Der Rundfunkbeitrag – Die Interviews
Tabea Rößner (Bündnis 90/ Die Grünen)
Wie stehen Sie zur Haushalsabgabe ab 2013?
Tabea Rößner: Ich halte die Haushaltsabgabe, also ein Beitrag pro Haushalt, anstatt einer Gebühr für einzelne Geräte grundsätzlich für richtig. Dieser Systemwechsel ist dringend notwendig, um der Entwicklung der Geräte Schritt zu halten. Und die Haushaltsabgabe bringt eine finanzielle Sicherheit und Stabilität für das öffentlich-rechtliche Programm, das ja ein öffentliches Gut ist. Problematisch sind aber die datenschutzrechtlichen Defizite in der konkreten Ausgestaltung des Beitrags. Also, dass die Rundfunkanstalten ihre Daten über die Gebührenzahler untereinander austauschen dürfen und auch bei den Vermietern danach fragen darf, obwohl sie bereits auf die Daten der Meldeämter zurückgreifen dürfen.
Welchen Vorteil oder Nachteile dürfen die Bürger ihres Erachtens erwarten?
Rößner: Das neue Finanzierungsmodell bringt eine große Verbesserung für die Bürger, weil die GEZ nicht mehr nach einzelnen Geräten fahnden muss. Damit muss auch niemand mehr in die Wohnungen. Die Zuschauer müssen nicht mehr einzelne Geräte anmelden und z. B. unverheiratete Paare oder Wohngemeinschaften zwei Geräte anmelden (wenn beide einen Computer haben). Es besteht keine Unsicherheit mehr, was als Erst- oder Zweitgerät gilt. Zukünftig gibt es nur noch einen übersichtlichen und einheitlichen Betrag. Dadurch werden mittelfristig der Verwaltungsaufwand und die ‑kosten reduziert, weil weder nach einzelnen Geräten gefragt, noch nach diesen berechnet wird.
Die Gebühr ist unabhängig von technischen Entwicklungen und neuen Geräten, und es gibt keine Definitionsschwierigkeiten, wann was als Empfangsgerät gilt und wann nicht. Die Nachteile sind, dass Bürgerinnen und Bürger, die nur ein Radio oder einen PC haben, zukünftig mehr zahlen und totale Radio- und Fernsehverweigerer zukünftig auch zahlen müssen. Das sind aber laut statistischem Bundesamt unter 2 Prozent der Bevölkerung.
Sehen Sie Vorteile oder Nachteile für die öffentlich-rechtlichen Anstalten?
Rößner: Ich sehe keine Nachteile für die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Ziel der neuen Haushaltsabgabe war und ist es, ein System zu haben, dass der Konvergenz der Geräte gerecht wird und eine stabile Finanzierung gewährleistet.
Glauben Sie, dass die Gesamteinnahmen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk steigen werden?
Rößner: Nein, das geht auch gar nicht. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten melden in regelmäßigem Turnus ihren Bedarf bei der KEF an, die diesen dann prüft und gegeben falls korrigiert. Es handelt sich also um eine Summe x. Wenn nun die Einnahmen steigen, weil mehr Haushalte einen Beitrag bezahlen als eine Gebühr, dann wird der Beitrag bei der nächsten Anmeldung für jeden einzelnen Haushalt abgesenkt werden.
Welche Haushalte sollten nach Ihrer Meinung von der Haushaltspauschale befreit sein, die nicht bereits befreit sind?
Rößner: Unserer Meinung nach soll eine Befreiung von der Gebührenpflicht weiterhin u. a. für Empfänger von Sozial- oder Arbeitslosengeld II oder BAföG-Empfänger aber auch Krankenhäuser oder Einrichtungen der Jugendhilfe möglich sein. Zudem müssen Bürgerinnen und Bürger aber auch in besonderen Härtefällen von der Gebührenpflicht befreit werden. Dies soll auch der Fall sein, wenn kein Behördenbescheid (BaFög, ALG o.ä.) vorgelegt werden kann, das verfügbare Einkommen oder die Rente aber unterhalb der Armutsgrenze liegt.
Glauben Sie, dass die Haushaltspauschale vor dem Bundesverfassungsgericht bestand haben wird, wenn es zu Klagen kommt?
Rößner: Das kann ich nicht beurteilen. Da aber der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof ein Gutachten zu der Reform der Gebühr erstellt hat und im Ergebnis diese Form einer Pauschale empfohlen hat, gehe ich mal davon aus, dass sie verfassungsrechtlich geprüft und juristisch schwer angreifbar ist.
Halten Sie die Institution der GEZ nach der Einführung der Haushaltspauschale noch für sinnvoll? Wo müsste dringend reformiert werden? Oder sollte diese Anstalt vollständig abgeschafft werden?
Rößner: Meines Erachtens sollte die GEZ dringend datensparsamer arbeiten. Ich halte es für falsch, dass sie Daten relativ lange vorhalten darf und momentan noch auf private Adresseinkäufer zurückgreifen darf. Das wird sich, auch auf Drängen der Grünen in Bremen, mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag ändern.
Die GEZ sollte aber reformiert werden und nach der Umstellung auf die Haushaltsabgabe verkleinert werden. Beispielsweise können Aufgaben wegfallen, wie das mit großem Personalaufwand betriebene Ermitteln von Empfangsgeräten durch Hausbesuche.
Ich sehe aber keine Alternative zu einer eigenen unabhängigen Behörde. Das Finanzamt könnte meiner Ansicht nach die Aufgabe nicht übernehmen, denn es wäre nicht staatsfern und hätte auch nicht die entsprechenden Daten – es müssten also viel mehr Daten erhoben werden, zu denen das Finanzamt bisher keinen Zugang hat.
Halten Sie den Aufwendungen für die Umstellung insbesondere der vorübergehenden Mehrbedarf an Mitarbeitern für gerechtfertigt?
Rößner: Ich finde das schwierig, weil es so aussieht, als würde die GEZ noch weiter aufgebläht. Dabei wird die Erhebung einfacher – auch weil die GEZ-Mitarbeiter nicht mehr nach einzelnen Geräten fahnden müssen. Deshalb ist wichtig, dass es sich dabei um einen deutlich befristeten Zeitraum handelt.
Gibt es Anregungen in der Politik die Gebühreneinzugszentrale abzuschaffen oder umzubenennen?
Rößner: Das Image der GEZ ist nicht das beste. Allerdings reicht es nicht aus, den Namen zu ändern und zu hoffen, damit würde sich das Image verbessern. Wir setzen darauf, dass die GEZ, wie erläutert, als Folge des niedrigeren Aufwandes mittelfristig deutlich verkleinert und reformiert wird.
Halten Sie den Preis von 17,98 Euro pro Haushalt für gerechtfertigt? Gibt es Gründe warum dieser höher oder eventuell niedriger ausfallen sollte?
Rößner: Die Höhe des Rundfunkbeitrags soll und darf nicht von der Politik festgelegt werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss staatsfern sein, und das Verfahren zur Höhe der Gebühr bzw. des Beitrags muss auch weiterhin durch die unabhängige KEF festgelegt werden. Die KEF prüft kritisch und hat in den Vergangenheit seine Korrektivfunktion immer wahrgenommen.
Denken Sie, dass mit der Haushaltspauschale ein gerechteres Gebührenmodell gefunden worden ist?
Rößner: Ja, denn die technischen Übertragungs- und Empfangsmöglichkeiten werden immer vielfältiger. Wer weiß, was es in Zukunft noch für Empfangsgeräte geben wird. Nach der neuen Regelung zahlt jeder Haushalt die gleiche Gebühr, egal wie viele und welche Geräte vorhanden sind. Das beseitigt das Durcheinander, ob und wann ein zweiter Fernseher, ein Radio im Auto oder ein PC im Arbeitszimmer angemeldet werden muss.
Die jetzige Rundfunkgebühr hat ein Akzeptanzproblem, weil sie nicht nachvollziehbar ist. Das wird sich hoffentlich mit dem neuen Beitrag ändern, denn das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist ein öffentliches Gut für alle.
(Marcel Homburg und Jana Skoupy)