Gesamtbevölkerung gefährdet wird“, warnt das ZDF.
Anders argumentiert die ARD. Sie hält „den Breitbandzugang über Rundfunkfrequenzen für die Nutzer mittelfristig eher für unattraktiv“. Der Senderverbund begründet dies damit, dass die Internet-Bandbreiten, die bei der Nutzung von Rundfunkfrequenzen für die Versorgung ländlicher Gebiete erreicht werden können, sehr begrenzt seien.
Die ARD begrüße die Haltung der Länder, dass DVB-T als Übertragungsweg nicht gefährdet werden dürfe, wenn in Zukunft Teile des Rundfunkspektrums anderweitig genutzt würden. „Die Breitbandversorgung in Teilen des Rundfunkfrequenzspektrums setzt voraus, dass die technischen Randbedingungen wie beispielsweise Störungen, die vom Mobilfunk auf den stationären Kabelempfang und die terrestrische Rundfunkversorgung ausgehen können, näher untersucht und ausgeschlossen werden“, fordert die ARD. Mit diesen Maßgaben hält die ARD eigenen Angaben zufolge auch den im Frühjahr 2009 gefundenen Weg für vertretbar; dieser sieht vor, den oberen Bereich des UHF-Spektrums (Kanäle 61 – 69) für eine Nutzung durch den Mobilfunk schrittweise zu öffnen.
Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat der Entzug der Frequenzkanäle 61 bis 69 aus Sicht der ARD zunächst wenig Auswirkungen. Begründet wird dies damit, dass sich die gegenwärtige DVB-T-Ausstrahlung auf die Kanäle 21 bis 60 beschränke. Allerdings würden die privaten TV-Veranstalter auch über „Dividendenkanäle“ senden. Sie müssten daher einige Sendeanlagen mit teilweise erheblichem Kostenaufwand auf Kanäle unterhalb 61 umbauen lassen, gibt Bertram Bittel, Direktor Technik und Produktion des SWR und Vorsitzender der Produktions- und Technik-Kommision von ARD und ZDF, zu bedenken.
„Für ein denkbares Engagement der privaten Veranstalter für DVB-T außerhalb der Ballungsräume fehlen Frequenzen ebenso wie für technische Weiterentwicklungen, zum Beispiel den Übergang auf Fernsehen mit hoher Bildqualität (HDTV). Die in der Übergangsphase eigentlich notwendige Parallelausstrahlung von Fernsehen in „Standard Definition“ (SD) und „High Definition“ (HD) wird dadurch deutlich erschwert“, so Bittel.