Hohes Marktpotenzial erwartet
Der 30. April 2012 wird nicht nur das Ende der analogen Satellitenübertragung für deutsche TV-Sender bedeuten, sondern auch den Beginn der Reanalogisierung in den Kabelnetzen. Nachdem in der Arbeitsgruppe Digitalisierung der Deutschen TV-Plattform Einigkeit darüber erzielt wurde, dass kein Weg an der Reanalogisierung vorbeiführt, steht inzwischen auch fest, dass die Kabelnetzbetreiber keine Abschmelzung analog genutzter Kanäle vornehmen werden.
Marktpotential
Das freut insbesondere diejenigen, die durch die Reanalogisierung ein gutes Geschäft wittern. Astro Strobel erwartet beispielsweise für die Aufrüstung von Kopfstellen ein Marktpotenzial von rund 150 Millionen Euro. Das Unternehmen aus Bergisch Gladbach hat extra unter www.hd4u.de eine Website mit Informationen rund um die Reanalogisierung erstellt. „Millionen analoge TV-Haushalte bieten ein riesiges Umsatz- und Umrüstungspotenzial“, sagt auch Willi Klöcker, Vorsitzender des Bundesverbandes Technik des Einzelhandels (BVT).
Die Zahl der Haushalte, die Fernsehen noch analog empfangen und von der Reanalogisierung betroffen sind, lässt sich jedoch schwer schätzen. Laut Astra-Satellitenmonitor sind es insgesamt 16,3 Millionen Haushalte in Deutschland.
Ernst Freese, Geschäftsführer von Blankom Digital, schätzt die Zahl der Haushalte, die direkt oder über SMATV-Kopfstellen analog empfangen, zwischen acht und neun Millionen; „wobei die Unsicherheit noch darin besteht, die Grenze zwischen SMATV und Kabelfernsehanlagen zu ziehen und ob der Analogempfang noch eine ‚Altlast‘ parallel zum bereits realisierten Digitalempfang ist“, erklärt Freese.
Bei der Einschätzung des Marktpotenzials will sich Freese nicht festlegen. Die Anlagenbetreiber scheinen die Entscheidung, ob sie digitale Signale bis zum Teilnehmer weiterreichen oder direkt in der Kopfstelle reanalogisieren wollen, hinauszuzögern. „Das Meinungsbild bei den Anlagenbetreibern ist da sehr indifferent“, erklärt Freese.
Auf Eignung achten
Bereits vor dem 30. April 2012 erwartet die Kabelnetzbetreiber ein anderer Termin, der ebenfalls Umrüstungen mit sich bringt: Ab dem 1. Januar 2011 dürfen die Kanäle S04 und S05 nicht mehr analog genutzt werden, da die analogen Signale in diesem Frequenzbereich den Flugfunk stören. Bei der Umstellung muss der Betreiber mittels einer EMV-Verträglichkeitsprüfung nachweisen, dass die festgelegten Grenzen für die Störstrahlung eingehalten werden.
„Wichtig ist unserer Ansicht nach vor allem die eingehende Prüfung von Bauteilen, welche weiter verwendet werden sollen, auf ihre Eignung“, meint Oliver Mayr aus dem Product Management im Fachbereich Satellitenempfangsanlagen und -systeme bei Kathrein. Ein DVB-S/PAL-Umsetzer muss beispielsweise Zusatzdienste, die sich im analogen Fernsehsignal befinden, beherrschen. Dazu zählen neben dem VPS-Signal und dem Teletext auch das „Wide Screen Signalling“ (WSS) sowie zusätzliche Audiospuren, Untertitel, CNI-Code oder Testzeilen.
Umstellung auf digital
„Die Betreiber sollten aber auch nach Möglichkeit die Chance nutzen und auf alle Fälle zusätzlich gleich digitale Kanäle mit anbieten“, rät Kathrein-Experte Mayr. Eine kostengünstige Variante ist zum Beispiel die Einspeisung von DVB-T-Signalen, die über Flachbildschirme mit integrierten Tunern oder entsprechende Set-Top-Boxen empfangen werden können. Wer zusätzlich auch auf HDTV setzt, sollte auf die Schulterdämpfung und die „Modulation Error Ratio“ (MER) achten. Zudem benötigen digitale Kabelreceiver die „Network Information Table“ (NIT) für den Programmsuchlauf. Die NIT muss über den DVB-S(2)-Umsetzer generiert werden.
Das sind allerdings nur einige Punkte, die es zu berücksichtigen gilt. Unternehmen wie Astro Strobel, Kathrein, Grundig Sat Systems (GSS) oder Blankom Digital bieten deshalb neben Produkten und deren Installation auch Beratung sowie Planung an. Sie raten zudem dazu, mit der Umrüstung nicht bis zum letzten Tag zu warten.
„Da mit Sicherheit zum Ende der analogen Übertragungszeit mit einem Run auf die Industrie und auf das Handwerk zu rechnen ist, sollte sofort mit der Umrüstung begonnen werden“, rät GSSGeschäftsführer Fred Hübner. „Schlimm wäre es, wenn die Bildschirme schwarz blieben“, ergänzt Blankom-Chef Freese. Das dürfte weder dem Zuschauer noch dem Kabelnetzbetreiber gefallen.
(Marc Hankmann)