Alles neu ab 2013: Der neue Rundfunkbeitrag

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Der Rundfunkbeitrag – Die Interviews

SWR-Justiziar und Gebührenexperten Hermann Eicher

Was ändert sich mit dem neuen Rundfunkbeitrag konkret ab 2013 für die Bürger?
 
Hermann Eicher: Der Gesetzgeber hat mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Rundfunkfinanzierung neu ausgestaltet und sie auf ein neues, geräteunabhängiges Fundament gestellt. Für Bürgerinnen und Bürger gilt ab 2013 die Regel: Eine Wohnung – ein Beitrag. Es wird also ein Rundfunkbeitrag pro Wohnung fällig, unabhängig davon, wie viele Personen dort leben und wie viele Empfangsgeräte vorhanden sind.
 
Der neue Rundfunkbeitrag bleibt voraussichtlich stabil bei 17,98 Euro monatlich. Dies bedeutet: Keine Mehrbelastung für über 90 Prozent der Bevölkerung. Sie zahlen künftig gleich viel oder sogar weniger als vorher. Familien und WGs, die bisher mehrfach Rundfunkgebühren bezahlen, werden entlastet: Sie leisten nur einen Beitrag pro Wohnung.
 
Einige wenige Menschen zahlen künftig mehr als heute – zum Beispiel die, die bisher nur ein Radio oder einen Computer angemeldet haben. Das ist im Einzelfall nicht immer leicht, in der Summe aber gerecht.
 
Wie hoch wird der Rundfunkbeitrag ausfallen?
 
Eicher: Der Rundfunkbeitrag bleibt voraussichtlich stabil bei monatlich 17,98 Euro. Die Höhe des Beitrags wird von der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) vorgeschlagen und von den Ländern gesetzlich festgelegt.
 
Anmerkung der Red.: Am 17. Januar hat die KEF ihren 18. Bericht vorgelegt und darin festgelegt, dass der Rundfunkbeitrag bis 2016 stabil bleibt.
 
Wo sind die Vorteile für den Beitragszahler und die öffentlich-rechtlichen Anstalten?
 
Eicher: Der Rundfunkbeitrag bietet zahlreiche positive Aspekte für Bürgerinnen und Bürger: Er funktioniert nach einfachen Regeln. Zukünftig gilt: eine Wohnung, ein Beitrag – egal, wie viele Menschen dort zusammenwohnen und wie viele Rundfunkgeräte vorhanden sind. Das heißt: Familien, WGs und nichteheliche Lebensgemeinschaften zahlen künftig nur einen Beitrag – Mehrfachbelastungen entfallen damit. Auch das private Auto und die Gartenlaube deckt der Beitrag mit ab.
 
TV, Radio, Computer oder Smartphone: ARD, ZDF und Deutschlandradio können über eine Vielzahl von Geräten genutzt werden. Wer einen Rundfunkbeitrag zahlt, kann zudem alle Rundfunkangebote auf allen Verbreitungswegen nutzen. Das neue Finanzierungsmodell macht das einfach möglich.
 
Hinzu kommt: Die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist einfach und leicht nachzuvollziehen. Zukünftig sind keine komplizierten Nachfragen bei den Bürgerinnen und Bürgern mehr nötig, welche Geräte in welcher Anzahl in einer Wohnung vorhanden sind.
 
Aber auch für ARD, ZDF und Deutschlandradio bietet das neue Modelle wichtige Aspekte: Der neue Rundfunkbeitrag stellt die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf ein neues Fundament, das auch in Zukunft trägt. Das bisherige Gebührenmodell hat seinen Ursprung in den 1950er-Jahren: Wer mit seinem Radio angemeldet war, zahlte eine Grundgebühr – nur wer einen Fernseher hatte, zahlte eine Fernsehgebühr.
 
Heute gehören TV-Gerät und auch Computer zur Grundausstattung, Smartphones gewinnen immer mehr an Bedeutung. Daher hat der Gesetzgeber die Rundfunkfinanzierung neu ausgestaltet und sie auf ein geräteunabhängiges und damit zukunftsfähiges Fundament gestellt. Die Reform trägt zur Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots bei.
 
Wie hoch werden die voraussichtlichen jährlichen Gesamteinnahmen nach ihren Schätzungen sein? Worauf beruhen diese Schätzungen?
 
Eicher: Der neue Rundfunkbeitrag soll die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks langfristig stabilisieren – nicht zu Mehreinnahmen führen. Tatsächliche Mehr- oder Mindereinnahmen durch das neue Finanzierungsmodell lassen sich erst ermitteln, wenn diese weitreichende Reform umgesetzt ist.
 
ARD, ZDF und Deutschlandradio gehen davon aus, dass sich die Beitragseinnahmen in der kommenden Periode 2013 bis 2016 auf dem Niveau der erwarteten Gebührenerträge für 2009 bis 2012 bewegen werden. Diese Auffassung teilt auch die KEF, wobei die Gebührenkommission zu Recht darauf hinweist, dass eine verlässliche Prognose der zukünftigen Beitragserträge derzeit nur sehr eingeschränkt möglich ist.
 
Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, kurz KEF, wird auf Basis dieser Ergebnisse und des gemeldeten Finanzbedarfs von ARD, ZDF und Deutschlandradio Empfehlungen über eine eventuell anzupassende Höhe des Rundfunkbeitrags abgeben.
 
Wer wird vom Rundfunkbeitrag befreit?
 
Eicher: Wer bestimmte staatliche Sozialleistungen wie etwa Arbeitslosengeld II oder BAföG erhält, kann sich auf Antrag vom Rundfunkbeitrag befreien lassen. Menschen mit Behinderung, denen das Merkzeichen „RF“ zuerkannt wurde, leisten einen ermäßigten Beitrag und zahlen nur ein Drittel – es sei denn, sie sind nach anderen Vorschriften ganz zu befreien. Taubblinde Menschen sind selbstverständlich (wie bisher auch) befreit. Der neue Rundfunkbeitrag ist damit solidarisch, weil er einzelne Personengruppen entlastet.
 
Wie werden Sie mit den Schrebergärten im Osten verfahren, die mehr als 25 Quadratmeter haben?
 
Eicher: Die so genannten Großlauben werden nicht anders die kleineren westdeutschen Lauben behandelt – soweit sie im Übrigen den Anforderungen des § 3 Bundeskleingartengesetzes entsprechen und nicht zum Wohnen genutzt werden. Die Größe der Gartenlaube ist damit nicht das maßgebliche Kriterium. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stellt entscheidend auf die Wohnungseigenschaft ab. Einziger Unterschied zu den Kleinlauben: Die Besitzer von Großlauben werden nicht von ihrer Nachweispflicht entbunden, darzulegen, dass die Anforderungen des § 3 Bundeskleingartengesetzes eingehalten werden, also ihre Großlaube nicht zum Wohnen geeignet ist.
 
Wie würden Sie den Rundfunkbeitrag gegenüber jemanden begründen, der weder Fernseher, noch Radio oder modernes Empfangsgerät besitzt? Bekommt der Rundfunkbeitrag dann nicht einen steuerlichen Charakter?
 
Eicher: Der neue Rundfunkbeitrag unterstreicht die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Gesellschaft und die Demokratie. Er informiert unabhängig und berichtet ausgewogen über das Geschehen weltweit, vor Ort und zu verschiedensten Themen. Davon profitieren alle. Es ist gerecht verteilt, wenn sich zukünftig alle gemeinsam an der Finanzierung des Programms beteiligen – auch die Wirtschaft.
 
Die Reform der Rundfunkfinanzierung macht dabei vieles einfacher, auch wenn wenige Einzelne stärker belastet werden können. Die geänderte Finanzierungsgrundlage – weg von den Rundfunkgeräten, hin zu Wohnungen und Betriebsstätten als Anknüpfungspunkt – kann für einige wenige zu einer Mehrbelastung führen, ist insgesamt aber gerechter. Die Ziele, einfachere Regeln für alle zu schaffen und gesamtgesellschaftlich eine gerechtere Verteilung zu erreichen, haben Priorität. In einer Gesellschaft mit pluralen Interessen ist es nur schwer möglich, eine Lösung zu finden, die auch jeder Einzelne als gerecht empfindet.
 
Wie sieht es bei Zweitwohnungen und Ferienwohnungen aus – muss auch für sie ein Rundfunkbeitrag gezahlt werden?
 
Eicher: Der Rundfunkbeitrag gilt für alle Bewohner einer Wohnung sowie ihre privat genutzten Kraftfahrzeuge. Für eine Zweitwohnung oder Ferienwohnung ist ein eigener Beitrag zu zahlen.
 
Für die Überbrückung stellen Sie zusätzliche Mitarbeiter ein. Wie lange werden diese für die GEZ tätig sein? Was passiert mit den zusätzlich eingestellten Mitarbeitern nach der vollständigen Einführung des Rundfunkbeitrags?
 
Eicher: Um die zusätzlichen Aufgaben anlässlich der Umstellung bewältigen zu können, sind einmalig weitere Kapazitäten im Zeitraum 2012 bis 2014 erforderlich. Alle zusätzlichen Kapazitäten sind befristet und werden bis 2015 wieder vollständig abgebaut sein.
 
Wie hoch wird der finanzielle Bedarf der Gebühreneinzugszentrale nach Einführung des Rundfunkbeitrags sein?
 
Eicher: Nach Umsetzung des neuen Finanzierungsmodells wird der Beitragseinzug noch effizienter und wirtschaftlicher gestaltet werden. Bereits heute liegen die Aufwendungen der GEZ bei nur 2,13 Prozent der Gebührenerträge (2010) und damit deutlich unter denen vergleichbarer Einrichtungen (die Finanzämter etwa berechnen für das relativ einfache Verfahren der Kirchensteuererhebung rund 3 Prozent des Kirchensteueraufkommens).
 
Durch das neue Beitragsmodell wird dieser Anteil noch einmal spürbar reduziert werden können. Die Gesamtkosten des Beitragseinzugs (GEZ und Gebührenabteilungen in den Landesrundfunkanstalten) werden bereits 2014 unter den Kosten vor der Modellumstellung liegen und bis 2016 um 20 Prozent gesenkt werden.
 
Wird es auch in Zukunft noch frei Mitarbeiter, die Bürger über ihre Gebührenpflicht beraten, geben?
 
Eicher: Da der künftige Rundfunkbeitrag nach klaren Regeln funktioniert (eine Wohnung – ein Beitrag), ist auch die Erhebung des Beitrags einfach und leicht nachzuvollziehen, weshalb aus heutiger Sicht eine Sachverhaltsklärung oder Beratung im direkten Kontakt mit dem Bürger vor Ort allenfalls im Ausnahmefall notwendig sein wird.
 
Auch für Unternehmen und Instituionen ist es in Zukunft durch das neue Modell einfacher, ihren Rundfunkbeitrag zu bestimmen, da nicht mehr jedes einzelne Empfangsgerät ermittelt werden mus. Der Beitrag hängt von der Anzahl der Betriebsstätten, Beschäftigten und Kraftfahrzeuge ab.
 
Dennoch gibt es einen gewissen Grad an Komplexität in Bezug auf die konkrete Berechnung der Beitragshöhe oder mögliche Ausnahmetatbestände. In diesen Fällen kann es notwendig werden, eine Klärung des Sachverhalts oder auch Beratung direkt bei Unternehmen anzubieten. Dieser Schritt erfolgt jedoch nur punktuell und ausnahmslos nur dann, wenn die vorausgegangenen schriftlichen oder telefonischen Klärungsbemühungen nicht erfolgreich waren.
 
Gibt es Anregungen, die Gebühreneinzugszentrale abzuschaffen oder umzubenennen?
 
Eicher: Die Regelaufgaben der GEZ bestehend aus Teilnehmerkontenverwaltung und Gebühren-/ Beitragseinzug werden auch nach der Umstellung auf das neue Beitragsmodell fortbestehen. Somit wird auch weiterhin eine Institution notwendig sein, die diese Aufgaben übernimmt. Der Name „Gebühreneinzugszentrale“ wird hingegen allein aufgrund der Tatsache, dass zukünftig keine Gebühren mehr erhoben werden, nicht beibehalten werden können.

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